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Marianne & David (German Edition)

Marianne & David (German Edition)

Titel: Marianne & David (German Edition)
Autoren: Reimund J. Dierichs
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ihn interessierte. Er zog sich eine Jacke an und stürmte aus dem Zimmer. Eine Viertelstunde später klopfte er an die Tür zu Patricks Appartement. Niemand antwortete. Er entschloss sich daraufhin, im Cafe Parga einen Cappuccino trinken zu gehen und es später noch einmal zu versuchen.
    Der Cappuccino schmeckte abscheulich. Vielleicht lag es ja daran, dass er sich elend fühlte und seine Geschmacksnerven darauf reagierten. Insgeheim hatte er gehofft, David hier zu treffen, aber so sehr er auch Ausschau hielt: Die Leute an den Tischen waren lauter Fremde. Er selbst fühlte sich als Fremder. Er hatte sich sein ganzes Leben lang fremd gefühlt, hatte nach etwas gesucht, ohne zu wissen wonach und ob es überhaupt existierte. Also war er den Spuren jener gefolgt, die vorgaben, ein zufriedenes und erfülltes Leben zu führen; doch die Wege, die zu Ehe, Kindern und Karriere wiesen, waren eine Sackgasse, die die innere Leere verstärkte und die Ziellosigkeit vergrößerte. Mit Patrick hatte er zum ersten Mal wirkliche Nähe gespürt und eine Ahnung davon bekommen, was Glücklich-Sein bedeutete.
    Er wirkte niedergeschlagen, als er zum Hotel zurückging. Die Gassen füllten sich allmählich mit Touristen, die auf der Suche nach einem geeigneten Restaurant fürs Abendessen waren. Er achtete nicht auf seine Schritte, weshalb er mit einer Stöckelschuhträgerin in einem grässlichen, kanariengelben Kleid, das nur von zwei dünnen Spaghettiträgern gehalten wurde, zusammen prallte. Sie ließ ihn erst nach mehreren Entschuldigungen gehen. Danach war er völlig am Boden. Die Vorstellung, Marianne würde jetzt im Hotelzimmer auf ihn warten, um ihm mit schriller Stimme von ihren Erlebnissen auf Korfu zu erzählen, gab ihm den Rest. Er entschloss sich deshalb, allein zu bleiben und auf dem Hügel in einem der kleineren Lokale etwas zu essen.
    Er wusste nicht warum, aber je höher er stieg, desto mehr überkam ihn der Wunsch, bis zur venezianischen Festung weiterzugehen. War es die Erinnerung daran, am Abend vorher mit Patrick dort gesessen und aufs Meer geschaut zu haben oder hoffte er insgeheim, ihn dort sogar zu treffen? Er hatte nicht einmal die halbe Strecke zurückgelegt, als ihm der Schweiß auf der Stirn stand und das Herz bis zum Halse klopfte, nicht nur Auswirkungen des beschwerlichen Aufstiegs bei hohen Tem-peraturen, sondern sichtbares Zeichen zunehmender Aufregung.
    Er sah ihn schon von weitem. Er saß an derselben Stelle wie am Abend vorher. Am liebsten wäre er ihm entgegen gelaufen, aber dazu reichten seine Kräfte nicht mehr. Patrick wirkte wie aus Stein gemeißelt. Auch nachdem er ihn gesehen haben musste, blieb er unbeweglich. Schweigend setzte sich David neben ihn, nachdem er das kleine Plateau erreicht hatte. Er legte ihm wortlos die Hand auf die Schulter und bat ihn um Verzeihung. Küsse folgten. Dann lagen sie sich in den Armen, klammerten sich aneinander. Tränen rannen über Patricks Wangen.
    „ Wollen wir gemeinsam essen gehen?“ fragte David schließ-lich.
    „Noch nicht“, war die Antwort. „ Lass uns erst noch den Sonnenuntergang genießen“.
    „Dann wird es zu spät“, dachte er. „ Marianne wird ihm die Hölle heiß machen.“ Und dann: „Marianne soll der Teufel holen.“ Sie war es, die den Trip nach Korfu verlängert hatte. „Musst du denn deine Mutter nicht vom Hafen abholen?“ fragte David vorsichtig.
    „Sie kommen erst morgen.“
    „"Was!“
    „ "Ich habe eben mit meiner Mutter gesprochen. Ich soll dir schöne Grüße von deiner Frau ausrichten lassen. Sie hat dich im Hotel nicht erreichen können. Sie bleiben noch eine Nacht dort, weil es Probleme mit dem Schnellboot gegeben hat. Wenn es morgen früh noch immer nicht fährt, werden sie die normale Fähre nehmen.“
    David musste sich zusammen nehmen, um nicht in ein schrilles Lachen auszubrechen. Die Panik der letzten Stunden war völlig umsonst. Er würde eine weitere Nacht mit Patrick haben. Er musste an dessen Worte denken, nicht im Voraus zu planen, sondern die Dinge auf sich zukommen zu lassen.
    Die Sonne ging nicht unter an diesem Abend, sie verab-schiedete sich mit einem grandiosen Schauspiel. Es wirkte wie von langer Hand vorbereitet. Von Dutzenden von Wolken umgeben, tauchte der rote Ball langsam ins Meer. Die beiden Männer konnten sehen, dass der Horizont nicht das Ende war, denn nachdem der Planet verschwunden war, tauchte er die Wolken noch immer in ein zartes Rosa.
    Sie aßen in einem kleinen Lokal mit Blick auf den
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