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Maria, ihm schmeckts nicht!

Maria, ihm schmeckts nicht!

Titel: Maria, ihm schmeckts nicht!
Autoren: Jan Weiler
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er
    abschließend fest und nickt in meine Richtung.
    »Ja, das isser.«
    »Hatte er die ganze Zeit dagestanden. Setzte sich
    nichte hin, nimmt keine Nüsse, iste er eine
    bescheidene Charakter.«
    Er steht auf und kommt auf mich zu. Herr Marci-
    pane ist fast einen Kopf kleiner als ich. Obwohl er ein bisschen dick ist, kommt er mir flink vor, wie er auf seinen kurzen Beinchen auf mich zusteuert.
    »Marcipane«, sagt er ernst und nickt dabei mit dem
    Kopf. Dann gibt er mir die Hand. Ich muss den
    Strauß in die linke Hand nehmen und ihm meine
    nasse Rechte geben, was er vollkommen ignoriert. Er hat einen festen Händedruck, den ich erwidere.
    Dennoch gewinnt er dieses Kräftemessen, weil seine
    Hände viel größer sind als meine. Es fühlt sich an, als umschlösse er meine Finger, wie ein Hotdog-Brötchen.
    »Ich habe Blumen mitgebracht«, sage ich linkisch
    und halte ihm den Strauß vor die Nase.
    »Fur mich?«, fragt er, und es klingt etwas
    enttäuscht.
    »Die sind für Sie beide, sozusagen zum Kennen-
    lernen.«
    Endlich nimmt Frau Marcipane mir die blöden
    Blumen ab.
    »Die sind ja ganz warm«, sagt sie unpassender-
    weise und verschwindet mit dem Gestrüpp in der
    Küche.
    »Setz dich«, sagt Sara, »bei uns kann man sich
    einfach setzen, wenn man will. Meine Eltern machen
    sich nicht viel aus Konventionen.«
    Das ist mir auch schon aufgefallen. Ich frage mich, was wohl als Nächstes passiert. Oder nicht passiert.
    Normalerweise gibt es Kaffee in solchen Situationen.
    Und Kuchen.
    »Was machte meine schöne Kind hier bei seine alte
    Eltern?«, will Herr Marcipane nun wissen.
    »Das sage ich dir gleich, wenn Mama wieder da ist.
    Es ist etwas ganz Besonderes.«
    »Ah so, ganze besonders. – Uuuursuulaaaa,
    komme mal wieder zurück. – Wie gefällte dir die
    neue Sofa? Habe ich mit deine Mama selber
    ausgesuchte. Schicke, nichte?«
    »Na ja«, sagt sie. Kinder dürfen das sagen. Verlobte nicht.
    »Also mir gefällt’s«, entschleimt es sich mir.
    »Siehste du, Kind, ihm gefällte. De Junge hatte
    Geschmacke.«
    Während Sara mir den tödlichen Blick zuwirft,
    kommt Uuuursuulaaaa mit den Blumen zurück und
    stellt sie auf den Couchtisch.
    »Ihr habt doch bestimmt Hunger nach der weiten
    Reise.«
    Na endlich. Klar habe ich Hunger, ich sterbe vor
    Hunger. Reflexartig sage ich: »Nein, nein, alles halb so wild.«
    »Komisch, im Auto hast du noch gesagt, du hoffst,
    dass es hier irgendwas zu essen gibt«, sagt Sara.
    Ihre Rache für die Sitzmöbel. Nun stehe ich
    endgültig wie ein Volltrottel da. Ist jedoch auch
    irgendwie egal. Wenigstens habe ich die Blumen
    nicht mehr in der Hand. Ich wische mir die Hand an
    der Hose ab und starre auf die Pralinen, die vor uns auf dem Tischchen in einem geblümten Steingut-schälchen stehen.
    »Aber jetzt habe ich keinen Hunger mehr«,
    antworte ich zickig.
    »Nu lasse der Junge. Meine Tochter iste immer so
    wild mit die Jungen. Müssen Sie verstehen, iste sie eine echte Marcipane.«
    So langsam müssen wir mal zur Sache kommen.
    Ich will es hinter mich bringen, denn normalerweise wird nach der Bekanntgabe einer Verlobung irgendwas aufgemacht. Oder sogar gegessen. Wenn mich
    später einmal jemand fragt, warum wir geheiratet
    haben, werde ich immer antworten: »Weil ich so ei-
    nen großen Hunger hatte.«
    »Du, Papa, wir sind ja nicht ohne Grund ge-
    kommen.«
    »Nein? Brauchste du Geld?«
    Diese Frage ist auf keinen Fall zynisch, sondern
    typisch, wie ich später lerne. In den meisten deut-
    schen Familien würde so eine Frage sehr übel
    genommen, nicht aber in den meisten italienischen,
    wo die Eltern oft sehr lange für ihre Kinder sorgen.
    Die brauchen tatsächlich immer Geld, bringen jedoch deswegen noch lange keine Blumen mit.
    »Nein, wir wollen euch etwas sagen.«
    Ich fühle mich nun verpflichtet, das Wort zu
    ergreifen, schließlich kann Sara schlecht um ihre
    eigene Hand anhalten. Also unterbreche ich sie.
    »Ja, lieber Herr Marcipane. Ich möchte gerne Ihre
    Tochter heiraten. Also, wir möchten heiraten und
    deshalb sind wir hier. Ich will – ganz förmlich – um die Hand Ihrer Tochter bitten.«
    Schweigen.
    Er schaut mich nicht an, sondern starrt in Saras
    Richtung.
    Jetzt ist er dran, finde ich. Inzwischen hat sich eine Wolke vor die Sonne geschoben und ich kann meinen
    zukünftigen Schwiegervater endlich richtig erkennen.
    Er hat einen kleinen, eckigen Kopf mit dunkelblonden Haaren, in dessen Mitte eine knubbelige Nase sitzt.
    Seine hellblauen Augen leuchten
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