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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition)
Autoren: Jonathan Holt
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heruntergerutscht und gab den Blick auf etwas knapp oberhalb des Handgelenks frei. Die beiden Beamten traten näher, um sich das genauer anzusehen. Kat allerdings hielt sich ein klein wenig zurück, da sie sich ja streng genommen dem soeben erteilten Befehl widersetzte, endlich zu verschwinden.
    Es handelte sich um eine Art Tätowierung. Sie war dunkelblau und nicht viel besser als die Zeichnung eines Kindes, ein Kreis mit Linien, der wohl eine Sonne darstellen sollte – nur dass sich in diesem Fall etwas in der Mitte der Sonne befand, etwas Sternförmiges.
    Spatz schob den Ärmel ein Stück weiter zurück und präsentierte ein zweites Tattoo, dem ersten nicht unähnlich, nur ein klein wenig anders in der Ausgestaltung.

    »Sonderbar«, meinte Piola nach einem kurzen Moment.
    »Und hier …« Spatz deutete auf die Fingernägel. Sie waren kurz geschnitten, aber weder gefeilt noch lackiert.
    Doch wie Kat erst jetzt bemerkte, fehlten drei von ihnen vollständig, die Haut darunter war zerfurcht und vernarbt. »Das Gleiche an der anderen Hand.«
    »Folter?«, äußerte Piola seine Vermutung.
    Spatz bedeutete ihm mit einem Schulterzucken, dass die Interpretation von Beweisen nicht zu seinem Aufgabenbereich gehörte. »Die Narben sehen schon recht alt aus.«
    »Wie rasch können Sie die Autopsie durchführen?«
    »Eigentlich erst nächste Woche, wenn wir nach Plan vorgehen. Doch ich werde sie noch heute erledigen.«
    »Gut.« Piola richtete den Blick wieder auf Kat. »Und jetzt ab mit Ihnen.«
    Während sie auf die Tür zuging, glaubte sie zu spüren, wie sein Blick sie verfolgte und auf ihren anstößig nackten Beinen ruhte. Doch als sie den Ausgang erreichte und sich unwillkürlich noch einmal umdrehte, um sich dessen zu vergewissern, hatte er sich längst wieder der Leiche zugewandt. Gerade beugte er sich über die tote Frau und hielt ihre Hand fest, um sie eingehend zu untersuchen. Fast wie bei einer Maniküre, dachte sie. Nein, vielmehr wirkte er wie ein Mann, der seine Angebetete auf altmodische Weise um einen Tanz bat.

4
    Daniele Barbo saß in einer Zelle unterhalb des Gerichtssaals von Verona und las ein Buch über Mathematik, während er auf das Urteil wartete. Ein paar Schritte von ihm entfernt sah seine Anwältin noch einmal in ihre Unterlagen und ging nervös die verschiedenen Argumente durch, die nötig werden würden, je nachdem, welcher Vergehen man ihn belangen wollte. Sie war so klug, ihren Klienten nicht in ihre Gedankengänge einzuweihen. Das Buch, das in diesem Moment seine Aufmerksamkeit fesselte, hatte er während des gesamten Prozesses bislang kaum aus der Hand gelegt, und das Geschehen hatte er nur gelegentlich mit einem desinteressierten Blick gewürdigt. Sie hatte bereits am eigenen Leib erfahren müssen, dass jeglicher Versuch, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, vergebens war.
    Endlich schlug ihr Klient das Buch zu und starrte in die Ecke des Raums.
    »Jetzt dauert es nicht mehr lange«, wagte sie sich zögerlich vor.
    Er blickte sie an, als wäre er überrascht, sie hier zu sehen, doch er entgegnete nichts. Er wusste sowieso längst, wie der Richter sich entscheiden würde. Er wusste es, weil in den vergangenen fünf Wochen jemand immer wieder sein Wikipedia-Profil geändert und eine neue Schlusspassage hinzugefügt hatte.
    Seine Verurteilung und das Leben danach
    Im Jahr 2013 wurde Daniele Barbo in sieben Punkten schuldig gesprochen. Er soll sich in Computer gehackt haben, die Verbreitung von Pornografie zugelassen haben, darunter auch Pornografie mit Minderjährigen und Darstellungen von sexueller Gewalt; er soll kriminelle Handlungen unterstützt haben wie beispielsweise Identitätsklau und Geldwäsche; und er soll den Behörden gewisse Informationen verweigert haben. In einem Punkt aber wurde er für nicht schuldig befunden: Es ging um den Vorwurf, er würde von Einnahmen unmoralischer Herkunft leben. Man verurteilte ihn zu neun Monaten Gefängnis, den Einwänden seiner Anwältin zum Trotz, man könne es ihrem Klienten aus psychologischen Gründen nicht zumuten, eingesperrt zu werden – eine Taktik, die bei vorangegangenen Prozessen gegen ihn bereits erfolgreich gewesen war.
    Barbo beging nicht ganz ein Jahr nach seiner Freilassung Selbstmord, indem er sich in dem Kanal vor dem venezianischen Palazzo ertränkte, den seine Familie seit dem Jahr 1898 bewohnt hatte. Ihr Name starb mit ihm, da er der letzte Nachfahre war. Die Zukunft von Carnivia, der von ihm ins Leben gerufenen Website,
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