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Testobjekt Roter Adler

Testobjekt Roter Adler

Titel: Testobjekt Roter Adler
Autoren: K. H. Scheer
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Prolog
     
    Mr. Fred F. Kel­ins­ky, In­ha­ber ei­nes klei­nen La­dens am west­li­chen Ran­de der Stadt Me­di­na, Ohio, konn­te sich ge­nau an den Tag er­in­nern, als Mrs. Cla­ra Po­ter­lee mit ih­rem ur­al­ten Fahr­rad er­schi­en, um ihn mit krei­schen­der Stim­me zu er­su­chen, ihr ein neu­es Ven­til in das Vor­der­rad ein­zu­bau­en, denn das un­brauch­bar ge­wor­de­ne Ge­gen­stück ha­be sie im­mer­hin erst vor sechs Jah­ren bei ihm für teu­res Geld ge­kauft und des­halb hät­te sie An­spruch auf kos­ten­lo­sen Er­satz.
    Kel­ins­ky, ein ge­plag­ter Mann mit sie­ben Kin­dern und we­nig Ein­kom­men, denn sein La­den lag zu un­güns­tig weit jen­seits der großen Haupt­stra­ße nach Cle­ve­land, hat­te seuf­zend nach­ge­ge­ben.
    Mrs. Po­ter­lee hat­te ih­re drei Ehe­män­ner bei vol­ler Ge­sund­heit über­lebt und je­des­mal drei bis vier Mil­lio­nen Dol­lar in Sach­wer­ten und Ak­ti­en ge­erbt.
    Den­noch haus­te sie in ei­ner Hüt­te na­he dem städ­ti­schen Müll­ab­fuhr­platz. Sie war der Auf­fas­sung, ih­re zahl­rei­chen Lu xus­vil­len soll­te man doch bes­ser ver­mie­ten.
    Sie be­saß auch kein Kraft­fahr­zeug, son­dern be­half sich mit ei­nem Fahr­rad, das ihr der But­ler ih­res letz­ten Ehe­man­nes kurz vor sei­ner pa­nik­ar­ti­gen Flucht aus Clar­as Ein­fluß­be­reich ge­schenkt hat­te.
    Mrs. Po­ter­lee war der Geiz in Per­son. Sie trug ge­brauch­te Klei­der und such­te auf dem Schutt­platz nach nicht völ­lig ent­leer­ten Zahn­pa­sta­tu­ben, denn ihr Ge­biß war so be­nei­dens­wert ge­sund wie ihr ha­ge­rer, un­glaub­lich zä­her Kör­per. Krank­hei­ten kann­te sie trotz ih­rer zwei­und­neun­zig Jah­re nicht.
    Sie kauf­te ge­ne­rell nur Le­bens­mit­tel aus Son­der­an­ge­bo­ten, dar­un­ter vor­dring­lich Wa­ren, die we­gen des über­schrit­te­nen Ver­falls­da­tums von an­de­ren Men­schen nicht mehr er­wor­ben wur­den.
    So hat­te sie an­läß­lich der Fahr­radre­pa­ra­tur in Kel­ins­kys La­den fünf große Do­sen Schild­krö­ten­sup­pe ent­deckt, die sich der Händ­ler vor über ei­nem Jahr von ei­nem re­de­ge­wand­ten Ver­tre­ter hat­te an­dre­hen las­sen. Be­reits ei­ne Se­kun­de nach dem Ver­schwin­den des Ver­tre­ters hat­te Kel­ins­ky ge­wußt, daß er sei­ner Kund­schaft nie und nim­mer ei­ne der­ar­ti­ge De­li­ka­tes­se für 6,95 das Stück ver­kau­fen konn­te. Trotz­dem hat­te er tag­täg­lich auf einen be­gü­ter­ten Frem­den ge­war­tet, der aber nie er­schie­nen war.
    In­fol­ge­des­sen war der In­halt der fünf Ein­li­ter­do­sen laut Dec kel­prä­gung am 2. Mai 2010 ver­fal­len und un­ge­nieß­bar ge­wor­den, denn un­ter dem Her­stel­lungs­da­tum vom 2. Ja­nu­ar 2010 stand au­ßer­dem, die Kon­ser­ve sei höchs­tens vier Mo­na­te lang halt­bar und »zum als­bal­di­gen Ver­brauch be­stimmt«. Da­nach wür­de sich das Do­sen­ma­te­ri­al auch im un­ge­öff­ne­ten Zu­stand bio­lo­gisch zer­set­zen, denn die Her­stel­ler­fir­ma le­ge größ­ten Wert dar­auf, zur Be­he­bung der ka­ta­stro­pha­len Um­welt­ver­schmut­zung bei­zu­tra­gen.
    Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­li­en die­ses welt­um­span­nen­den Groß­kon­zerns, der »All Food World Cor­po­ra­ti­on«, kurz AFC ge­nannt, wa­ren mit ei­nem neu­ar­ti­gen bio­lo­gi­schen Wirk­stoff ver­se­hen, der zwei be­son­de­re Ei­gen­schaf­ten be­saß.
    Nach dem Öff­nen ei­ner Kon­ser­ven­do­se oder nach dem Auf­riß ei­ner Sei­fen­pul­ver­ver­pa­ckung, denn die AFC stell­te au­ßer Nah­rungs­mit­teln im Zu­ge ih­res gi­gan­ti­schen Ex­pan­si­ons­pro­gramms auch zahl­rei­che Ver­brauchs­gü­ter her, un­ter­la­gen die da­für ver­wen­de­ten Kunst­stoff­hül­len ge­ne­rell zwei Wo­chen spä­ter ei­nem bio­che­mi­schen Zer­fallspro­zeß in­fol­ge künst­lich hin­zu­ge­füg­ter Fäul­nis­kul­tu­ren.
    Das war iden­tisch mit ei­ner na­tur­ge­ge­be­nen Ver­rot­tung der bis­lang so schwer zu ver­nich­ten­den Kunst­stof­fe, die oh­ne die­sen streng ge­hei­men Bak­te­ri­en­zu­satz für al­le Zei­ten die Um­welt ver­schmut­zen und be­las­ten wür­den.
    Durch die­se »Selbst­ver­nich­tungs-Ver­ede­lung«
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