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Marissa Blumenthal 01 - Virus

Marissa Blumenthal 01 - Virus

Titel: Marissa Blumenthal 01 - Virus
Autoren: Robin Cook
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hinüber. Zwar hatte sie am Morgen gejoggt, dabei aber nur zwei Meilen statt ihrer üblichen vier geschafft.
    »Brauchen Sie Hilfe, um dieses Monstrum wieder ins Regal zu stellen?« scherzte Mrs. Campbell, die mütterliche Bibliothekarin, während sie sich die Strickjacke zuknöpfte, ohne die man sie niemals sah. Es war auch wirklich nicht sonderlich warm in der Bibliothek.
    Wie bei jedem guten Spaß gab es natürlich einen durchaus realen Hintergrund für Mrs. Campbells geflüsterte Bemerkung. Dieser Sammelband über Virologie wog zehn Pfund - und das war ein Zehntel von dem Zentner, den Marissa gerade wog. Sie maß auch nur hundertzweiundfünfzig Zentimeter; wenn die Leute sie fragten, gab sie allerdings hundertsiebenundfünfzig Zentimeter an, weil sie da immer schon die Absätze mitrechnete. Um das Buch zurückzustellen, mußte sie ausholen und es mit Schwung an seinen Platz befördern.
    »Die Hilfe, die ich bei dem Buch brauche«, sagte Marissa, »ist anderer Art: Es geht darum, seinen Inhalt in mein Hirn zu kriegen!«
    Mrs. Campbell lachte in ihrer verhaltenen Art. Sie war eine herzliche und freundliche Person, wie fast alle hier am CDC. Auf Marissa wirkte das Center weit eher wie eine akademische Institution als wie eine Bundesbehörde, die das Seuchenkontrollzentrum seit 1973 war. Es herrschte eine mitreißende Atmosphäre des Engagements und der Hingabe an die Aufgabe. Obwohl die Sekretärinnen und das Hilfspersonal um halb fünf Dienstschluß hatten, blieben die Fachleute ohne Ausnahme länger da und waren oft bis in die frühen Morgenstunden tätig. Sie waren von der Wichtigkeit ihrer Aufgabe überzeugt.
    Marissa verließ die Bibliothek, die im Hinblick auf ihre räumlichen Verhältnisse hoffnungslos unzureichend war. Die Hälfte der Buch- und Zeitschriftenbestände des Seuchenkontrollzentrums waren pausenlos in irgendwelchen Räumen auf dem gesamten Gelände des Centers verstreut. In dieser Beziehung war das CDC in starkem Maße eine unter Bundesverwaltung stehende Gesundheitsbehörde, in immerwährendem Kampf um Mittel angesichts ständig drohender Etatkürzungen. Marissa nahm wahr, daß es auch äußerlich wie eine Behörde wirkte. Die Vorhalle war in einem düsteren, amtlichen Grün gestrichen und der Boden mit einem grauen Kunststoffbelag bedeckt, der in der Mitte schon dünn und abgetreten war. Neben dem Aufzug hing die unvermeidliche Fotografie des lächelnden Ronald Reagan. Daneben hatte jemand respektlos eine Karteikarte geklebt, auf der stand: »Wenn Ihnen die Mittelzuweisung für dieses Jahr nicht paßt, dann warten Sie erst mal die für das nächste Jahr ab!«
    Marissa rannte wie im Flug die Treppe hinauf. Ihr Büro - es war eine Übertreibung, es als solches zu bezeichnen, der Ausdruck Kabuff hätte eher gepaßt - lag auf dem Gang über der Bibliothek. Es war ein fensterloser Ablageraum, der wohl irgendwann einmal eine Besenkammer gewesen war. Die Wände bestanden aus getünchten Leichtbausteinen, und der Platz reichte gerade für einen Metallschreibtisch, einen Aktenschrank, eine Lampe und einen Drehstuhl. Aber Marissa war glücklich über diesen kleinen Raum - das Gerangel um Platz war sehr heftig am Center.
    Ungeachtet all dieser Einschränkungen war sich Marissa sehr klar darüber, daß das Seuchenkontrollzentrum funktionierte. Es hatte eindrucksvolle medizinische Leistungen im Verlauf der Jahre erbracht, nicht allein in den Vereinigten Staaten, sondern auch im Ausland. Sie erinnerte sich lebhaft daran, wie das CDC vor ein paar Jahren das Geheimnis um die Legionärskrankheit gelüftet hatte. Es hatte Hunderte ähnlicher Fälle gegeben, seit die Institution 1942 als Behörde für Malariakontrolle begründet worden war, um diese Seuche aus dem Süden Amerikas zu vertreiben. 1946 wurde es dann umbenannt in Communicable Disease Center mit getrennten Forschungsstätten für Bakterien, Pilze, Parasiten, Viren und Rickettsien. Im Jahr darauf kam eine Forschungsstelle für Zoonosen hinzu, also Infektionskrankheiten, von denen zunächst Tiere betroffen sind, die aber auf Menschen übergreifen können, wie Tollwut oder Milzbrand. 1970 schließlich erfolgte eine nochmalige Umbenennung in Center for Desease Control.
    Während sie einige Sachen in ihre vom Staat gestellte Aktentasche steckte, dachte Marissa über die bisherigen Erfolge des CDC nach und war sich klar darüber, daß diese es gewesen waren, die vor allem den Ausschlag dafür gegeben hatten, daß sie sich um eine Anstellung hier bemüht
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