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Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann

Titel: Marek-Miert 01 - Der dreizehnte Mann
Autoren: Manfred Wieninger
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(wie damals bei Vergil und Konsorten).
    Mit Mühe konnte ich dem graugrünen Metall die Ziffernfolge 00043120338 ablesen.
    „Und nun kommt die Saleksche Theorie ins Spiel, die den Fund von acht wahrscheinlich fünzig Jahre alten Männerleichen an der Baustelle der Bundesstraße 101 bei der Harlander Nordbrücke zu einer Sensation machen und ihrem Schöpfer eine Dozentur am Institut für Geschichte der Medizin an der Universität Wien, der ehrwürdigen Alma Mater Rudolphina, eintragen könnte.“
    Ich wußte, daß Salek nun eine drei Sekunden lange Effektpause einlegen würde.
    Tatsächlich, nach dem Ende seines Bandwurmsatzes schwieg er mich - einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig zählte ich im Kopf - ungefähr drei Sekunden lang an.
    „Meiner Meinung nach ist das die Marke eines Gestapo-Häftlings, der am 12. März 1938 als dreiundvierzigster verhaftet wurde. Und wer am ersten Tag des Anschlusses als dreiundvierzigster verhaftet wurde, gehörte der politischen Elite an! Vielleicht ein Minister!“
    „Wie hast du dir meine Aufgabe bei diesem heiteren Rätselraten vorgestellt?“
    „Die ist simpel. Du findest den oder die Mörder und gibst meiner Habilitation dadurch den letzten Pfiff.“
    Salek war tatsächlich meschugge geworden.
    „Die Leute sind übrigens erschossen worden. Soviel weiß ich schon, obwohl ich erst am Beginn meiner Untersuchungen stehe.“
    „Dafür bekomme ich das Sektionsprotokoll der Holzapfel?“
    „Allerdings erst morgen, Moby Dick: Die Dame hat sich bei mir noch nicht blicken lassen oder liegt noch auf Eis im Magazin.“
    „Wie wär’s mit einem Vorschuß? Ich kann an der Tankstelle - oder wo auch immer - nicht mit deiner Weisheit zahlen, sondern nur mit deinem Geld.“
    „Nicht hier.“
    Er geleitete mich aus der Kellergruft, in der acht Leichen und alle seine Hoffnungen lagerten.
    „Darf ich dich noch einmal an die Anzahlung erinnern, Longinus?“
    „Dabei spielst du wahrscheinlich noch nicht einmal Golf ...“

V
    „Kaddisch, sagten Sie? Mit c oder k? Buchstabieren Sie das mal.“
    „Keine Chance.“
    „Was?“ Ein Anflug von Zornesröte in einem Gesicht ohne Falten, wie eine rote Grundierung auf einer gut verspannten Leinwand. Ich wollte den adipösen Gruppeninspektor aber keinesfalls echauffieren. Immerhin hatte ich den Herrn über Kaddisch und nicht den Frosch aus der Fledermaus vor mir.
    „Ich meine, ich kann es nicht.“
    „Aha.“
    Der Beamte schlug eine in schwarzes Leder gebundene Kladde auf und fuhr mit dem Finger senkrechte Spalten mit Namen ab. Die meisten Namen waren durchgestrichen.
    „Schubhäftling und gestern eingeliefert, sagten Sie? Das wissen Sie immerhin?!“
    „Das weiß ich immerhin.“
    „Das Geschäft blüht, sage ich Ihnen, wir bieten Vollpension und Zimmer ohne Aussicht, und wir haben den Bau voll ... Und wir haben auch Ihren Kaddisch. Kaddisch, Branislav.“
    Ich bedachte ihn mit meinem seriösesten Lächeln, Marke Bundeskanzler.
    „Sind Sie sein Anwalt?“
    Ich mußte verneinen.
    „Sein Bewährungshelfer?“
    „Er hat keinen nötig, soviel ich weiß.“
    „Sind Sie sein Vater, Bruder, Onkel, Neffe, sein Schwippschwager?“
    „Nein.“
    „Sind Sie seine Mutter? Seine Schwester?“
    „Ich bin seine Erbtante. Zweiten Grades allerdings nur.“
    „Wir beide sollten als Komiker im Fernsehen auftreten - können Sie irgendwie glaubhaft machen, daß der Harlander Polizeidirektor regelmäßig mit Ihnen Tennis zu spielen pflegt oder wenigstens Ihre Frau Gemahlin duzt?“
    „Ich spiele nicht einmal Schach.“
    „Dann können wir Ihnen unseren Besucherservice leider nicht angedeihen lassen. Tut mir leid und auf Wiedersehen.“
    „Sagen Sie mir wenigstens eines: Wann wird er abgeschoben?“
    „Wenn wir eine Bananenrepublik finden, die ihn geschenkt haben will. Das kann dauern. Ihr Freund ist nämlich so staatenlos wie ein Marienkäfer. Das war übrigens jetzt eine inoffizielle Auskunft, die Sie unmöglich von mir haben können. Kapiert?“
    „Danke.“
    „Schuldet er Ihnen etwas? Geld?“
    „Ich schulde ihm etwas. Großes Indianer-Ehrenwort und so; na, Sie wissen schon.“
    „Diese Verpflichtung wären Sie nun ja wohl los.“
    Ich hinterließ meine Karte und einen guten Geruch im Wachzimmer und schlängelte mich am Gang vorsichtig durch eine Hundertschaft eifrig transpirierender Achtzehnjähriger, die - angestellt vor einer einzigen Tür - begierig darauf warteten, ihre noch druckfeuchten Führerscheine in die Hand gedrückt zu
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