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Mars Live

Mars Live

Titel: Mars Live
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nicht mit ihnen in Berührung zu kommen.
    Sie folgte Jeffries durch den Gang von der Luftschleuse in einen großen zylindrischen Raum. Zwei Touristen, übergewichtige weiße Amerikaner Mitte der Sechzig, klebten wie hingepflanzt an den Velcro-Sitzliegen vor einem gewölbten Kristallfenster mit einem überklebten Riss quer hindurch; sie blickten hinaus auf das Panorama der unter ihnen vorbeiziehenden Erde. An der Bar ›saß‹ auf einem Velcro-Hocker eine junge Frau, noch ein Teenager, mit schmutzig-blonden Haaren; sie war in zwei Pullover gehüllt und zitterte. ERDLICHT-SALON stand auf dem Schild hinter der Bar, und: Alle Getränke $ 45, kein kanadisches Geld, s’il vous plait. »Hier ist Selbstbedienung, auf Treu und Glauben«, sagte der Teenager. »Lassen Sie mich Ihnen etwas mixen. Ich versuche, es zu lernen.«
    »Bitte einen Stoly«, sagte Natascha Kirow. Sie brauchte nicht vor übermorgen zu fliegen, wenn sie planmäßig bei der Mary Poppins ankommen sollten. Also könnte sie diese kleine Pause genausogut genießen.
    »Oh, sind Sie Commander Kirkow? Telefon für Sie!«
    »Captain, und ich heiße Kirow.«
    »Ich nehme das gleiche«, sagte Jeffries.
    »Wir haben keinen echten russischen Wodka«, sagte der Teenager. »Wie wär’s mit einem Illinois? Das Telefon ist da drüben bei der Tür.«
     
    Als Glamour sechzehn Jahre alt war und in Hollywood in der Firma seines Onkels, Gälische Kleinwüchsige GmbH, als Außendienstmann arbeitete, hatte ihm ein Freund in einem Schuppen von Coyote Farms eine Prise Sunshine zugesteckt. Die Welt hatte ihre wahren Dimensionen angenommen: sie verbrachten den Nachmittag damit, auf einen Baum zu klettern und das Wechselspiel von Rinde und Licht und Zeit zu bewundern. Jetzt waren die dritte und vierte Dimension wieder da, ohne den Baum. Und zusätzlich war noch etwas Besonderes an diesem von der Erde reflektierten Licht, das durch das Flugdeck flutete, gefiltert durch Meere von Luft. Und mit seiner gedrungenen Größe hatte Glamour anscheinend weniger Schwierigkeiten beim Manövrieren als die alten Seebären.
    »Das geht ja ziemlich gut«, sagte Bass. »Aber laß die kleinen Schwimmbewegungen. Du bist doch kein Goldfisch. So ist es besser.« Er hatte noch nie erlebt, daß jemand so mühelos mit der Schwerelosigkeit zurechtkam.
    Ein Kopf schob sich in die Kabine: ein grauhaariger Mann in Bass’ Alter, in dem archaischen Waldgrün des National Park Service.
    »Johnson«, sagte Bass. »Du alter Raumhund! Ich möchte dich mit Louis Glamour von der Amerikanischen Gesellschaft für Filmschaffende bekanntmachen. Ich dachte, du hättest dich längst zur Ruhe gesetzt.«
    »Nächstes Jahr. Dies ist meine letzte Reise. Freut mich, Sie kennenzulernen, Lou. Ist er in Ordnung? Als die NASA an Chase-Gillette verkauft wurde, stutzten sie jeden nach dem alten Gesundheitsplan zurecht. Ich wechselte zu Disney-Gerber über, weg von Canaveral, bis man mich bei dem Versuch schnappte, die Gewerkschaft wieder in Gang zu bringen. Ich habe fünf Jahre lang Satelliten-Zeitanteile verkauft, bevor ich diesen Posten bekam. Kommt doch rein, ich gebe euch einen Drink aus. Nur eine der Pumpen funktioniert, und es wird ewig dauern, bis dieses Ding wieder aufgetankt ist. Was, um alles in der Welt, treibt ihr Kerle hier oben?«
    »Es ist streng geheim«, sagte Bass, »also erzähl niemandem etwas davon, aber wir fliegen zum Mars.«
     
    Der Anruf für Natascha Kirow kam von Markson, aus Beverly Hills. Im ersten Moment dachte Natascha, die Vertikaljustierung der Bildübertragung sei gestört, doch dann erkannte sie, daß es der besorgte Ausdruck auf seinem Gesicht war.
    »Wir haben ein Problem«, sagte er. »Wie schnell können Sie zum Marsschiff hinaufgelangen?«
    »Zur Mary Poppins? In einigen Tagen. Wir haben noch keine Daten, keine Flugbahnberechnung. Die Alte Pagode von Moulmein ist bis jetzt weder aufgetankt noch für den Interorbitalflug ausgerüstet…« Aber Natascha Kirow konnte es selbst kaum erwarten, das Schiff wiederzusehen, auf dem sie ausgebildet worden war, und sie legte keinen gesteigerten Wert darauf, länger als unbedingt nötig auf dieser muffigen, kalten Station zu verweilen. »Es sei denn, wir könnten Johnson dazu überreden, daß er uns den Pick-up des Park Service benutzen läßt…«
    »Wunderbar! Sie und Bass müssen so schnell wie möglich rauffliegen, um uns das Schiff zu sichern…«
    »Was ist denn los?«
    »Irgendwie ist etwas über unser Projekt durchgesickert. Es geht das Gerücht,
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