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Marianne & David (German Edition)

Marianne & David (German Edition)

Titel: Marianne & David (German Edition)
Autoren: Reimund J. Dierichs
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ihrer Familie italienische Vorfahren gegeben. Der Urgroßvater väterlicherseits war in einem kleinen Dorf Kalabriens auf die Welt gekommen.
    Äußerlich unterschied sich Marianne auf den ersten Blick kaum von einem Mann. Wäre sie in einer Badehose am Strand spazieren gegangen, vielleicht hätten ihre Brustwarzen zu denken gegeben, obwohl ihre Brust selber flach war, flacher als der Strand in Bournemouth, an dem sie bis zu Harolds Geburt ihre beiden ersten Urlaube verbracht hatten.
    Das war damals. Er liebte ihre Brüste oder vielmehr die Tatsache, dass es kaum etwas zu sehen gab. Große Brüste schüchterten ihn ein. Die seiner Mutter waren voluminös. „Als Kind konntest du gar nicht genug von ihnen bekommen“, hatte ein Bruder seiner Mutter einmal zu ihm gesagt und unausge-sprochen sein Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass David sich eine Frau genommen hatte, „die überhaupt kein Holz vor der Hütte besaß.“ Was die Brüste seiner Mutter betraf, wollte er gerne glauben, dass sein Mund sich ihnen genussvoll genähert hatte, wobei die Gier nach Nahrung das bestimmende Moment gewesen war und nicht eine erotische Komponente.
    Marianne veränderte sich nach Harolds Geburt. Nicht nur kör-perlich. War sie vorher ein Strich im Gelände, bekam sie nun allmählich rundlichere Formen. Erstaunlicherweise wuchsen auch ihre Brüste und mit ihnen die Unlust am Sex. Es dauerte Wochen, bis David es überhaupt registrierte. So erstaunlich es war, dass ihr Liebesleben ein abruptes Ende gefunden hatte, umso bemerkenswerter war die Tatsache, dass es ihm nichts ausmachte. Natürlich hatte er den Wunsch nach Nähe, sehnte sich nach körperlicher Vereinigung, aber dieses Trachten war eher allgemeinerer Natur und nicht zielgerichtet. Marianne weckte in ihm keine Begehrlichkeiten mehr. Um fair ihr gegen-über zu sein, sollte er betonen, dass sie es möglicherweise nie getan hatte.
    Sie war nicht unattraktiv. Vielleicht war es für ihn umso ernüchternder, als ihm klar wurde, dass der Wunsch miteinander zu schlafen, immer von ihr ausgegangen war. Es tat gut, sie im Arm zu halten, sich mit ihr zu vereinigen und zum Höhepunkt zu kommen, aber es war nicht etwas, was für ihn den Himmel auf Erden bedeutete. Irgendetwas fehlte, aber da er nicht wusste, was das sein könnte, nahm er seine mangelnde sexuelle Impul-sivität einfach als gegeben hin. Manchmal kamen zwar Zweifel auf, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung sein könnte, aber ebenso schnell wie sie aufkeimten, verwarf er sie auch wieder.
    „Daavid. Du hörst mir überhaupt nicht zu. Ich möchte wissen, wo du mit deinen Gedanken bist.“
    Er schreckte hoch, sah, dass ihr Gesicht rot vor Zorn war. Sie hasste es, wenn er abwesend war, denn dann hatte sie keine Kontrolle über ihn. Es verunsicherte sie. Sie war eine Frau, die bestimmen, die alles planen musste. Bis ins kleinste Detail. Unvorhergesehene Ereignisse oder unerwartete Wendungen wirkten auf sie wie eine Katastrophe. Sie war kontrolliert. Am deutlichsten spiegelten dies ihre verkniffenen Mundwinkel wider. Manchmal erinnerte ihn ihr Kinn an einen Schraubstock. Wenn sie sich einmal in etwas verbissen hatte, hielt sie so zäh daran fest, dass für nichts anderes mehr Platz blieb.
    Sie schliefen noch immer im selben Schlafzimmer, obwohl er sich immer häufiger fragte warum. Sie nörgelte stets darüber, dass sie nicht einschlafen könne, wenn er das Licht anlasse, um zu lesen; wenn er dann aber widerwillig das Licht gelöscht hatte und wegen seiner Verärgerung lange Zeit keinen Schlaf fand, nahm er gewahr, dass auch sie noch dalag und in die Dunkelheit lauschte.
    Irgendwann hatten sie sich geeinigt. Sie versuchte zu schlafen, während er sich in sein Buch vertiefte. Voraussetzung war, dass er es nicht übertrieb, was bedeutete, dass er es bei einer halben Stunde beließ.
    Oftmals war sie schon nach wenigen Minuten eingeschlafen, was ihm stets die Möglichkeit geboten hatte, sie zu beobachten. Dabei war ihm aufgefallen, dass ihre Mundwinkel selbst im Schlaf verkniffen wirkten. Sie konnte einfach nicht loslassen, die Verantwortung abtreten.
    „Manchmal möchte ich in deinen Kopf schauen können.“
    Er zuckte zusammen. Es lag nicht nur daran, dass er sich ihrer schrillen Stimme nicht entziehen konnte, sondern ihm die Vor-stellung, sie könne seine Gedanken lesen, in Panik versetzte. Es war noch gar nicht so lange her -mehrere Monate vielleicht-, da hatten ihn seine Wünsche und Überlegungen in tiefe
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