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Marienplatz de Compostela (German Edition)

Marienplatz de Compostela (German Edition)

Titel: Marienplatz de Compostela (German Edition)
Autoren: J.M. Soedher
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»Hat sie zuvor schon Postkarten geschrieben?«, wollte er wissen.
    »Nein. Anne schreibt für gewöhnlich keine Postkarten … eher Briefe, so richtig altmodisch.«
    »Haben Sie solche Briefe von ihr hier?«
    »Ja, sicher … es sind gar nicht wenige.«
    »Wir benötigen mindestens einen davon. Ich möchte Sie bitten uns geeignete herauszusuchen.«
    Lara hatte ihm die Karte zurückgegeben und er las den seltsamen Text selbst. Er versuchte sich vorzustellen, wie ein Mensch beschaffen war, der dergleichen schrieb. Was war hier los? Was sollte er machen?
    Seine Augen fuhren über die Worte, er dachte an den Garten, draußen vor dem Haus, die Bücher in der Vitrine, die Ausbildung Anne Blohms – es passte wirklich kaum zusammen. Er sah Lara Saiter in die Augen. Sie blickte ernst drein. Weitermachen – nicht abbrechen, sagten ihre Augen. Sie brauchten mehr als nur Briefe. Er verlangte Dokumente, Listen, Fotos und Blohm suchte alles Verlangte im Haus zusammen und legte es auf den Tisch.
    Derweil befragte Lara Saiter Frau Blohm über den Freundeskreis ihrer Tochter, insbesondere über die engsten Freundinnen und über die weitere Verwandtschaft der Familie. Die Großeltern mütterlicherseits lebten noch und die Mutter von Herrn Blohm. Alle in München.
    Es klingelte an der Tür und das Dingdong lähmte die schweigsame Arbeit im Haus. Herr Blohm sah hinaus in den Gang, als käme von dort ein Geist.
    »Ah«, rief seine Frau, wie aus einem Schlaf erwacht, »Tampa, das ist Tampa«, und eilte zur Tür, als könnte sie dort allem entkommen, was sie quälte.
    »Unser Hund«, erklärte Blohm, »ich hatte ihn mit auf einer Baustelle und er hatte sich ein Stück Draht in die Pfote getreten. Das musste beim Tierarzt operiert werden. Jetzt bringen sie ihn zurück.«
    Bucher ging ein paar Schritte in den Gang, wo im Wechsel freudiges Winseln und Bellen zu hören war. Ein dunkelbrauner Hund mit glänzendem Fell schaffte ein Zentrum der Freude am Eingang. Alles an ihm wackelte und wedelte. Die vordere rechte Pfote steckte in einer Klettschürze. Ein junger Mann versuchte den Hund abzuleinen, was sich schwierig gestaltete, weil er Kreisel und Achter lief und so abwechselnd den jungen Kerl oder Frau Blohm fesselte. Als es endlich gelungen war, sprang das Tier voller Freude an seinem Frauchen hoch, die begeistert juchzte und das Tier zu beruhigen versuchte. »Langsam Tampa, vorsichtig … nein, nicht so wild.« Ihre Stimme klang nun frei und unbeschwert.
    Der Mann, der Tampa gebracht hatte, war zur Seite getreten und hatte bei einem Blick in den Gang Bucher entdeckt. Zielstrebig ging er auf ihn zu und reichte ihm ein Kuvert und eine Packung. »Hier die Creme, zweimal am Tag die Pfote einreiben, das nimmt die Entzündung und ist schmerzlindernd. In ein paar Tagen ist das wieder gut. Im Kuvert sind Rechnung und der Impfpass … ach ja, und hier noch drei Tabletten, wenn die Betäubung nachlässt, gegen die Schmerzen.«
    Bucher hatte die Sachen verdutzt entgegen genommen. Der schmächtige Kerl war schon wieder beim Hund und streichelte ihn.
    Blohm war zu Bucher gekommen, um ihm die Sachen abzunehmen, während seine Frau den jungen Mann verabschiedete und danach ihre ganze Aufmerksamkeit dem Hund schenkte.
    Blohm erklärte: »Anne hat ihn gebracht, kurz nach dem Tod unseres Sohnes. Ein Straßenhund. Jetzt ist er der König hier. Ich kann mir das gar nicht mehr ohne ihn vorstellen; gerade die letzten zwei Tage, an denen er weg war, ist es mir wieder bewusst geworden, wie leer der Tag dann ist. Keine Aufgaben, keine Spaziergänge, man redet auch weniger. Ich schimpfe ihn gerne, wissen Sie, so gemütlich halt, und er mag das, wenn ich ihn angrantele und aus der Firma erzähle, oder sonst was, das mir nicht passt, so wie wir Münchner halt sind.«
    Bucher lächelte. Ja, so waren sie, die Münchner, gutmütige Grantler.
    *
    Im Auto, auf dessen Dach die Sonne lag, hatte sich eine gewaltige Hitze angesammelt. Bucher ließ für einen Moment die Türen offen stehen. Lara Saiter wartete, bis der erste Hitzeschwall entwichen war, und fragte über das Autodach hinweg: »Und, was meinst du zu der Sache?«
    Er überlegte eine Weile, bevor er antwortete: »Mysteriöse Angelegenheit, in jeder Hinsicht. Ich kann das alles noch nicht zu einer Geschichte zusammenfügen, aber ich nehme es durchaus ernst. Das sind keine hypersensiblen Leute, die die Polizei holen, nur um ihre Tochter unter Kontrolle zu bringen. Ernste Sache, wie ich finde, sehr
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