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Marlon, die Nummer 10

Marlon, die Nummer 10

Titel: Marlon, die Nummer 10
Autoren: Joachim Masannek
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Tagen erhöhte Willi ständig die Level.
    Er band Gummibänder und Seile von Besen zu Schrubbern. Zuerst eins, dann zwei und dann immer mehr. Diese spannten sich quer durch die Slalomtore hindurch. In unterschiedlicher Höhe, versteht sich, und deshalb duckten wir uns unter manchen hindurch und über andere sprangen wir drüber. Das wiederholten wir dann mit Ball. So wie am ersten Tag. Mit links, mit rechts, mit beiden Füßen und dann rückwärts. Ja, und wie am ersten Tag lachten und feixten wir über uns und hatten dabei unseren Spaß.
    Dann verstreute Willi die Fußballbilder kreuz und quer im Parcours und jeder, der ihn durchlief musste sie aufsammeln. Zuerst alle, dann nur die von einem Verein und dann nur einzelne Spieler. Hier kamen die ersten von uns nicht mehr mit und nach drei vermurksten Versuchen schieden sie aus. Raban erwischte es und natürlich auch Joschka, dann Jojo, Felix und Deniz, weil er trotz Brille nicht hochgucken wollte. So wurden es von Tag zu Tag mehr, aber trotzdem war das Training für sie nicht zu Ende. Nein, ganz im Gegenteil. Die, die ausgeschieden waren, sorgten ab jetzt für den größten Spaß, den wir in den letzten zehn Tagen hatten. Sie bekamen die Wasserbomben. Ganze Schüsseln und Wannen mit Wasser gefüllter Ballons stellte Willi vor sie hin und mit denen bewarfen sie die trainierenden Spieler im Besen- und Schrubber-Parcours. Drei Treffer in einem Durchgang bedeutete den Verlust eines Lebens und bei drei verlorenen Leben wartete auch bei dieser Übung das Aus. Ja, und am Ende, am letzten Tag, waren nur noch zwei Spieler übrig.
    Giacomo Ribaldo und ich machten uns zur großen Prüfung bereit und die erklärte uns Willi. Er nahm zwei Halstücher aus der Kiste und trat vor uns hin.
    „So. Ich verbinde euch jetzt die Augen!“, erklärte er. „Und dann macht ihr einfach dasselbe noch mal. Ihr lauft durch das letzte, das schwierigste Level hindurch. Und wenn ihr das schaffen wollt, könnt ihr das nur, wenn ihr euch vertraut. Wenn ihr auf euch hören könnt. Und wenn ihr euch hört, wenn euch etwas sagt, dass ihr das Richtige tut, obwohl ihr nichts seht, dann ist das eure ...“
    „... Iniziatution!“, fiel ihm Joschka ins Wort und brachte uns trotz aller Angst vor dem Test noch zum Lachen.
    Dann ging es los.
    Giacomo Ribaldo versuchte es als Erster. Er war fest von sich überzeugt, doch im zweiten Tor verhedderte er sich mit den Füßen im Gummiband und wurde unter eine Salve von Wasserbomben begraben.

    Mir ging es da etwas besser. Ich kam durch die ersten vier Tore hindurch. Doch auch wenn ich die Besen, Schrubber und Mobs intuitiv erspürte, kamen die Wasserbomben eiskalt aus dem Nichts.
    Noch lachten wir über uns selbst, doch nach dem zweiten Fehlversuch wurden wir plötzlich ganz ernst. Giacomo Ribaldo wurde sogar so ernst, dass er mich bat, vor ihm zu starten. Aber mir ging es deshalb nicht besser. Für mich hing jetzt alles am seidenen Faden. Und obwohl mich Willi jetzt ansah, obwohl er sich dabei sogar ganz demonstrativ über den Bauch strich, konnte ich mich nicht mehr an seine Worte erinnern.
    „Fußball sollte Spaß machen, finden Sie nicht?“ Das hatte Willi gesagt. Und: „Ein gutes Spiel kommt hier raus, hier aus dem Bauch!“
    Aber mein Bauch war taub, genauso wie der von Ribaldo. Deshalb schaffte es keiner von uns und das war das Aus. Zum ersten Mal in den letzten zwei Wochen lachten wir nicht und jeder ging wortlos und alleine nach Haus.

Zwei Clowns im Teufelstopf
    Zum Glück war es Abend. Da musste ich nicht mehr so lang darauf warten, dass ich ins Bett gehen konnte. Ich wollte nur schlafen. Hundert Jahre wollte ich das, so wie Dornröschen im Märchen. Ich wollte schlafen und schlafen und schlafen und ich hoffte, dass dann, wenn ich aufwachte, alles wieder gut sein würde. Doch leider war das ein Wunsch und es war keine Sternschnuppe da, die ihn mir erfüllte. In dem Moment, in dem ich mich in mein Bett gelegt hatte, hatte sich das in einen Marterpfahl verwandelt. Jetzt tanzten irgendwelche Wilden um mich herum und die hatten beschlossen, mich bei lebendigem Leib zu häuten. Ja, und diese Wilden waren meine Gedanken. Oder nein, diese Wilden waren all die Dinge, von denen ich wusste, dass sie jetzt tausendprozentig passieren:
    Giacomo Ribaldo würde morgen sein letztes Spiel für die Bayern absolvieren. Er hatte seine Intuition für immer verloren und ohne sie konnte er die Probezeit, die ihm sein Trainer angeboten hatte, niemals bestehen. Deshalb ging
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