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Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Mars Trilogie 1 - Roter Mars

Titel: Mars Trilogie 1 - Roter Mars
Autoren: Kim Stanley Robinson
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Schweiz stellte auch eine undurchdringliche Kultur dar, in mancher Hinsicht sogar noch mehr als die arabische. So war es, dachte Frank. Sie arbeiteten gut zusammen, weil beide so insular waren, daß sie nie einen wirklichen Kontakt herstellten. Er lachte laut, als er eine Maske nahm - ein schwarzes Gesicht mit roten Stoffgemmen beklebt. Er legte sie an.
    Eine Reihe maskierter Festteilnehmer schlängelte sich den Boulevard hinunter - betrunken, gelöst, fast außer Kontrolle. An einer Kreuzung öffnete sich der Boulevard auf einen kleinen Platz, wo ein Springbrunnen von der Sonne gefärbtes Wasser in die Luft sprühte. Rings um die Fontäne hämmerte eine Blechtrommelband eine Kalypsomelodie. Leute sammelten sich um sie, tanzten oder hüpften im Rhythmus des tiefen Bumm der Baßtrommel. Hundert Meter in der Höhe ergoß eine Öffnung im Zeltgerüst kalte Luft auf den Platz - Luft, die so kalt war, daß kleine Schneeflocken darin schwebten, die im Licht wie Splitter von Glimmer blitzten. Dann knatterte ein Feuerwerk direkt unter dem Zeltdach los, und bunte Funken fielen zwischen den Schneeflocken zu Boden.
     
    Der Sonnenuntergang machte es mehr als zu jeder anderen Tageszeit deutlich, daß sie auf einem fremden Planeten standen. Etwas in der Neigung und Röte des Lichts war völlig falsch und widersprach Erwartungen, die im Laufe von Jahrmillionen in das Savannengehirn eingeprägt waren. Dieser Abend lieferte ein besonders krasses und erregendes Beispiel für dieses Phänomen. Frank schritt in diesem Licht dahin und begab sich wieder zur Stadtmauer. Der ebene Süden der Stadt war mit Steinen übersät, deren jeder einen langen schwarzen Schatten warf. Niemand da. Die Tore wurden bei Festen wie diesem verschlossen, um zu verhindern, daß Betrunkene hinausgingen und zu Schaden kämen. Aber Frank hatte den Notfallcode des Feuerwehrcomputers. Und als er sicher war, daß niemand zuschaute, gab er den Code ein und eilte in die Schleuse. Er legte einen Schutzanzug, Stiefel und Helm an und schritt durch die mittlere und äußere Tür. Draußen war es wie immer sehr kalt, und das rhombusförmige Heizelement des Schutzanzugs brannte durch seine Kleidung hindurch. Er ging knirschend über Beton und Hartkruste. Loser Sand flog nach Osten, vom Wind getrieben.
    Er schaute sich mürrisch um. Allenthalben Steine. Ein Planet, der milliardenfach von Trümmern getroffen worden war. Und Meteorite fielen immer noch. Eines Tages würde eine Stadt einen Treffer erhalten. Er wandte sich um und blickte zurück. Sie sah aus wie ein in der Dämmerung leuchtendes Aquarium. Es würde keine Vorwarnung geben; aber alles würde sofort in Stücke fliegen: Wände, Fahrzeuge, Bäume, Leiber. Die Azteken hatten geglaubt, daß die Welt auf eine von vier Arten enden würde: Erdbeben, Feuer, Überschwemmung oder vom Himmel fallende Jaguare. Hier würde es kein Feuer geben. Auch kein Erdbeben und keine Flut, dachte er. Die Jaguare würden kommen.
    Der Dämmerungshimmel über Pavonis Mons war ein trübes Rosa. Nach Osten hin dehnte sich die Farm von Nicosia, ein langes flaches Gewächshaus, das sich von der Stadt nach unten hinzog. Aus diesem Winkel konnte man erkennen, daß die Farm größer war als die eigentliche Stadt und gedrängt voller grüner Felder. Frank trat gegen eine ihrer äußeren Schleusen und trat ein.
    Im Innern der Farm war es heiß, volle dreißig Grad wärmer als in der Stadt. Er mußte seinen Helm aufbehalten, da die Luft hier auf die Pflanzen abgestimmt war, reich an Kohlendioxid und arm an Sauerstoff. Er blieb bei einer Arbeitsstelle stehen und kramte in Schubladen voller kleiner Werkzeuge und Pestizidpflaster, Handschuhe und Beutel. Er suchte sich drei kleine Pflaster aus und tat sie in einen Plastikbeutel; dann schob er diesen in die Tasche des Anzugs. Die Pflaster waren raffinierte Pestizide, Biosaboteure, die dazu dienen sollten, Pflanzen mit systemeigenem Schutz zu versorgen. Er hatte darüber gelesen und wußte von einer Kombination, die bei Tieren tödlich sein würde...
    In die andere Tasche tat er ein Paar Scheren. Schmale Kieswege führten ihn empor zwischen langen Beeten mit Gerste und Weizen, zurück zur eigentlichen Stadt. Er betrat die in die Stadt führende Schleuse, löste den Helm, streifte Anzug und Stiefel ab und tat den Inhalt der äußeren Taschen in seine Jacke. Dann kehrte er in das untere Ende der Stadt zurück.
    Hier hatten die Araber eine Medina errichtet. Sie hatten darauf bestanden, daß eine solche
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