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Mass Effect 02 - Der Aufstieg

Titel: Mass Effect 02 - Der Aufstieg
Autoren: Drew Karpyshyn
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träumte. Ein merkwürdiger Schleier lag dann über allem, ein trüber Film, der diese falsche Realität verwaschen wirken ließ. Trotzdem nahm er bestimmte Elemente trotz des merkwürdigen Filters voller Klarheit wahr. Winzige Details, unauslöschlich in seinem Unterbewusstsein verankert. Dieser Effekt, in Kombination mit der surrealen Natur seiner Träume, machte sie lebendiger, intensiver als die Welt im Wachzustand.
    Er tappte leise vom Cockpit über den mit Teppich ausgelegten Gang zur Passagierkabine. Dort saßen sich Pel und Keo auf zwei der vier Sitze schräg gegenüber. Pel war ein großer Mann mit breiten Schultern und olivfarbener Haut. Seine Haare trug er im kurzen Afrolook. Sein dünner, schwarzer Bart zog sich als dünne Linie an seinem Unterkiefer entlang. Er saß in dem Stuhl, der Grayson zugewandt war und wippte im Rhythmus der Musik, die in seinem Kopfhörer erklang. Mit den Fingerspitzen trommelte er sanft auf die Oberschenkel, wobei seine perfekt manikürten Nägel leicht über den dunklen Stoff der Hose kratzten. Er trug immer noch eine Krawatte, hatte aber das Jackett geöffnet. Die verspiegelte Sonnenbrille steckte in der rechten Brusttasche. Pels Augen waren fast geschlossen; er gab sich ganz dem Rhythmus der Musik hin – ein friedliches Bild, das im absoluten Gegensatz zu seiner Aufgabe als einem von Terra Firmas besten Sicherheitsagenten stand.
    Keo trug den gleichen Anzug wie ihr Partner, aber keine Krawatte. Allerdings war sie bei Weitem nicht so groß, wie man sich einen Leibwächter normalerweise vorstellte. Sie war gut dreißig Zentimeter kleiner als Pel und wog vielleicht die Hälfte. Allerdings ließen ihre sehnigen Muskeln erahnen, welche Kraft sie entfalten konnte.
    Ihr Alter war schwer zu schätzen. Grayson wusste allerdings, dass sie mindestens vierzig war. Durch den Fortschritt in der Ernährungsforschung und der Gentherapie, der es ermöglichte, den Alterungsprozess zu verlangsamen, war es gemeinhin üblich, dass Menschen mit fünfzig genauso gesund und fit aussahen wie mit dreißig. Zudem machte es Keos ungewöhnliches Äußeres schwierig, ihr exaktes Alter zu schützen.
    Ihre Haut war kreideweiß, was ihr ein geisterhaftes Aussehen verlieh. Ihr silbernes Haar so kurz geschnitten, dass man die helle Kopfhaut darunter erkennen konnte.
    Durch Heirat zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen auf der Erde während der letzten zweihundert Jahre war eine echte Alabasterhaut extrem selten geworden. Grayson vermutete deshalb, dass Keos Hautfarbe auf einen Mangel an Pigmenten zurückzuführen war, den sie niemals hatte behandeln lassen. Natürlich war es auch genauso gut möglich, dass sie sich aus kosmetischen Gründen einer Hautaufhellung unterzogen hatte. Aufzufallen war in ihrem Beruf wichtig. Lass die Leute wissen, dass du im Dienst bist, dann überlegen sie es sich gut, ob sie irgendwas Dummes machen. Und Keos merkwürdiges Aussehen verhalf ihr sicherlich zu der nötigen Aufmerksamkeit, trotz ihrer geringen Körpergröße.
    Sie saß mit dem Rücken zu Grayson, aber sie drehte sich im Sitz um, als er die Kabine betrat. Die Frau wirkte angespannt, jederzeit bereit, aktiv zu werden – völlig im Gegensatz zu dem eher lockeren Pel. Anders als ihr Partner schien sie sich nicht entspannen zu können, selbst wenn alles ruhig war.
    „Was ist los?“, fragte sie und musterte den Piloten misstrauisch.
    Grayson blieb stehen und hob die Hände. „Ich hole mir nur was zu trinken", versicherte er.
    Er war nervös und angespannt, seine Finger zitterten sogar. Aber Grayson bemühte sich, nichts davon in seiner Stimme mitklingen zu lassen.
    Dieser besondere Traum war ihm nur allzu vertraut. Während der letzten zehn Jahre hatte er seinen ersten Mord Hunderte, wenn nicht Tausende Male neu erlebt. Es hatte natürlich andere Aufträge gegeben, andere Morde. Im Dienst der höheren Sache hatte er sehr viele Leben genommen. Wenn die Menschheit überleben wollte, um über die anderen Spezies zu herrschen, mussten Opfer gebracht werden. Aber von allen Opfern, allen Leben, die er beendet hatte, all den Missionen, auf denen er gewesen war, träumte er von dieser einen am häufigsten.
    Beruhigt, dass der Pilot keine unmittelbare Bedrohung darstellte, wandte sich Keo von ihm ab und setzte sich wieder hin. Doch sie schien immer noch bereit, beim geringsten Anlass zuzuschlagen. Grayson ging zu dem kleinen Kühlschrank in der Ecke der Passagierkabine. Er räusperte sich, seine Kehle war so trocken, dass
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