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Marzipaneier (Junge Liebe)

Marzipaneier (Junge Liebe)

Titel: Marzipaneier (Junge Liebe)
Autoren: Manuel Maier
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Nase rumtanzen. Cora läuft zur Höchstform auf und beginnt zu lästern. Mir ist das Brei wie Mus. Ich sage nur, dass Mum und Dad einen Teil ihrer Kontrollsucht auf die bemitleidenswerte Frau übertragen sollten. Cora wirkt verblüfft.
    „Neulich habe ich mich schon gewundert. Du willst unabhängig sein, lässt es aber zu, dass Dad dein Glück mit Ben verhindert.“
    „Das ist kein Geheimnis und seitdem es raus gekommen ist, redet Dad kaum noch mit mir. Ich habe eine Liebschaft mit einem Mann, der überflüssigerweise eine Art Intimfeind von Dad ist. Er ist gnadenlos. Ich wünschte, sie würden sich vertragen. Aber in der Vergangenheit lief einiges schief.“
    „Kam es dir nicht spanisch vor, als Ben urplötzlich sein Angebot zurücknahm und dich deinem, ich sage mal, Schicksal überließ?“
    Ich werde aus Coras provokativen Anspielungen nicht schlau.
    „Mein Gott. Kann man so sehr auf dem Schlauch stehen? Ich nehme Dad die Aktion mehr als übel, und du, der Betroffene, schweigst. Das passt nicht zu dir. Bist du unter Drogen?“
    „Hä? Spinnst du?“
    Cora schnallt, dass ich keinen blassen Schimmer habe. Sie erzählt mir alles. Es ist, als stehe ich in einem Aufzug, der unaufhaltsam nach unten rast. Ich kann nichts dagegen tun, weil ich versäumt habe, rechtzeitig auszusteigen. Der Tag, an dem Dad Ben zu uns einlud, war keine faire Geste zur Versöhnung, sondern eine Drohung, die Filmemacher nicht besser hätten inszenieren können. Ich erfahre die brutale Wahrheit. Ich wollte es nicht verstehen, redete mir aber ein, dass Bens Entschluss der geeignete für uns sei. Warum sollte er etwas unternehmen, das mir schadet? Erst jetzt begreife ich seine Entscheidung. Es muss ihm unsagbar schwergefallen sein. Aber nur so konnte er mich vor blindem Hass und sich selbst vor Schaden bewahren. Cora belauschte die beiden bei ihrem Gespräch. Von wegen friedlicher Verlauf! Jedes Argument, das Ben vorbrachte, zerstörte Dad im Ansatz. Er behauptete, mit allen Mitteln gegen unsere Beziehung vorgehen zu wollen. Cora berichtet mir von Bens verzweifelten Versuchen, Dad einzureden, wie wichtig wir gegenseitig für uns sind. Bei ihm hat es nicht die Bohne gezogen. Eine Fernbeziehung würde Dad dulden. Das ist mir klar. Denn von Fernbeziehungen ist er überzeugt, dass sie zum Scheitern verurteilt sind.
    Cora sagt, Dad sei strikt dagegen, mich zu Ben nach Berlin ziehen zu lassen. Nichts auf der Welt könne ihn davon abhalten. Wenn Ben mich mitnähme, würde er sein blaues Wunder erleben. Dad würde nicht mal vor der Polizei und Anzeigen zurückschrecken. Gründe gäbe es genug. Verführung Minderjähriger, notfalls Entführung und Vergewaltigung. Dad würde auf die Barrikaden gehen, um unsere Verbindung notfalls sogar gerichtlich verbieten zu lassen. Ben würde eventuell seine Anstellung verlieren. So kaltblütig hätte ich Dad nicht eingeschätzt. Ben soll zum Schluss sprachlos gewesen sein und sich mit Tränen in den Augen aufs Klo verabschiedet haben. Wer kann es ihm verübeln? Fünf Minuten später ging er zielstrebig zu mir aufs Zimmer. Alles ergibt einen Sinn. Ich bin Cora dankbar, dass sie gelauscht und es mir erzählt hat. Ich bin enttäuscht von Dad. Männerbeziehungen sind immer noch verpönt, obwohl das 21. Jahrhundert schon angebrochen ist. Dank solchen Menschen! Dad soll endlich seine Engstirnigkeit und seinen Hass ablegen, sonst macht er nicht nur Ben damit kaputt.
     
    In der Schule ergeht es mir auch nach den Ferien nicht besser und ich werde die ganze Zeit gemobbt. Der Sportunterricht ist die schrecklichste Stunde. In der Umkleide bin ich ihnen hilflos ausgeliefert. Gordon, dem ich noch kein Haar gekrümmt habe, legt los.
    „Wisst ihr, was ich mich frage? Was unser Schwuli jetzt machen würde, wenn sein schleimiger Onkel gnadenlos verreckt wäre. Dann würde er bestimmt angekrochen kommen und wie ein Depp um Gnade winseln.“
    Jetzt ist es aber genug! Ich sollte ihn auf der Stelle verprügeln. Aber was hätte es für einen Sinn? Wenn was unmoralisch ist, dann jemanden den Tod zu wünschen. Nicht zu fassen, dass ich selbst einmal zu dieser kümmerlichen Gruppe gehört habe. Ohne nachzudenken renne ich raus, als wüsste ich wohin. Meine Sporttasche schlägt gegen meine Beine. Mir kommt die rettende Idee. Das ist es! Auf nach Berlin.
    Auf einmal stehe ich am Hauptbahnhof. Ich fliehe. Dad soll versuchen, uns die Polizei auf den Hals zu hetzen. Denen werde ich was erzählen! Ich plündere mein Sparbuch. Wer weiß, was
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