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Martha im Gepaeck

Martha im Gepaeck

Titel: Martha im Gepaeck
Autoren: Ulrike Herwig
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warf Karen einen amüsierten Blick auf Tante Martha. Hatte die doch tatsächlich rein zufällig die richtige Ausfahrt erwischt. Karen hätte schwören können, dass die erste Ausfahrt die richtige gewesen wäre. Nun ja. In diesem Moment bremste Bernd scharf, um nicht auf einen Wagen mit französischem Kennzeichen aufzufahren.
    »Wenn du willst, kann ich auch mal ans Steuer«, bot Karen an.
    »Oder ich«, ließ Tante Martha von hinten verlauten.
    »Lieber nicht«, rutschte es Bernd und Karen gleichzeitig raus.
    »Meine Güte, wo bleibt euer Humor«, sagte Tante Martha. »Glaubt ihr wirklich, dass ich Lust darauf habe, auf der falschen Straßenseite zu fahren?«
    »Für die Engländer ist es die richtige Seite.« Bernd hielt an der nächsten Ampel an. »Aber mit dem Linksverkehr ist nicht zu spaßen, da hast du recht. Da muss man sich erst mal dran gewöhnen.«
    »Du musst dich doch auch erst dran gewöhnen.« Karen schnaubte belustigt. Glaubten Männer eigentlich, dass sie eine Spezialabteilung für Straßenverkehr im Großhirn hatten und Frauen nicht? »Du willst nicht, dass ich fahre – das ist es, nicht wahr?«
    Bernd gab einen undefinierbaren Laut von sich.
    Sie hatte ins Schwarze getroffen, natürlich. Nach fünfzehn Jahren Ehe war er für sie schließlich ein offenes Buch. Sie wusste, was er dachte: Ja, ich will nicht, dass du fährst, denn du fährst so ruckartig, mal zu schnell und mal zu langsam, was mir egal ist, wenn du zu Hause in deinem Mini herumschrammelst, aber das hier ist mein Van, auch wenn er jetzt leider als Familienauto herhalten muss . Dabei war Bernd derjenige, der vor einem Jahr einen Unfall verursacht hatte. Karens Führerschein hingegen war jungfräulich rein und makellos.
    »Wenn wir aus diesem Labyrinth hier raus sind, vielleicht«, lenkte Bernd jetzt ein. »Du siehst ja selbst, dass es nicht so einfach ist, die Schilder zu entziffern.«
    »Aber Tante Martha kann das«, sagte Teresa.
    Darauf wussten weder Bernd noch Karen etwas zu erwidern, und so fuhren sie eine Weile lang stumm weiter – vorbei an Industriekomplexen und Supermärkten, an roten Telefonzellen und Briefkästen und an weißen Häusern mit rotbraunen Dächern.
    »Ich habe Hunger«, machte Martha sich nach einer Weile bemerkbar. »Mein Blutzuckerspiegel sinkt, wenn ich nicht bald was esse. Und außerdem wird es langsam dunkel.«
    »Unsere erste Übernachtung ist im Woodland House, in ungefähr 30 Meilen. Das schaffen wir locker, wir liegen ganz gut in der Zeit.« Bernd warf einen prüfenden Blick auf seine Armbanduhr.
    »Ich brauch aber auch was zu futtern. Die Salzbrezeln sind alle, und die matschigen Bananen hier will ich nicht.« Mark hielt etwas Braunes hoch und verzog das Gesicht.
    »Und ich muss mal«, sagte Karen. »Wer weiß, ob wir im Woodland House was bekommen. Lass uns doch mal irgendwo anhalten.«
    Bernd kämpfte sichtlich mit sich selbst. »Also gut, wir machen eine Pause und essen was«, stimmte er dann zu. »So ein feines englisches Roastbeef, das wäre doch jetzt das Richtige. In so einem urigen Pub mit zweiundvierzig Sorten Bier.« Er leckte sich die Lippen. »Vielleicht was Historisches, wo Heinrich der Achte schon eingekehrt ist. Soll ich mal im Reiseführer nachsehen?«
    »Ach, wir finden schon was«, sagte Karen schnell. Bloß nicht der Reiseführer. Nachher stellte sich noch raus, dass hier in der Nähe irgendein Keltengrab zu finden war, und sie würden in der Abenddämmerung bewundernd um einen Haufen Steine herumstehen müssen.
    »Na gut. Dann lassen wir uns eben überraschen«, sagte Bernd.
    Das urige Pub ließ auf sich warten. Die Sonne färbte den Himmel blutrot und vermischte ihre letzten flimmernden Strahlen mit dem Staub der Landstraße zu einem undurchdringlichen Dunst. Sie fuhren durch eine Art Waldstück, und Karen bemerkte, dass Bernd sich immer öfter wie eine kurzsichtige Eule nach vorn beugte und die Augen zusammenkniff. Total übermüdet. Auf gar keinen Fall würde sie ihn nach der Pause wieder ans Steuer lassen. Plötzlich nahm sie vor sich einen Schatten wahr, es gab einen Knall, und ein harter Aufprall brachte das Auto ins Schlittern. Es drehte sich wie auf Rollschuhen nach rechts, und Bernd stemmte sein gesamtes Körpergewicht auf die Bremse. Es war erneut ein dumpfer Schlag zu hören, dann kam das Auto quietschend in einer Staubwolke zum Stehen.
    »Oh, mein Gott!«, rief Karen und presste die Hände vors Gesicht.
    » Shit «, fluchte Bernd.
    Karen drehte sich um. »Seid ihr alle
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