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Masken der Lust (German Edition)

Masken der Lust (German Edition)

Titel: Masken der Lust (German Edition)
Autoren: Noelle Mack
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gerechnet, den Neffen des Onkels –» Sie unterbrach sich. «Oha. Ich höre mich nach Sprachunterricht an. Sorry.»
    Ein boshaftes Funkeln trat in seine Augen, als er lachte. «Ja, das tust du.»
    Sie errötete und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, wie immer, wenn sie nervös war. Sofort wünschte sie, sie hätte es nicht getan, denn nun standen die Spitzen noch mehr ab.
    «Du erinnerst mich an Giulietta Masina.»
    Nach seinem Lächeln zu urteilen, war das eine gute Sache. Doch Sarah hatte keinen Schimmer, um wen es sich dabei handelte.
    Er schien es sich zu denken und beantwortete ihre unausgesprochene Frage: «Eine berühmte Schauspielerin. Die Hauptdarstellerin in La Strada . Sie war die Frau von Fellini. Eine Freundin meiner Großmutter.»
    Sarah nickte beiläufig, als pflegte auch sie alltäglichen Umgang mit Filmstars und Ausnahmeregisseuren. Immerhin hatte sie schon von Fellini gehört. «Wie interessant. Bist du, äh, im Filmgeschäft tätig?»
    Ein Schulterzucken. «Ich habe einmal einen Avantgarde-Film für die Biennale finanziert, der dann bei den Filmfestspielen gezeigt wurde. Ein teurer Fehler ohne Ende. Das Ergebnis wurde schließlich als bedeutsam gewürdigt, war aber sehr langweilig. Das Geld hätte ich ebenso gut verheizen können.»
    «Oh, ich dachte, du wärst …» Sie wollte den Satz nicht beenden, und sie wollte nicht sagen, was sie dachte. Er sah aus wie jemand, der Geld zum Verheizen hatte. Das war krass, aber er tat es wirklich, auf unaufdringliche Art. Ihr Blick wanderte zu dem Buch, das er auf den Tisch gelegt hatte. «Ich dachte, du wärst ein Poet. Oder so etwas Ähnliches.» Ihr Italienisch reichte nicht, um aus dem Titel schlau zu werden. Das Buch sah sehr alt aus, zu alt, um von ihm geschrieben zu sein.
    Marco schüttelte den Kopf, drehte es um, öffnete es und strich mit langen Fingern die Mittelseiten glatt. «Nein, ich richte Theaterveranstaltungen und dergleichen aus. Eine Freundin bat mich, diese Party für sie zu organisieren.»
    «Allerdings. Du schienst da das Sagen zu haben.»
    Er verdrehte die Augen. «Bis zu einem gewissen Punkt. Solche Veranstaltungen neigen dazu, sich in Tollhäuser zu verwandeln. Die Gäste gehen erst nach Hause, wenn ihnen die Sonne Angst macht.»
    Sie konnte sich die Parade besudelter Gestalten im trüben Morgengrauen ausmalen und war froh, kein Teil davon zu werden. Aber die Nacht war noch recht jung, und sie steuerten auf ihre eigene Privatfeier zu, an einem … noch zu verkündenden Ort. Sarah fiel keine feinsinnige Weise ein, danach zu fragen.
    «Übrigens ist dies keine Lyrik. Hast du versucht, über meine Schulter hinweg etwas davon zu lesen, während wir warteten?»
    Sie wurde so rot wie die Wände des Cafés. «Bestimmt nicht.»
    Er lachte in sich hinein, als wüsste er von vornherein die Antwort auf seine Frage. «Es ist ein Buch der Zaubersprüche und Beschwörungen in venezianischer Mundart.» Er las ein paar Zeilen in beiläufigem Tonfall vor, ohne sich die Mühe einer Übersetzung zu geben.
    «War das ein Zauberspruch?» Sie sah ihm in die haselnussbraunen Augen und erfreute sich an der Farbe, die sich verändern konnte. Ein kleiner Zauber hat noch niemandem geschadet. «Stehst du auf solche Sachen?»
    «Ach, ich stieß zufällig in einem Antiquariat auf das Buch», sagte er. «Habe es einem Freund aus Paris gezeigt, einem Gelehrten des Mystischen. Er wollte eine französische Fassung, und daran habe ich für ihn gearbeitet. Um mich zu beschäftigen.»
    Das war zwar keine Antwort auf ihre eigentliche Frage, aber mehr bot er nicht an. Sie blieb auf sich gestellt. Er hatte seine heiße Schokolade ausgetrunken, ehe sie merkte, dass Signor Morelli in ein Hinterzimmer gegangen war und sie mit Marco allein gelassen hatte. «Ach, dann bist du gar kein Zauberer?»
    «Nein.» Er verschränkte die Arme auf dem Tisch und beugte sich vor, um ihr einen weiteren belustigten Blick zu schenken. «Brauchst du einen?»
    Sie hob ihre Tasse an, nahm einen großen Schluck und wischte sich den Mund mit der unbenutzten Serviette ab, die er ihr hinüberschob. «Nein … nur vielleicht … einen Fremdenführer. Ich wollte die Accademia besuchen. Und das Ca’ Rezzonico.»
    «Morgen, nehme ich an.» Er warf einen Blick zum Fenster, und als sie dasselbe tat, sah sie die Spiegelung der Caféeinrichtung mit ihnen beiden. Vom Schnee verwischt, der draußen an der Scheibe zu Wasser schmolz, schien das Spiegelbild zu schimmern.
    Sarah betrachtete es traumverloren
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