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Mariana: Roman (German Edition)

Mariana: Roman (German Edition)

Titel: Mariana: Roman (German Edition)
Autoren: Susanna Kearsley
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solide Investitionen. Der Umstand, daß ich eine vertraute Umgebung und einen festen Freundeskreis gegen eine Gemeinschaft von Fremden tauschte, war mir als nicht besonders wichtig erschienen. Bis jetzt. Ich verspürte auf einmal einen Anfall von Sehnsucht nach meiner Wohnung im dritten Stock und nach meiner Nachbarin Angie, die immer für eine Tasse Kaffee und ein Schwätzchen am Nachmittag zu haben war.
    Doch der Anfall legte sich sofort, als ich von der Diele in das Studierzimmer trat. Es war ein wunderbarer, friedvoll wirkender Raum mit dunkler Holztäfelung, Reihen von leeren Bücherregalen, die leicht nach Zitronenöl dufteten, und einem gemütlichen Kamin, der das Gegenstück zu dem oben in meinem Schlafzimmer war. Am Vormittag hatte das Sonnenlicht durch die vorhanglosen Fenster gestrahlt und große Rhombenmuster auf das braune Leder meines alten Sofas gezeichnet. Jetzt war das Licht indirekter und ergab eine ruhevolle Dämmeratmosphäre. Außer dem Sofa hatte ich dem Raum an Möbeln nur noch einen passenden Sessel hinzugefügt, der vor dem Kamin stand, und einen einfachen Schreibtisch und einen Stuhl aus Walnußholz. Im Moment waren sie allerdings noch unter den mitgebrachten Kisten voller Bücher und Papiere begraben.
    Die Versuchung war groß, mit dem Auspacken gleich hier zu beginnen, aber ich wußte aus Erfahrung, wie leicht ich mich ablenken ließ. Die freudige Entdeckung eines alten Lieblingsbuches in einer der Kisten würde bedeuten, daß ich den Rest des Nachmittags in seliger, unproduktiver Versunkenheit verbrachte. Ich sollte mir das Studierzimmer lieber bis zum Schluß aufheben, sagte ich mir, und statt dessen an dem Ort beginnen, der sich logisch und praktisch am ehesten anbot – der Küche.
    Widerstrebend schloß ich die Tür des Zimmers und begab mich wieder in den hinteren Teil des Hauses, wo ich während der nächsten Stunden die Umzugskisten mit einer Energie in Angriff nahm, die meine Mutter mit Stolz erfüllt hätte. Schließlich war ich nach all der schweren Arbeit staubbedeckt und sehnte mich – wie der Maulwurf in meinem Lieblingskinderbuch – nach der frischen Frühlingsluft.
    Mit der Impulsivität des Maulwurfs riß ich die Hintertür weit auf und trat hinaus, wo ich das leichte Lüftchen, das die Locken von meiner feuchten Stirn blies, willkommen hieß. Ich wischte meine Handflächen an den Jeans ab, um den gröbsten Schmutz loszuwerden, verharrte einen Augenblick, die Hände auf die Hüften gestemmt, und genoß das Gefühl wohlverdienter Freiheit.
    Mein Blick fiel auf den Steinhaufen, bei dem Iain Sumner an dem Tag, als ich das Haus gekauft hatte, gestanden hatte, und ich ging neugierig darauf zu.
    Er lag etwa dreißig Meter oder mehr vom Haus entfernt, deutlich außerhalb meiner Grundstücksgrenze, und obgleich es daher nicht wahrscheinlich war, daß er Teil eines Zaunes dargestellt hatte, so war die Anordnung der Steine doch viel zu gleichmäßig, um ein natürliches Gebilde zu sein. Als ich näher herankam, sah ich, daß die Steine eine Mauer in Form eines »L« bildeten, wobei die längere Seite des »L« parallel zur Rückseite meines Hauses verlief. Stellenweise reichte die Höhe der Mauer an meine eigene Größe heran, und in ihrem Schutz hatte jemand den Boden sorgfältig umgegraben und kultiviert, um einen Garten anzulegen. Die dunkle Erde war säuberlich gefurcht und gedüngt, bereit, bepflanzt zu werden.
    »Sie haben es also gekauft.«
    Zum zweitenmal schrak ich beim Klang von Iain Sumners Stimme zusammen, bevor ich mich umwandte. Er war kein kleiner Mann, und es schien mir ein Rätsel, wie jemand den Hof hinter mir überqueren konnte, ohne daß ich ihn hörte. Ich erholte mich schnell von dem Schreck und konnte ihn diesmal mit meinem strahlendsten Lächeln begrüßen. Er trug einen grobgestrickten braunen Pullover über Arbeitshosen aus schwerem Stoff sowie eine braune Mütze mit einem fleckigen Schirm. Er schob die Mütze aus der Stirn, und seine grauen Augen lächelten zurück.
    »Sie haben das Haus gekauft«, wiederholte er. Es war eine Aussage, keine Frage.
    »Sie waren das große Gesprächsthema im Dorf in den letzten Wochen, ich warne Sie lieber vor. Mr. Ridley ließ verlauten, daß Sie Künstlerin sind und noch dazu aus London, also sind alle ziemlich neugierig.« Er grinste. »Wenn Sie nicht schon ein paar verrufene Künstlerfreunde haben, die Sie übers Wochenende einladen können, sollten Sie sich besser welche besorgen, sonst wird das ganze Dorf enttäuscht
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