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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich
Autoren: Shirley Marr
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unser Schicksal: Sie müssen bestraft werden.
    Mum war nicht da. Sie war seit zwei Wochen unterwegs. Ich hatte keine Ahnung, wo sie steckte oder bei wem. Durch ihren superwichtigen Job kommt sie immer viel rum und muss öfter mal von heute auf morgen irgendwohin fliegen.
    Jetzt ist sie endlich zurück, aber nun ist es zu spät. Ich glaube, ich darf das so sagen. Sie hätte von Anfang an für mich da sein sollen.
    Ich weiß, dass sie am Boden zerstört sein wird, weil ich nun nicht an den Prüfungen teilnehmen kann. Sie hätte es gern gesehen, wenn ich auf eine renommierte Universität gegangen wär e – also auf dieselbe wie sie. Ich will meine Abschlussprüfungen nächstes Jahr nachholen. Falls sie mich lassen. Ob man den Abschluss machen darf, wenn man im Gefängnis sitzt?
    Dr . Fadden hat uns schon verklickert, dass wir in ein richtiges Gefängnis kommen werden, nicht in irgendeinen kuscheligen Jugendknast oder in die Jugendpsychiatrie. Da wird uns auch ein Antrag auf Unzurechnungsfähigkeit nichts nützen. Er sagt, dass wir die ganze Härte des Gesetzes zu spüren bekommen werden und dass wir ja gar nicht wüssten, wie hart das Gesetz sein könne. Das Gesetz schere sich nicht darum, ob wir noch Kinder seien. Wir hätten eine Straftat begangen, und darum würden wir auch wie Erwachsene behandelt werden.
    Mir ist klar, dass Dr . Fadden mich für eine verzogene Göre hält. Und ich gebe ihm sogar Recht. Aber auch wenn er mir dringend eine Lehre erteilen wil l – in meinen Augen ist es längst noch kein Verbrechen, in einem sauteuren Haus zu wohnen, mindestens fünfundsechzig Paar Schuhe zu besitzen, eine eigene Kreditkarte und einen Sportwagen, sobald ich meinen Führerschein habe. Ich weiß genau, welche Art von Denkzettel er mir verpassen will. Ich kenne Typen wie ih n – Typen, die auf der anderen Seite der Mauer leben. Er hat absolut keine Ahnung von mir.
    Höchste Zeit, euch Dr . Fadden vorzustellen: Ich dachte, ich hätte ihn vergangene Nacht zum letzten Mal gesehen, als er mich in die Mangel genommen hat. Zu meinem Entsetzen habe ich heute Morgen herausgefunden, dass er mein Betreuer in diesem Fall ist. Er ist ziemlich fies und abgebrüht, obwohl er noch so jung aussieht und immer wieder betont, er sei genau genommen gar kein Bulle. Er sagt, er sei Anthropologe. Vielleicht denkt er ja, er bräuchte mich nur lange genug zu erforschen, bis sich ihm die Wahrheit offenbart.
    Vielleicht hofft er auch, dass er zum Superbullen befördert wird, wenn er den Fall knackt und uns lebenslang hinter Gitter bringt. Keine Ahnung, wie viel man heutzutage als Anthropologe verdient. Wahrscheinlich nicht viel.
    Da der Doktor ja bereits weiß, dass ich schuldig bin, muss er bloß noch herausfinden, was genau ich getan habe. Ich gehe mal schwer davon aus, dass die Polizei mehr als einen Fingerabdruck auf dem Messer gefunden hat. Ich bin entschlossen, Dr . Fadden abgrundtief zu hassen. Er wird das mit mir genauso machen und er wird versuchen, mich gegen meine Freundinnen aufzuhetzen, bis wir die Nerven verlieren und uns gegenseitig in den Rücken fallen. Aber ich durchschaue sein Spielchen. Schließlich fällt der Apfel nicht weit vom Stamm. Und ich bin nun mal die Tochter der berühmtesten Anwältin im ganzen Lan d – auch bekannt als „Electra Boans, die Sexbombe der Gerechtigkeit“.
    „Lassen Sie uns alles noch mal der Reihe nach durchgehen“, sagt Dr . Fadden. „Gibt es noch irgendetwas, was Sie mir erzählen möchten?“
    Ich lege meine Stirn auf die Tischplatte.
    „Das hilft nicht“, sagt Dr . Fadden überflüssigerweise.
    Wir sitzen in einem echt ekelhaften, runtergekommenen Zimmer. Darin stehen ein Metalltisch und Stühle, die so alt und hässlich sind, dass es wahrscheinlich sogar den Einwohnern von Middlemore zu peinlich wäre, sie als Sperrmüll auf die Straße zu stellen. An der Decke hängt eine dieser Neonröhren, die flackern und dabei so ein summendes Geräusch machen. In ganz East Rivermoor gibt es kein einziges Haus mit so einer Neonröhre. Also ich muss sagen, dass mich das alles nicht sonderlich beeindruckt.
    „Warum befragen Sie mich eigentlich?“, will ich wissen. „Ich dachte, Sie sind Anthropologe. Sollten Sie sich dann nicht lieber um die Leiche kümmern, anstatt um mich?“
    „Reine Sparmaßnahme“, antwortet Dr . Fadden seelenruhig. „Davon abgesehen haben wir die Leiche bereits untersucht.“
    „Ach ja?“
    „Wer auch immer für diese Tat verantwortlich ist, hat so fest zugestochen,
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