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Marlene Suson 1

Marlene Suson 1

Titel: Marlene Suson 1
Autoren: Die Mitternachts-Braut
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so of- fenkundiger Bewunderung gemustert hatte, aber in dem Au- genblick war er sich vorgekommen wie ein kleiner Lakai, der von der lüsternen Dame des Hauses schamlos begutach- tet wird.
    Normalerweise pflegte er solch weiblicher Anmaßung mit ei- siger Verachtung zu begegnen, doch es war alles andere als ein-

fach, frostigen Hochmut zur Schau zu stellen, wenn man in dem triefendnassen Reitzeug eines Pferdeknechts steckte.
    „Hast du etwa nicht gesehen, wie unverfroren sie mich gemu- stert hat, als ich aus dem Wasser kam?‚ knurrte er.
    „Und ob!‚ Ferris grinste. „Es wäre mir ein Fest gewesen, wenn sie das gleiche mit mir gemacht hätte.‚
    Die beiden Reiter erreichten die Hügelkuppe und verschwan- den aus dem Sichtbereich Lady Rachels und ihrer Begleiter, die Jeromes Absicht, im Fluß zu baden und sich dann umzukleiden, zunichte gemacht hatten. Jetzt mußte er bis zu seiner Ankunft auf Wingate Hall warten, bis er aus seinen nassen Kleidern kam.
    „Je schöner eine Frau ist, desto geringschätziger und argwöh- nischer behandeln Sie sie‚, bemerkte Ferris.
    „Mit gutem Grund.‚
    „Schon möglich, aber ich glaube, bei dieser sind Sie ungerecht. Wenn Lady Rachel nicht ihre Unterröcke zusammengeknotet und uns zugeworfen hätte, könnten wir beide jetzt tot sein.‚
    Das stimmte, doch Jerome brachte es nicht über sich, etwas zu- zugeben, das seine Meinung über Lady Rachel verbessert hätte.
    „Wußten Sie, daß sie mir ihre Jacke angeboten hat, nachdem sie mich aus dem Fluß gezogen hatten?‚ fragte Ferris. „Ich kenne nicht viele Damen in ihrer gesellschaftlichen Stellung, die so be- reitwillig ihre kostbare Kleidung hergeben würden.‚
    Der Meinung mußte Jerome sich anschließen.
    „Die meisten Frauen hätten sich wie Fanny verhalten‚, spann Ferris den Faden weiter. „Die hätte mich lieber ersaufen lassen, als einem niederen Stallknecht ihre Unterröcke zu opfern.‚ Jerome frage sich mit einem zynischen Grinsen, wie viele Män- ner Lady Rachel wohl schon ohne ihre Unterröcke gesehen haben mochten. Erstaunlich, wie rasch sie sich ihrer entledigt hatte, noch dazu in aller Öffentlichkeit. Keine Frau, die Wert auf Sitte und Anstand legte, hätte so etwas getan. Und noch weniger hätte ein tugendhaftes junges Mädchen ihn so schamlos gemustert, wie sie es getan hatte. Bei der Erinnerung wallte es heiß in ihm auf.
    „Sie ist genauso verdorben wie alle schönen Frauen‚, knurrte er in der Hoffnung, daß er es selbst glauben und damit sein Ver- langen nach ihr unterdrücken könnte.
    Zu seinem äußersten Mißfallen funktionierte es nicht.
    „Das Wort ,schön’ wird einer Frau wie Lady Rachel nicht ge- recht‚, erklärte Ferris. „Sie ist das hinreißendste Geschöpf, das mir je untergekommen ist.‚

Ja, zum Teufel, das ist sie!
    „Ich weiß, Sie sind davon überzeugt, daß alle schönen Frauen treulos sind‚, sagte Ferris leise. „Aber ich denke, Lady Rachel ist anders.‚
    „Nicht um einen Deut‚, stieß der Herzog hervor, noch immer wütend darüber, daß sein Körper ihn so im Stich gelassen hatte. Das lag vermutlich daran, daß sie ihn überrumpelt hatte.
    Das sollte ihm nie wieder passieren!

4. KAPITEL
    Rachel schlich durch einen Seiteneingang ins Haus und lief rasch die Hintertreppe hinauf. In der Hand trug sei eine kleine Leder- tasche. Als sie ihr Boudoir betrat, wurde sie bereits von Eleanor Paxton, ihrer besten Freundin und Tobys Schwester, erwartet.
    Nachdem Rachel die Tür hinter sich geschlossen hatte, fragte Eleanor: „Wo bist du gewesen?‚
    „Bei einem der Pächterkinder. Es ist sehr krank und hat hohes Fieber.‚ Rachel stellte ihre Ledertasche ab, in der sie ihre Kräu- terheilmittel aufbewahrte. Sie hatte die Geheimnisse der Kräu- terheilkunde von ihrer verstorbenen Mutter gelernt. Ihre Arzneien waren so wirksam, daß die Pächter sie immer um Hilfe baten, wenn jemand krank war.
    „Sein Vater sprach mich an, als ich vom Fluß zurückkam, und bat mich, nach dem armen Kleinen zu sehen.‚
    „Warum hast du niemandem ein Wort gesagt? Keiner wußte, wo du warst.‚
    „Tante Sophia hat mir verboten, kranke Pächter zu behandeln. Deshalb bleibt mir nichts anderes übrig, als mich heimlich fort- zustehlen.‚
    „Verboten!‚ Eleanors Stimme bebte vor Entrüstung. „Wie kommt sie dazu? Die Leute sind doch ganz offensichtlich auf deine Heilkünste angewiesen.‚
    „Als ob Sophia das interessierte! Sie behauptet, eine Dame dürfe sich nicht so erniedrigen, die
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