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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang
Autoren: Gitta von Cetto
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lächelte steif. »Ich werde ihm sagen: >Kommen Sie später
wieder, lieber Herr, wenn Sie was geworden sind.<«
    »Du bist doch sonst so modern.
Aber in diesem Punkt denkst du wie ein ganz altmodischer Mann. Warum ihn denn
erst heiraten, wenn er was geworden ist? Wir wollen zusammen was werden.«
    »Wie denn? Vorläufig lebt er
mehr oder weniger auf Kosten seines Vaters.«
    »Das tue ich auch.«
    »Aber du gehst nicht herum und
machst Heiratsanträge.«
    »Er wird trotzdem kommen und
mit dir sprechen.«
    »Gut, soll er kommen. Aber ich
mag nicht, daß er dein Mann wird.«
    Sie legte ihre Hand mit dem
schweren Goldreif auf das Papier und schob es zu Ronald zurück. »Siehst du,
darum will ich das nicht. Es wäre unfair dir gegenüber. Ich kann nicht dein
Geld nehmen und damit gegen deinen Willen meine Ehe finanzieren.«
    Das rote Haar fiel ihr in die
helle Stirn, als sie ihn mit leicht geneigtem Kopf ansah. Ihre Augen hatten die
Farbe von Jade, auf das gelbes Licht fällt. Goggi zeichnete den feinen Schwung
der Brauen geschickt nach, mit einem fahlen Schiefergrau. Auf den hohen Backenknochen
verrieb sie den Puder zu einem dunklen Schatten. Sie wußte sich gut
herzurichten, und Ronald war stolz auf sie. Sie wurden oft für ein Paar
gehalten.
    Er ließ sich Zeit mit dem
Bestreichen einer zweiten Scheibe Toast und träufelte bedächtig Honig darauf.
»Mußten wir ausgerechnet heute über diese Sache sprechen? Es tut mir leid«,
sagte er.
    Goggi sprang auf und legte die
Arme von rückwärts um seinen Hals. »Es ist alles so schrecklich traurig, und
eigentlich möchte ich ja nie von dir weg. Aber ohne Nico geht es nicht. Ich
liebe ihn, weißt du. Liebe ist was Furchtbares.«
    »Ja. Ich weiß. Doch wir müssen
die Geburtstagstorte anschneiden. Fräulein Muhr würde es uns nie vergeben, wenn
wir sie nicht jetzt versuchen.«
    In der Mitte der Torte brannte
immer noch das Lebenslicht. Goggi stellte es neben ihren Platz. Dann nahm sie
das große Messer und zerteilte die Torte in zwei Hälften. Sie schnitt die eine
Hälfte in Scheiben und legte eine auf Ronalds Teller, die andere auf ihren
eigenen Teller und eine dritte auf eine Untertasse, die sie Jacky hinstellte.
»Heute ausnahmsweise. Das wird ihn ja wohl nicht gleich seine ganzen Zähne
kosten.«
    Jacky stürzte sich mit
Heißhunger darauf. Seine Schwanzspitze vibrierte. Torte fressen war fast so
schön wie Katzen jagen. Ronald betrachtete ihn mißfällig und sagte: »Du frißt
wie ein Hund, Jakob, und hinterher wirst du speien.«
    Im Handumdrehen war Jackys
Teller leer. Es lohnte sich nicht, auf Ronalds dumme Bemerkung einzugehen. Er
blickte nach oben und bat: »Bitte dasselbe noch mal.« Die rosa Schleife war
über und über mit der schokoladenfarbenen Buttercreme bekleckert.
    Ronald bemerkte, daß Goggi
weich wurde. »Ausgeschlossen, er bekommt nichts mehr. Er ist sowieso schon viel
zu dick für sein Alter.«
    Die Muhr erschien und sagte,
daß Herr Uckermann am Telefon sei, um Goggi zum Geburtstag zu gratulieren. Kaum
war sie gegangen, legte Ronald die Hälfte seiner Tortenscheibe auf Jackys
Teller. »Hier. Aber sag’s niemand. Ich mag das süße Zeug am Morgen nicht. Mir
wird übel.« Er hörte Goggi am Telefon, hörte das leise, ungeduldige Beben in
ihrer jungen Stimme. Nachdenklich steckte er sich eine Zigarette an. Er liebte
diese herb-süße Sorte. Kein Arzt verbot sie ihm oder schrieb ihm die Anzahl der
täglichen Zigaretten vor, denn er suchte einfach keinen Arzt auf, der
Nichtraucher war. Sein Herz funktionierte nicht einwandfrei, und er wußte
genau, woran das lag und wie er es abstellen könnte. Er gönnte sich zu selten
eine Schnaufpause. Warum eigentlich? Sein Haus war doch bestellt und Goggi für
alle Fälle gut gesichert. Was trieb ihn, sich abzurackern, als habe er für eine
zehnköpfige Familie zu sorgen?
    Goggi kam zurück zum
Frühstückstisch.
    »Paul möchte dich sprechen.«
    Sie wartete, bis Ronald
verschwunden war, dann reichte sie Jacky fast das ganze Tortenstück, das auf
ihrem Teller lag. »Schnell, friß, Herrchen sieht’s nicht. Du weißt ja, er hat
immer so viele Grundsätze, und Grundsätze machen das Leben nicht süß.«
    Jacky fraß, leckte sich den
Bart und verließ auf ein kleines Weilchen die Frühstückstafel. Ronald sah ihn
von seinem Platz am Fenster, wo er telefonierte, draußen Gras fressen und dann
hinter den Pfingstrosen verschwinden. Wahrscheinlich war ihm schon übel.
    »Mein lieber Paul, ich kann
mich jetzt nicht darüber
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