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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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wahr?“
    Jetzt nickte der junge Abbé und atmete hörbar aus. „Hinter ihrer Lehre steckte der Teufel!“ krächzte er.
    „Nun, Rivière, vergessen wir kurz Rex mundi. Die Wurzel jener ketzerischen Auffassung liegt auch nicht im 12. und 13. Jahrhundert verborgen, wie Rom es uns glauben machen will. Dualisten hat es lange vor Christi Geburt und natürlich auch noch lange danach gegeben. Zoroaster, Platon, Marcion, Mani, die Paulizianer, Bogomilen – ich brauche sie Euch nicht alle aufzuzählen, am Ende dieser Kette erst befinden sich die Ketzer aus dem Mittelalter. Ob es Sinn hat, die Welt in Gut und Böse aufzuteilen, steht auf einem anderen Blatt. Mir persönlich widerstrebt ein solches Denken. dass der Heilige Bernhard die Katharer jedoch als ´Weber und Arianer ` bezeichnet hat, lässt nur den einen Schluss zu, dass man sie damals als Erbe der Arianer betrachtete. Nun waren die Arianer zwar keine Dualisten wie die Katharer, doch haben sie wie jene sich hartnäckig geweigert, die Göttlichkeit Jesu anzuerkennen. Wir wissen jetzt weshalb, nicht wahr, Rivière? Wir wissen, welches Geheimnis beide gehütet haben, all die Jahrhunderte. Unter den Westgoten und später den Merowingern – wir waren hier immer Durchgangsland – soll jeder fünfte Bischofssitz arianisch gewesen sein, und im Osten drohte der Arianismus gar zur Staatsreligion zu werden. Dass er dennoch untergegangen ist, bedeutet aber keinesfalls einen Sieg der Wahrheit über den Irrtum, Herr Kollege – nein, das anzunehmen wäre sehr kurzschlüssig. Und es gab ja immer noch genügend Menschen, die um den Ort des Grals wussten und die „verfluchte Ketzerei des Arius“, wie Rom sie nannte, heimlich weitergetragen haben, bis hinein ins Mittelalter. Bereits im Jahr 1022 – das haben wir herausgefunden – erfuhr ein normannischer Adliger namens Arefast, der sich in eine Ketzergruppe in Orleans einschmuggelte und sich in deren Vertrauen schlich, von ihr folgendes: ´Christus ist nicht wirklich in seinem Grab begraben worden und ist nicht auferstanden.` Dass Gott dennoch Herr über den Tod ist, Bruder, braucht deswegen noch lange nicht angezweifelt zu werden.“
    Rivière stöhnte zwar, aber unbeirrt fuhr Bérenger fort:
    „Die Eingeweihten in all den Jahrhunderten haben ihr Arkadien - den Gral also, Jesu Gebeine und seinen Stammbaum - gut zu bewahren gewusst. Die Katharer auf dem Montségur hüteten ihn, und die Inquisitoren, die sie verfolgten, wussten davon, denn sie bezeichneten den Katharerschatz als ad pecuniam infinitam, von nicht in Geld zu bemessendem Wert. Der Gral muss daher der wahre Kern ihrer religiösen Botschaft gewesen sein, und das erklärt den geradezu blindwütigen Fanatismus, mit dem man sie verfolgte. Da gibt es diese Geschichte, die der Chronist Ludwig IX. aufgezeichnet hat. Der König soll ihm erzählt haben, dass einige Katharer den Anführer des Kreuzzugs, Simon de Montfort, aufgesucht und ihn aufgefordert hätten, mit ihnen zu kommen und den Leib Unseres Herrn zu betrachten. Geschah dieses Angebot an Montfort aus der Verzweiflung jener Tage heraus? Sah man hier vielleicht eine letzte Hoffnung, den grausamen Mann mit dieser schier unglaublichen Realität zu konfrontieren und ihn damit von seinen unseligen Verfolgungen abzubringen? Denkt darüber nach, Bruder!“
    Rivière schüttelte wieder heftig den Kopf. Seiner Kehle entwich erneut ein trockenes Krächzen, das ihn zum Husten zwang. „Es, ähem ... Augustinus hat gesagt: Ubi defecerit ratio, ibi est fidei aedificatio - Wo das Wissen aufhört, fängt der Glaube an!“
    „Doch ein Glaube, der sich in Worten erschöpft, ist kein Glaube, das wisst Ihr doch auch! Lasst Euch versichert sein, lieber Freund“, fuhr Bérenger fort, nachdem der junge Priester sich ein wenig beruhigt hatte, „dass wir gründlich und lange recherchiert haben. Wir waren nicht leichtfertig bei unseren Untersuchungen, nein, gewiss nicht. Ich selbst hatte lange Jahre große Zweifel.“
    „Aber Rom, Rom ...“, stotterte Riviere, auf seinem roten Hals breiteten sich nun zahllose weiße Fleckchen aus.
    „Rom, bah. Niemals würde ein Papst – wie immer er auch heißen mag – zugeben, sich geirrt zu haben. Nach Pius dem ´Unfehlbaren`“ – Bérenger versuchte zu lachen, was ihm jedoch gründlich misslang, denn er musste einige Male husten -, „also nach Pius schon gar nicht mehr. Ich frage Euch, was würde geschehen, wenn man den Irrtum zugäbe? Nun – Ihr schweigt? Ich will es Euch sagen: Der Papst,
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