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Marianne & David (German Edition)

Marianne & David (German Edition)

Titel: Marianne & David (German Edition)
Autoren: Reimund J. Dierichs
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beschwerte sich dann hinterher bei ihm darüber, dass sie schon wieder ein paar Pfunde zugelegt hatte. Sie beschwerte sich bei ihm, als ob er sie dazu getrieben hätte. Vielleicht war sie ja nicht glücklich, aber war er dafür verantwortlich?
    Eine Windböe hatte genau in dem Moment Davids T-Shirt in den Sand geweht, als der Mann vorbeiging. Er hatte es aufgehoben und ihm zurückgebracht. Dabei hatte er wie zufällig Davids Arm berührt und ihm dabei zugelächelt, ein Lächeln, das mehr sagte als „Passen Sie beim nächsten Mal bloß besser auf ihre Sachen auf.“
    Die zweite Begegnung lag erst einen Tag zurück, als derselbe Mann an ihnen vorbeiging und David unverhohlt zulächelte, was diesen ins Schwitzen brachte. Marianne bemerkte seine Aufregung nicht, war sie doch davon überzeugt, der Flirt hätte ihr gegolten. Sie fühlte sich aber durchaus nicht geschmeichelt, sondern beschwerte sich hinterher bei ihrem Mann über diesen unverschämten Kerl.
    Nun saß er vor ihm. Nicht viel größer als er selber, aber kräftig, mit schwarzgelocktem Haar, langen Koteletten und einem Dreitagebart. David war schon bei der ersten Begegnung aufgefallen, dass er sich vom ihm angezogen fühlte und diese Anziehung war rein körperlich. Er hatte den Wunsch, den anderen anzufassen, seine Haut zu spüren. Es war wie ein Sog. Er musste sich eingestehen, dass er ein solch starkes Gefühl in der Beziehung zu Marianne immer vermisst hatte.
    Niemand würde behaupten, dass Davids Gegenüber schön gewesen wäre, aber er strahlte diese unbändige Kraft aus, etwas Urgewaltiges, fast Archaisches. Seine Nase war alles andere als gerade, und eine seiner dichten schwarzen Augenbrauen wurde von einer deutlich sichtbaren Narbe geziert. Seine Hände glichen Pranken, und eine Ecke seines rechten Schneidezahnes fehlte. Der Kontrast zwischen den beiden Männern hätte kaum größer sein können.
    Die Unterhaltung begann schleppend, was nicht an mangeln-dem Interesse, sondern an den begrenzten Englischkenntnissen des Bären lag. Dass er George hieß und aus Ioannina kam, war schnell klar; die restlichen bruchstückhaften Informationen, die selten aus mehreren zusammenhängenden Wörtern bestanden, waren schwieriger zusammenzusetzen. Ein Anfänger hätte vor kaum lösbaren Problemen gestanden. David dagegen besaß Übung.
    George kam nur manchmal nach Parga. Im Sommer häufiger als im Herbst und im Winter. Er kam hauptsächlich der Touristen wegen. Der männlichen. Er nannte das „make new friends“, neue Freundschaften schließen, obwohl er seine Freunde selten häufiger als einmal sah. Insofern war David eine Ausnahme.
    George war verheiratet mit Dimitra, hatte gemeinsam mit ihr vier Kinder und besaß ein Taxiunternehmen in seiner Heimat-stadt, was wahrscheinlich nichts weiter bedeutete, als dass er ein Auto sein eigen nannte. Einen alten Mercedes Benz, wie er nicht ohne Stolz verkündete. Offensichtlich hatte er einen Kompagnon in Parga, der in seinem Auftrag einen weiteren Mercedes gleicher Bauart fuhr. David vermutete, dass die Expansion des Geschäftes an die Westküste in erster Linie dem Zweck diente, ungestört von der Familie seinen heimlichen Neigungen nach-zugehen. Ein Leidensbruder also.
    George wollte einen weiteren Ouzo bestellen, aber David winkte ab. Marianne würde sofort merken, dass er getrunken hatte, wenn er sich noch einen genehmigte. Besoffen und später als vereinbart zurückzukommen, würde sie ihm nicht verzeihen und wochenlang vorhalten. Die restlichen Tage des Urlaubs wären dann verdorben. Er nahm stattdessen einen griechischen Kaffee. Als er danach gehen wollte, hielt George seinen Arm fest, sah ihn mit seinen braunen Augen an und schob ihm eine von Hand gefertigte Skizze über den Tisch.
    „Parakalo, um acht“, sagte er, „heute Abend“, und seine Stimme klang so eindringlich, dass David stumm mit dem Kopf nickte, um sein Einverständnis zu signalisieren.
    Er brauchte eine Weile, um die Zeichnung überhaupt lesen zu können, aber schließlich erkannte er die Haupttouristenmeile wieder, die am Meer entlangführte. Parallel dazu verlief eine kleinere Straße, und in einer Seitengasse dieser Straße lag der vereinbarte Treffpunkt, das Paradisos .
    David beeilte sich, so schnell wie möglich an den Strand zurückzukommen. Auf dem Weg dorthin kaufte er eine Rosinen-schnecke und eine mit Pudding gefüllte Blätterteigtasche. Er hatte Glück, dass auch die Schmuckgeschäfte schon wieder geöffnet hatten. In einem erstand
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