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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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sein.«
    Ich lachte. »Ich fürchte, sie werden mich schrecklich langweilig finden. Und ich habe überhaupt keine wilden Künstlerfreunde.«
    »Noch nicht mal einen skandalösen Verwandten?«
    »Sie sind alle nach Neuseeland gezogen. Auch meine Eltern sind zur Zeit dort unten, so daß der einzige Mensch, der mich aller Wahrscheinlichkeit nach in nächster Zukunft besuchen kommen wird, mein Bruder ist«, vertraute ich ihm an. »Und der ist Pfarrer.«
    »Ah. Na denn.« Er nahm die Information wohlwollend entgegen, wobei er den Kopf auf die Seite legte. »Was halten Sie von meinem Garten?«
    »Sieht gut aus«, sagte ich ehrlich. »Ist das Ihr Land?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Es gehört einem Freund. Ich tue ihm nur einen Gefallen damit. Es ist gerade Platz genug für ein paar Blumen, nichts Großartiges.«
    »Und Brombeerhecken«, fügte ich hinzu.
    »Oh ja«, seufzte er und lächelte verschmitzt. »Und Brombeerhecken. Das gehört einfach zur Gartenarbeit, läßt sich nicht vermeiden.«
    Ich legte eine Hand auf die steinerne Mauer, deren sonnenerwärmte rauhe Oberfläche sich angenehm unter meinen Fingern anfühlte.
    »Was war das einmal?« fragte ich ihn.
    »Ein Taubenschlag, hat man mir erzählt. Nicht mehr viel davon übrig heute.«
    »Ist die Ruine sehr alt?«
    »So alt wie das Haus, glaube ich. Vielleicht noch älter.«
    »Waren die Leute, die hier lebten, ursprünglich Bauern?«
    »Pächter vermutlich.« Er zuckte mit den Schultern. »Das Land, auf dem Sie stehen, gehört zum Gutshaus, und das seit jeher, soweit ich weiß.«
    »Ich interessiere mich für alte Häuser«, gestand ich, wobei ich immer noch geistesabwesend den verwitterten Stein streichelte, »besonders für dieses. Ich würde gern mehr über seine Geschichte erfahren.«
    »Ah, da sprechen Sie leider mit dem Falschen«, sagte er lachend, »ich bin erst seit fünf Jahren hier. Sie sollten Vivien danach fragen.«
    »Vivien?«
    »Genau.« Seine Augen wurden sanft. »Vivien Wells, im Roten Löwen. Sie ist eine wandelnde Enzyklopädie. Was sie nicht weiß, ist nicht wissenswert.«
    Ich hörte nicht mehr richtig zu, denn beim Aufblicken hatte ein einsamer Reiter meine Aufmerksamkeit erregt, der in einiger Entfernung genau über Iain Sumners Schulter aufgetaucht war. Reiter und Pferd standen im Schatten einer Eiche und beobachteten uns. Das Pferd war ein großer, mächtiger Grauer und der Reiter ein Mann in dunkler Kleidung, aber sie waren zu weit weg, als daß ich sie deutlicher erkennen konnte.
    Iain Sumner fixierte mich. »Stimmt etwas nicht?«
    »Was?« Mein Blick kehrte schuldbewußt zu ihm zurück. »Entschuldigung. Nein, ich habe nur zu diesem Mann dort hinübergesehen.«
    »Zu welchem Mann?«
    »Den Mann auf dem Pferd, hinter Ihnen.« Ich deutete in die Richtung.
    Er wandte sich um, aber im Schatten unter der Eiche war nichts mehr zu sehen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Er ist schon wieder weg. Ein großer Mann auf einem grauen Pferd.«
    »Das könnte Geoff gewesen sein«, sagte Iain nachdenklich. »Das Land dort gehört zum Gut. Obwohl er eigentlich keine Grauen in seinem Stall hat.«
    »Ist ja auch nicht wichtig«, sagte ich.
    »Vielleicht nicht.« Er lächelte. »Also, ich laß Sie jetzt besser wieder in Ruhe. Ich wollte nur meinen Spaten holen.«
    Er holte das vergessene Gerät von seinem Platz in der Mauerecke, wünschte mir einen guten Abend, schob seine Mütze in die Stirn und schritt pfeifend in Richtung Straße.
    Nach einem letzten Rundblick ging ich zurück ins Haus, und da meine vorherige Arbeitswut sich nicht wieder einstellte, schob ich den früher gefaßten Vorsatz beiseite und ließ mich im Studierzimmer nieder. Nachdem ich fast zwei Bücherkisten ausgepackt hatte, fiel mir eine eselsohrige Ausgabe von Wilkie Collins’ Der Monddiamant in die Hände, und so war es nach Mitternacht, als ich mich schließlich nach oben schleppte, badete und erschöpft in mein Bett sank, über dem wie ein Wächter der Schatten der Pappel lag.

Kapitel drei
     
    Es war nicht schwer, Vivien Wells am folgenden Nachmittag in der Bar des Roten Löwen ausfindig zu machen. Es war derselbe Pub, bei dem Tommy und ich vor einigen Jahren angehalten hatten, um nach dem Weg zu fragen, nur die Balken aus der Tudorzeit und der Verputz sahen unter dem neu gedeckten Strohdach etwas sauberer aus als in meiner Erinnerung. Die Bar im Innern wirkte anheimelnd mit ihrer niedrigen Decke, ein bißchen heruntergekommen vielleicht, aber gemütlich, mit einem
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