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Maskerade

Maskerade

Titel: Maskerade
Autoren: Dorothy Gilman Butters
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hielt sich zurück. Vielleicht fand sie es unpassend, in anderer Leute Zimmer zu sehen.
    „Würdest du gerne zu mir hereinkommen und ein Weilchen plaudern?“ lud Liz sie kameradschaftlich ein. Vom oberen Stockwerk klang Lachen herunter und ließ ihren eigenen Flur im Vergleich dazu recht leer erscheinen.
    Cara lächelte. Sie hatte eine Art zu lächeln, die ihre dunklen Augen aufleuchten ließ und sie sehr liebenswert machte. Aber sie lächelte nicht oft. Sie sah niedergeschlagen und sorgenvoll aus, als sie sagte: „Danke, nein. Ich danke dir sehr, sehr herzlich, aber ich muß einen Brief schreiben.“
    „Nun, dann komm eben später, wenn du magst. Vielleicht könnten wir zusammen ausgehen und irgendwo ein Coca-Cola trinken.“
    Liz sagte es, aber sie wußte genau, daß Cara nicht kommen würde. Cara war so steif und förmlich. Man konnte sich nicht vorstellen, daß sie die Beine über eine Stuhllehne baumeln ließ oder sich in einem Sessel räkelte oder sonst eine behagliche Stellung einnahm, die Liz bevorzugte. Cara saß bestimmt stets kerzengerade und trug sogar am Wochenende Strümpfe und einen Hüfthalter, doch ein wenig Lässigkeit würde ihr sicher helfen, auch innerlich gelöster zu werden. Vielleicht waren ihre Eltern zu streng, überlegte Liz mitleidig, und darum war Cara so alt für ihre Jahre.
    „Servus, Cara“, nickte sie ihr ermunternd zu, „viel Vergnügen beim Briefeschreiben!“
    „Gute Nacht“, entgegnete Cara förmlich, überlegte zaudernd einen Augenblick und fügte dann hinzu: „Liz!“ Sie ging in ihr Zimmer und schloß hinter sich die Tür.
    Auch Liz suchte ihre Behausung auf, ließ jedoch die Tür offen, denn sie wollte sehen, wem diese Koffer gehörten. Wohl der einzige Vorteil, den ihr winziges Zimmer zu bieten hatte, war die Lage am Ende des Flurs. Vom Schreibtisch aus konnte sie den ganzen Gang mühelos übersehen. Trotzdem setzte sie sich nicht sofort auf diesen Ausguckposten, denn sie war noch nicht mit dem Auspacken fertig. Sie hatte ihren Koffer zwar geleert, seinen Inhalt jedoch wahllos aufs Bett gekippt, und es war klar, daß sie entweder jetzt die Sachen einordnen oder die Nacht auf dem Fußboden verbringen müßte. Während sie ihre Kleider in den Schrank hängte, wurde ihr bewußt, daß sie zwei volle Stunden lang nicht an Peter gedacht hatte. Das erschreckte sie. Es gab ihr ein eigentümliches Schuldgefühl, so als wäre sie ihm untreu geworden, doch dann fiel ihr wieder ein, daß er sie ja nicht mehr liebte, und damit überkam sie wieder die alte Niedergeschlagenheit. Sie wünschte, sie hätte niemals Bridgedale verlassen. Noch immer konnte sie nicht glauben, daß Peters Zuneigung für sie vorbei war, wo ihre gegenseitigen Gefühle so wichtig und reif und aufregend gewesen waren. Noch immer hielt sie es für möglich, daß nur die Angst vor der bevorstehenden Hochzeit ihn verwirrt und in Margaret Hewitts Arme getrieben hatte. Er war gestrauchelt, das war alles, und sie hatte kein Recht, an einem Ort zu sein, wo er sie nicht erreichen konnte. Bei diesem Gedanken ging sie unwillkürlich auf die Tür zu, als könnte sie mit ein paar Schritten wieder in seine Reichweite rücken, doch dann fiel ihr ein, daß zwischen hier und daheim mehrere hundert Meilen lagen. Die Tränen würgten sie im Halse. Hätte sie sich doch bloß nicht von den Eltern zu diesem Schulbesuch überreden lassen! Wäre sie doch daheim geblieben und hätte auf ihn gewartet! Ich habe keinen Stolz, dachte sie traurig, und dann schalt sie sich selbst: Du magst irrsinnig verliebt gewesen sein, Liz Gordon, und es scheint, daß du es noch immer bist, aber er hat dich sitzenlassen. Kriegst du das endlich in deinen dummen Kopf hinein?
    Sie trat zum Schreibtisch und betrachtete lange Peters Bild, sein blondes Haar, über das er sich zuweilen ärgerte, weil es sich in Wellen legte, das kantige Kinn, die nur ganz leicht lächelnden Lippen und die verträumten Augen, die sie aus dem Papprahmen anschauten.
    „Ich hasse dich, Peter van Giesen“, murmelte sie, „ich hasse dich, weil du dich in ein anderes Mädchen verliebt hast, nach all dem, was du vorher zu mir gesagt hast, und ich hasse dich, weil du mich so tief verletzt hast.“ Sie zog die Schublade auf und legte das Bild hinein. Wenn sie ihn heute zwei Stunden lang hatte vergessen können, gelang es ihr morgen vielleicht für drei Stunden.
    Als sie sich dann wieder aufrichtete, vernahm sie Schritte, die über die Treppe am Ende des Flurs heraufkamen. Sie
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