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Marter: Thriller (German Edition)

Marter: Thriller (German Edition)

Titel: Marter: Thriller (German Edition)
Autoren: Jonathan Holt
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Weise wurde mehr suggeriert, als tatsächlich an Informationen vermittelt wurde. Die Anklage wegen Pornografie beispielsweise – man hatte vergessen zu erwähnen, dass dieser Vorwurf in einem Artikel erhoben worden war, in dem unter anderem auch MySpace, YouTube und eine Vielzahl anderer Websites namentlich genannt waren. Und der richterliche Antrag der Behörden, er müsse seine Server für eine Prüfung freigeben – auch in diesem Fall wurde ein solcher Antrag an diverse Internetseiten herangetragen. Das alles vermittelte den Eindruck, man habe gezielt nach pornografischen Inhalten gesucht. Dabei ging es letzten Endes doch darum, ob eine Regierung überhaupt das Recht hatte, sich dafür zu interessieren, was die Bürger ihres Landes im Internet so trieben. Auch die Anspielung, er leide unter psychischen Problemen, war nur zwischen den Zeilen zu lesen. Zwar stimmte es, dass er das Haus nur selten verließ, doch wenn man ein Problem mit Menschenmassen hatte und in einer der meistbesuchten Städte der Welt lebte, dann war es nun mal nicht verlockend, wenn nicht gar vollkommen widersinnig, dies zu tun. Was den Hinweis betraf, er habe Carnivia als eine Art Zuflucht vor der wirklichen Welt geschaffen – nun, das entsprach schon eher der Wahrheit, wenn der Autor damit auch etwas ganz anderes gemeint hatte.
    Seine Anwältin bemühte sich mit einer Geste, seine Aufmerksamkeit zu erwecken, und riss ihn so aus seinen Gedanken.
    »Der Richter ist wieder da.«
    Er nickte und trat von der Tür zurück, während die Wärter mit Handschellen auf ihn zuschritten. Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, man möge Daniele Barbo wie ein gefangenes Tier in Ketten legen, und der Richter hatte dem stattgegeben. Dies war ein weiterer Hinweis darauf, dass er schuldig gesprochen werden würde. Dass Italiens Justiz auf ganzer Linie korrupt war, war ihm nicht neu; doch dass jemand derart viel Zeit und Geld darauf verschwendete, sich diese Korruption zunutze zu machen, verblüffte ihn dann doch.
    Er ertappte sich selbst bei dem Gedanken, wie entschlossen seine Gegner sein mussten. Aber aus welchem Grund?
    Der Gerichtssaal würde gewiss voller Leute sein, und selbst nachdem er ihn verlassen hätte, wären da noch Journalisten, Kameras … Einen kurzen Moment wünschte er sich, er könnte hier unten bleiben, in der vergleichsweise ruhigen Zelle. Doch noch während er die Stufen hochgeführt wurde, schmiedete er in Gedanken bereits einen Plan. Er stellte Analysen an und wog sämtliche Möglichkeiten ab, er schrieb die Zukunft immer wieder um, als wäre sie eine Software, die man auf Programmfehler untersuchen und umarbeiten konnte, bis sie so funktionierte, wie man sich das vorstellte.

5
    Kat fuhr in ihr winziges Apartment nahe dem Strand in Mestre, wie Piola es ihr befohlen hatte. Dort fiel sie sofort ins Bett und holte ein paar Stunden Schlaf nach. Ein kräftiger Espresso aus ihrer alten Bialetti- macchina brachte sie wieder in Schwung. Dann nahm sie rasch eine Dusche, die noch heißer war als der Kaffee.
    Ihre Uniform hing noch vom Abend zuvor außen an der Schranktür. Der von Valentino entworfene Rock und die Jacke mit den silbernen Schnörkeln am Kragen und den roten Epauletten waren zu so etwas wie ihrer zweiten Haut geworden, seit sie vor drei Jahren die Ausbildungsakademie der Carabinieri verlassen hatte. Jetzt würde sie sie vorerst nicht mehr brauchen: Bei der Mordkommission trug man ganz gewöhnliche Klamotten. Sie griff in den Kleiderschrank und suchte nach dem marineblauen Faltenrock und dem eng geschnittenen Jackett von Fabio Gatto in der Calle della Mandola. Die Sachen befanden sich seit Monaten dort und hatten genau auf diese Gelegenheit gewartet. Der Stoff war zwar nichts Besonderes, aber es handelte sich um ein tadelloses Stück Schneiderhandwerk. Das Ganze hatte sie annähernd einen ganzen Monatslohn gekostet. Kurz überlegte sie, ob Piola sie für einen Capitano wohl ein wenig zu übertrieben elegant gekleidet finden würde. Doch schüttelte sie den Gedanken rasch wieder ab. Selbst ein Capitano musste einen guten Eindruck erwecken.
    Sie eilte aus ihrem Apartment und nahm einen Zug über die Ponte della Libertà. Anschließend stieg sie in ein Vaporetto zum Campo San Zaccaria, ein Platz, an dem das Hauptquartier der Carabinieri in einem ehemaligen Nonnenkloster untergebracht war. Francesco Lotti, der es als ihr Freund in die Wege geleitet hatte, dass ihr dieser Fall übertragen wurde, hatte ein Ermittlungszimmer im oberen
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