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Marlon, die Nummer 10

Marlon, die Nummer 10

Titel: Marlon, die Nummer 10
Autoren: Joachim Masannek
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Viererkette der Sollner energisch und schnell. Rocce wurde auf allen vier Seiten umstellt. Ein Kopfball war so gut wie unmöglich. Da unterlief der Brasilianer den Ball. Die Gefahr war vorbei. Das Leder drehte sich, wie es Vanessa vorausgesagt hatte, am linken Kreuzeck vorbei. Der Torwart der Sollner gab schon Entwarnung. Die bisher fehlerlose Abwehr atmete aus. Sie hatte es doch tatsächlich geschafft. Sie hatte den Hallen-Stadtmeister, den Favoriten, geschlagen. Da stieg Rocce hoch. Wie ein Senkrechtstarter schoss er in den Himmel hinauf und lupfte den Ball mit einem copacabanischen Besenschrank-Briefmarken-Fallrückzieher ins Spielfeld zurück.

    In Zeitlupe segelte die schwarze, magische Kugel über die Köpfe der Sollner hinweg. Sie beschrieb den schönsten Bogen der Welt. Selbst unsere Gegner wurden von Rocces Rückpass verzaubert. Mit offenen Mündern staunten sie dem Wilden Ball nach. Ja, und dann kam das böse Erwachen.
    Die Flugbahn des Leders näherte sich ihrem Ende. Der Ball senkte sich auf den Strafraumrand ab und dort, genau dort tauchte ich aus dem Nichts auf. Die Sollner starrten mich an, als nähme ich eine Tarnkappe ab. Sie hätten schwören können, dass ich bis gerade eben noch unsichtbar war. Doch jetzt sahen sie mich und ich stand völlig frei vor dem Tor. Der Ton, den ich die ganze Zeit hörte, wurde jetzt zu Musik. Trompeten und Pauken legten sich richtig ins Zeug. Sie trieben mich an. Aber auch der Keeper der Spielvereinigung sprang aus seiner linken Torecke raus. Er rechnete mit einem Schuss ins rechte, ins lange untere Eck. Er streckte und reckte sich zu seiner dreifachen Länge und er kam doch noch tatsächlich an den rechten Pfosten heran. Doch dort fand er nur das blanke Entsetzen und einen Paukenschlag.
    „Nein!“, schrie er und starrte auf das nachtschwarze Leder. Das rollte seelenruhig auf die linke Torecke zu. Ich grinste wie Kapitän Blackbeard persönlich. Ich hatte den Ball gegen den Lauf des Keepers gespielt. Ganz locker und leicht. Und genau so klang die Musik, die ich hörte. Aber die Kugel war noch längst nicht im Netz. Sie rollte direkt an den Füßen der Sollner Abwehr vorbei.
    „Jetzt tut doch was! Schießt das Ding endlich weg!“, schrie ihr Torwart sie an und tatsächlich reagierten alle vier Spieler gleichzeitig. Sie grätschen in meinen Schuss. Der Schiedsrichter, der neben mir stand, steckte sich die Pfeife für den Schlusspfiff schon in den Mund und Rocce lag immer noch auf dem Boden.
    Juli riss sich die Mütze vom Kopf und warf sie vor Wut auf den Boden.
    „Huhn kackendes Kümmelkreuz!“, fauchte er.
    Da war Rocce schneller als alle. Wie ein Breakdancer wirbelte er auf der Schulter herum, lupfte den Ball mit dem linken Fuß hoch, über die Beine der Sollner Abwehr hinweg, und schoss ihn zu einem Geigen- und Fanfarencrescendo mit rechts satt und dumpf in das Netz.
    Danach war es still. Atemberaubend und feierlich still. So still, dass die Zeit stehen blieb.
    Die Wilden Kerle hielten die Luft an. Juli, der auf seiner Mütze herumsprang, schwebte sogar in der Luft. Alle schienen vor Spannung zu platzen. Da befreite sie der Schlusspfiff des Schiedsrichters aus ihrem Bann und die Wilden Fußballkerle fielen sich in die Arme.
    „Eins zu eins!“, jubelte Joschka. „Was hab ich gesagt? Das war der Zauberbesenflugbogen!“
    Und Leon drohte mir mit den Fäusten: „Kacke verdammte! Marlon, dafür bring ich dich um!“ Doch er lachte dabei.
    Nur Rocce sah mich vorwurfsvoll an. Er lag auf dem Boden vorm Tor. „Leon hat Recht!“, zischte er. „Das war verflixt noch mal knapp!“
    „Nein. Das war noch viel knapper!“, widersprach ich dem Brasilianer. „Aber es war der einzig mögliche Weg!“
    Ich grinste ihn an.
    „Beim Santa Panther im Raubkatzenhimmel!“, schimpfte Rocce. „Da hast du Recht!“
    Er lachte und nahm meine Hand an. Ich zog ihn hoch und wir liefen Arm in Arm zu den andern. Da warf Markus sein Handy hoch in die Luft. „Dampfender Teufelsdreck!“, freute er sich. „Das glaube ich nicht! Das werdet ihr mir alle nicht glauben!“
    Wir schauten ihn erwartungsvoll an.
    „Verflixt, das war Edgar! Der Pinguin!“ Markus tanzte vor Freude, aber wir kapierten kein Wort. Edgar, der Pinguin, war der Butler von Markus Eltern und er war das Ehrenmitglied der Wilden Kerle e.W.
    „Verflixt! Hab ich euch das nicht gesagt? Edgar hat sich das Spiel vom Turnerkreis angeschaut!“
    Das waren die stahlgrauen Spitzenreiter in unserer Gruppe, der Dimension Acht,
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