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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman
Autoren: Walter Mosley
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folgte Ambrose leicht benommen den Flur hinunter.
    »Werden Sie sie anrufen?«, fragte er mich, als wir Zimmer 808 erreicht hatten.
    »Nicht nötig«, sagte ich und sah zu, wie er seine Magnetkarte durch den Schlitz zog.
    »Wieso nicht?«
    »Unsere Beziehung hat ihren Höhepunkt gerade eben bereits erreicht.«
    Der Detektiv aus Albany lächelte und stieß die Tür auf. Er machte mir ein Zeichen einzutreten, und ich wechselte von einer Realität in die andere.
    Es war eine so genannte Junior Suite – ein größerer Raum mit einer kleinen Couch und einem gepolsterten Stuhl gegenüber einem französischen Bett. Ambrose nahm auf dem Sofa Platz, ich setzte mich auf den Stuhl. Er bot mir nichts zu trinken an und lud auch nicht zu weiterem Smalltalk ein. Er war bereit fürs Geschäftliche.
    Das Parfüm des Mädchens klebte mir noch in der Nase. Mit einem Schnauben versuchte ich, mich wiederauf den Job zu konzentrieren. Ambrose sah mich an wie ein Counter-Puncher in den ersten Runden eines harten Kampfes – er wartete, dass ich als Erster aus der Deckung kam.
    Den Gefallen tat ich ihm nicht. Tru und Frankie hatten mich aus dem Gleichgewicht gebracht. Ich brauchte mehr Zeit, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
    »Was ist mit den Zweitausendfünfhundert Vorschuss?«, täuschte der Gimpel einen Schlag an.
    »Was ist damit?«, parierte ich.
    »Sollten die nicht Ihre Unkosten decken?«
    »Ich hab Ihnen doch gesagt, dass Sie mir den Vorschuss geben müssen, nur damit ich mir den Fall ansehe, und dass er in keiner Weise mit meinem Honorar oder meinen Spesen verrechnet wird.«
    Nachdem wir uns ein oder zwei Momente lang angestarrt hatten, zückte Thurman seine Brieftasche und zog ein Bündel Hundert-Dollar-Scheine heraus. Einen nach dem anderen begann er die Scheine auf den flachen Couchtisch zwischen uns zu blättern. Wir zählten beide mit. Ich verspürte Lust auf Frauen und das Bedürfnis nach Geld (oder vielleicht auch umgekehrt). Als Thurman bei einhundertzwölf angekommen war, hörte er auf, schob den Rest des Bündels zurück in seine Brieftasche und steckte sie wieder ein.
    Der Haufen Geldscheine lag vor mir, ein Köder, dem ich nur mühsam widerstehen konnte. Mit größter Willenskraft schaffte ich es, nicht nach dem Geld zu greifen.
    »Nur der Ordnung halber«, sagte Ambrose, »welche Unkosten hatten Sie?«
    »Die Spitznamen, die Sie mir genannt haben, warendie von vier minderjährigen Jugendlichen«, sagte ich. »Wie Sie wissen, versucht die Justiz ihre Identität zu schützen. Aber ich kenne einen Ex-Bullen, der den Polizeidienst wegen einer unüberlegten Liaison quittieren musste.«
    Thurman lächelte. Er mochte hochgestochene Sprache.
    »Mein Freund«, fuhr ich fort, »hat Kontakte, die an diese Informationen herankommen können, ohne sich um gerichtliche Verfügungen und den ganzen Unsinn zu kümmern.«
    Während er aufmerksam jedem meiner Worte lauschte, brachte der Detektiv noch die Konzentration auf, aus einer Schachtel in seiner Westentasche eine Zigarette zu ziehen. Er nahm ein Feuerzeug vom Tisch.
    »Wie heißt dieser Detective?«
    Er zündete sich die Zigarette an. Ich blähte die Nasenflügel, um etwas von dem Aroma zu erhaschen. Ich rauchte seit zehn Monaten nicht mehr und vermisste es jeden Tag.
    »Keine Namen«, sagte ich, »schon vergessen?«
    »Okay. Was haben Sie?«
    »Toolie heißt mit richtigem Namen Theodore Nilson. Er sitzt sechsundachtzig Jahre wegen schwerer Körperverletzung ein.«
    »Sechsundachtzig Jahre?«
    »Blöd, was? Der arme Junge wurde beim Prozess von einem Anwalt frisch von der Uni vertreten, und der Richter hat ihm allein wegen schierer Dummheit die dreifache Strafe aufgebrummt.«
    »Jumper heißt Frank Tork«, fuhr ich fort. »Frankiewartet zurzeit in U-Haft auf seinen Prozess wegen Einbruchs.«
    Thurman starrte mich eindringlich an und prägte sich meine Worte ein. Ich machte mir keine Sorgen, betrogen zu werden; das Geld lag auf dem Tisch. Ich hatte bloß ein Problem damit, die Liste zu Ende zu bringen.
    »Big Jim wurde geboren und starb unter dem Namen James Wright. Er erlag den Komplikationen nach Benutzung einer nicht sterilen Nadel an dem Tag, an dem wir zum zweiten Mal im Irak einmarschiert sind. Weiß nicht, ob es einen Zusammenhang gab – das Heroin stammte womöglich aus Afghanistan.«
    Ich hielt inne und inhalierte nach Kräften den Zigarettenqualm aus zweiter Hand.
    »Und B-Brain?«, fragte der Detektiv, als er erkannte, dass ich stockte.
    Ich kniff die Augen
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