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Marzipaneier (Junge Liebe)

Marzipaneier (Junge Liebe)

Titel: Marzipaneier (Junge Liebe)
Autoren: Manuel Maier
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dafür selbst umso mehr. Sehnsüchtig nach dir, habe ich den passenden Moment zur Flucht abgewartet. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Zwillinge bei dem Krach aufzuwachen drohten. Als es soweit war, habe ich mich feige aus dem Staub gemacht – die restlichen Erinnerungen an das, was dann geschehen ist, kommen mir erst jetzt so allmählich. Kreischend rief sie mir hinterher, dass wir uns totficken sollen. Das war das letzte, was sie zu mir sagte. Eigentlich dachte ich, dass ordinäre Worte wie dieses in ihrem Wortschatz überhaupt nicht existieren. Da habe ich mich wohl gewaltig geirrt. Und jetzt tut sie, als habe sie nichts getan. Schiebt die Schuld auf mich, obwohl zu einer Krise immer zwei gehören.“
    „Ohne Lena säße ich auch nicht hier.“
    „Wieso? Das musst du mir erklären.“
    „Ich war verzweifelt.“ Es geht mir immer noch nahe. Ein paar Tränen stauen sich in meinen Augen, aber es ist beruhigend wieder eine Schulter zum Anlehnen zu haben. Rührend hält er mich fest. Wie früher.  
    „Ich ... ich wollte springen. Ins Wasser gehen. Ich sah keinen Sinn mehr in...“
    „Hey! Du kleiner Liebling. Ganz ruhig. Dir sollte eins klar sein. Niemand, nicht einmal ich, ist es wert, sich das Leben zu nehmen. Egal wie bescheuert die Umgebung reagiert. Denke nicht mal im Traum daran! Kein Mensch sollte sich wegen eines anderen in den Tod stürzen. Hörst du? Was meinst du wie es mir jetzt ergehen würde, wenn du nicht mehr da wärst? Ich möchte gar nicht daran denken.“
    „Du bist im Grunde das einzige, was mir geblieben ist“, sagen wir gleichzeitig.
    „Je mehr ich versuche, mich an den Unfall zu erinnern, desto deutlicher werden meine Erinnerungen. Wütend bin ich losgefahren. Schau nicht so! Zugegeben, ich bin gerast. Es hat wie aus Kübeln geschüttet. So was hast du noch nicht gesehen! Die Scheibenwischer haben es beinahe nicht gepackt. Ich habe jemanden überholt. Frontscheinwerfer blendeten mich auf beiden Straßenseiten, als ich auf meine Seite einscheren wollte. Sie waren noch weit weg, aber unsagbar hell und näherten sich mir immer schneller. Ein PKW muss einen Sattelzug überholt haben. Ich bin auf den neuen Belag gekommen, habe zu stark abgebremst und bin ins Schleudern geraten. Panikartig habe ich das Steuer verrissen, bin von der Fahrbahn abgekommen ... und dann. Alles ist dunkel! Bumm! Irgendwo kam ich kurz zu mir. Alles schmerzte, besonders mein Kopf. Ich konnte nur an dich denken. Ich hatte es doch versprochen. Dann kam wieder eine Welle des Schmerzes. Einmal war es mir, als sei alles um mich herum hell erleuchtet. Eine Hand forderte mich auf sie zu ergreifen, aber eine Stimme warnte geheimnisvoll, dass es noch zu früh für mich sei. Beim nächsten Erwachen lag ich hier auf diesem Zimmer.“
     
    Ben ist wieder kräftiger geworden, er sah ja zeitweise recht abgemagert und eingefallen aus. Körperliche Beeinträchtigungen wird er nicht davontragen. Es ist nicht einfach, kurzfristig eine geeignete Wohnung in Frankfurt zu finden. Deshalb wohnt er vorübergehend bei uns, während meine Eltern im Urlaub sind. Dad darf das allerdings nicht erfahren.
    Ben ist noch krankgeschrieben. Wir kämpfen zusammen. Jeden Tag ein Stückchen mehr. Die meiste Zeit verbringen wir im Taunus. Wir genießen die Landschaft, wobei es auffällt, dass man nicht in die weite Welt reisen muss, um zur Erholung schöne Fleckchen kennenzulernen. Unser Urlaub beschränkt sich auf die nähere Umgebung. Morgens entspannen wir in den Thermalquellen. Sie haben etwas Mysteriöses, Heilendes. Ein Krankenpfleger hat uns den Tipp gegeben. Es stimmt. Diese Bäder kurieren nicht nur den Körper, sondern auch Geist und Seele. Man fühlt sich wie neugeboren. Die Fortschritte sind speziell an Ben bemerkbar. Seine Wunden, Schrammen und Verletzungen heilen schneller. Die Rippen und das Schlüsselbein machen keine Probleme mehr. Nur sein verdammtes Bein will noch nicht merklich besser werden und macht ihm zu schaffen.
    Es kostet ihn jede Menge Überwindung, aber wir schlendern mit zunehmender Weglänge durch Wälder und über die Ebenen. Mittags essen wir ausgiebig und gehen dann wieder an die frische Luft. Wir spazieren ein paar Schritte und setzen uns. Manchmal überschätzt Ben seine Fähigkeiten noch, aber ich kann ihn ausbremsen und wir pausieren. Das verschafft uns Zeit. Weit und breit niemand, der uns kennt. Wir küssen uns innig. Ohne Angst zu haben, dass im nächsten Moment eine Krankenschwester hereinplatzt, oder
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