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Mari reitet wie der Wind

Mari reitet wie der Wind

Titel: Mari reitet wie der Wind
Autoren: Federica de Cesco
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Mari nagte nervös an ihrer Unterlippe. Wieder kam ihr Sandras Weissagung in den Sinn: »Du wirst immer im Kreis reiten.« Konnte es sein, dass Sandra die Manege gemeint hatte? Doch jetzt war nicht der Augenblick sich darüber Gedanken zu machen. Sie strich mit den Fingernägeln über Palomas Stirn. »Du weißt, was du zu tun hast, nicht wahr? Du musst ganz gleichmäßig galoppieren. Platz ist genug da, du wirst schon sehen. Dann also los!« Sie packte Palomas Mähne und schwang sich auf den Pferderücken. Paloma setzte sich von selbst in einen kurzen, leichten Galopp. Ihr Schritt war so leicht, dass Maris Kopfwunde nicht im Geringsten schmerzte. Sie lächelte zufrieden. So war es gut! Sie fühlte sich wie mit dem Pferd verwachsen. Nun konnte sie die Kunststücke zeigen, die sie mit Paloma am Strand geübt hatte. Zuerst schwang sie beide Beine auf die gleiche Seite, sodass sie auf dem Pferd saß wie auf einem Sofa. Dann kniete sie sich auf Palomas Rücken. Das war schon schwieriger, aber eigentlich kein großes Problem. Vorsichtig richtete sie sich auf. Das war das Schönste, wenn sie stehend und mit ausgebreiteten Armen von Paloma getragen wurde. Dabei hatte sie das Gefühl zu fliegen. Schon ein leichtes Rucken hätte sie in den Sand geworfen, doch Paloma kanterte absolut gleichmäßig. Jetzt ein kleiner Sprung: Mari saß wieder rittlings auf der Stute, trieb sie zu größerer Geschwindigkeit an. Nun glitt sie unter dem Leib auf die andere Seite, schwang sich wieder empor. Auch diese Spiele waren nicht allzu schwierig, denn sie hatte schon damit begonnen, als Paloma noch ein Füllen war. Doch nach einer Weile schmerzte ihr der Kopf ein wenig. Sie ließ Paloma langsamer traben und brachte sie schließlich zum Stehen. Mit einer kleinen, zufriedenen Grimasse, die sie nicht verbergen konnte, zog sie ein Bein hoch, schwang es über den Pferderücken und glitt leichtfüßig hinunter. Schon stapfte Lukas durch den Sand auf sie zu. »Schmerzen?«, fragte er besorgt. »Es tut mir leid, dass ich dich strapaziert habe, aber ich wollte klarer sehen in dieser Sache.« Er steckte die Hand in seine Hosentasche und hielt Paloma einen Klumpen Zucker hin. Die Stute leckte zufrieden daran. Mari war sich sofort sicher, dass Paloma Lukas mochte, denn von einem Fremden hätte sie nichts angenommen. »Hast du dir das alles selbst beigebracht?«, fragte er das Mädchen. Mari nickte. »Draußen. Am Strand.« »Paloma ist ein gutes Pferd«, sagte er. Sie tauschten ein Lächeln. Auf einmal verfinsterte sich Maris Gesicht. Sie dachte an Marcel Aumale. Ihre Knie wurden plötzlich weich und ihre Kopfwunde pochte. Lukas schien zu wissen, was sie fühlte. »Es ist besser, du ruhst dich jetzt aus«, sagte er. »Du bist noch nicht bei Kräften. Und mach dir keine Sorgen um das Pferd. Es ist bei mir gut aufgehoben.« Er nahm den Halfter und führte die Stute aus dem Zelt. Mari bemerkte verwundert, dass Paloma sich benahm, als wäre sie immer bei ihm gewesen.

13. Kapitel
    Tut dir das weh?«, fragte Lola. Sie untersuchte Maris Wunde, legte ihr die Hand auf die Stirn. Mari schüttelte den Kopf, sodass das lockige Haar ihr über die Augen fiel. »Kaum noch.« »Kein Fieber, zum Glück!«, sagte Lola. Sie saßen auf den Stufen des Wohnwagens. Der Gestank der Müllhalde wehte über den Lagerplatz. Mari hielt Deborah auf ihren Knien. Die Kleine gähnte schlaftrunken und strampelte. Lola sah traurig und verstört aus. Zu ihrem bunt bedruckten Rock trug sie eine abgenutzte Strickjacke und alte Sandalen. Sie hatte das Tuch der verheirateten Frauen in ihr Haar geknotet. Mari wusste, dass sie es trug, damit andere Männer sie in Ruhe ließen. »Was hast du da bloß wieder angestellt«, schalt Lola sanft, nachdem Mari ihr die ganze Geschichte erzählt hatte. »Du hast mir versprochen, das Pferd nicht mehr anzurühren. Wenn du etwas versprochen hast, dann musst du es auch halten.« Mari hörte nur mit halbem Ohr zu.
    »Wir sind zusammen in der Manege geritten! Das war schön wie ein Traum.« »Träume nicht zu viel davon«, seufzte Lola. »In zwei Tagen zieht der Zirkus weiter. Und wenn du Aumale das Pferd nicht zurückbringst, wird die Geschichte ein böses Ende nehmen.« Mari drückte einen Kuss auf Deborahs verschmierte Wange. »Lukas hat gesagt, dass er mir helfen wird.« »Sei vernünftig!«, sagte Lola. »Glaubst du, er will, dass Aumale ihm die Polizei auf den Hals schickt? Eines Tages, wenn du älter bist, wirst du merken, dass Erwachsene die Dinge anders
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