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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman
Autoren: Walter Mosley
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verfolgen, doch er schwankte leicht und setzte sich dann, den Rücken ans Geländer gelehnt, auf die Treppe.
    Er starrte mich ungläubig an. Ich war ganz seiner Meinung. Es war eigentlich unmöglich, dass ich ihn auch nur einmal besiegt hatte.
    Sanderson schloss die Augen, und eine dicke Blutspur sickerte aus seinem linken Nasenloch.
    Ich blickte auf den Körper von Hannah Hull und gab ein Geräusch vor mir, von dem ich nicht gewusst hatte, dass es in mir wohnte.
    Eine überwältigende Erschöpfung breitete sich von meiner Brust bis zu meinen Fingern und Zehen aus. Der gelbe Vogel flatterte auf und landete zwischen Hannahs lebloser Gestalt und ihrem Mörder. Als Letztes dachte ich, wenn Willie wieder aufstand, war ich ein toter Mann.

53
    Ich kann mich nicht erinnern, wie ich in den schwach beleuchteten, grauen Verhörraum gelangt bin. Als ich die Augen öffnete, saß ich an einem Tisch, die Ellenbogen aufgestützt, während an diversen Stellen meines Körpers der Schmerz erwachte. Mein linker Fuß fühlte sich in seinem Schuh eingeschnürt an, und irgendwo unterwegs hatte ich mir einen Muskel im oberen Rücken gezerrt.
    Willie Sanderson kam mir in den Sinn, und ich spürte die Angst eines Boxers, der seine besten Schläge gegen einen Gegner landet, der trotzdem Runde für Runde immer wieder zurückkommt. Doch diese Angst währte nicht lange. Sanderson erinnerte mich an das Mädchen, das mir einen Schatz angeboten hatte. Sie war reich und hatte trotzdem gelitten. Ich war zu spät gekommen, um sie zu retten. Als ich noch im Akkord für Mörder und Diebe gearbeitet hatte, hatte ich weniger Schaden angerichtet.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort gesessen habe und ob mir diese Gedanken schnell oder langsam kamen.
    Die Tür wurde geöffnet, und Bethann Bonilla und Carson Kitteridge betraten den Raum. Sie trug ein lederfarbenes Kostüm, er einen schäbigen, grünen Einreiher, den er seit mindestens fünf Jahren besaß.
    Die Miene von Sergeant Bonilla war weitgehend ausdruckslos. Sie wirkte distanziert und vielleicht ein we-nig verwirrt. Carsons Versuch eines Pokerfaces dagegenkonnte nicht die Tatsache kaschieren, dass er hoffte, den Pott zu gewinnen.
    Sie zogen sich Stühle heran und nahmen mir gegenüber Platz.
    Ich fragte mich, ob ich laufen könnte.
    »Lana Hull«, sagte Kitteridge. »Ihr erster Vorname ist Veronica, aber ich schätze, sie bevorzugt den zweiten.«
    »Sollte mir das irgendetwas sagen?«
    »Ihr Mädchenname ist Maxwell, aber eine Zeitlang hat sie mit einem gewissen Paxton zusammengelebt. Thom Paxton war ihr Sohn.«
    Es war mir egal, und ich war mir sicher, dass meine Miene das auch verriet.
    »Wir wissen, dass sie einen Detektiv namens Norman Fell engagiert hat, die Männer zu finden, die sie für den Tod ihres Sohnes verantwortlich machte.« Carson konnte sein Lächeln nicht unterdrücken.
    »Das ergibt alles keinen Sinn«, sagte ich.
    »Warum sagen Sie das, Mr. McGill?«
    »Der Junge ist vor siebzehn Jahren gestorben. Wie kommt es, dass sie plötzlich aus heiterem Himmel anfängt, diese Männer zu suchen?«
    »Sie hat es erst vor kurzem erfahren«, sagte Carson. »Als Thom noch ein Junge war, wurde sie von ihren Eltern und dem Vater ihres Sohnes in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Es heißt, sie sei schizophren. Ihr Freund Lloyd zog weg und behielt den Jungen. Als Thom dann später ums Leben kam, ließ er Lana über ihre Mutter mitteilen, er sei an einer Lungenentzündung gestorben. Aber als der Vater vor sechs Monaten starb, hinterließ er einen Brief für Lana, in dem er ihr die Einzelheiten, die zum Tod des Jungen geführt hatten, mitteilte, soweit er sich daran erinnerte. Beigelegt war ein Brief des Detective, der die Ermittlungen geleitet hatte. Es war nicht viel. Aber für Sie war es wohl genug, um die Männer aufzuspüren, nachdem Fell Ihnen die Spitznamen gegeben hatte. Wie sind Sie übrigens an die versiegelten Akten gekommen?«
    Ich hatte nicht vor, seinen entehrten Partner zu beschuldigen, war mir jedoch ziemlich sicher, dass er einen Verdacht hatte.
    »Fell hat Lana Hull die Namen genannt, und sie hat sie an Willie weitergegeben«, fuhr Carson fort. »Die beiden waren sich sehr nahe gekommen, als sie nach einem Rückfall wieder in der Klapse saß. Drei der Männer tötete Willie selbst. Dann ließ er seinen Cousin jemanden dafür bezahlen, den Typ, den sie Toolie nannten, im Gefängnis niederzustechen. Toolie ist übrigens tot, Herzinfarkt. Es wird trotzdem als Mordfall
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