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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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konnte, waren die Wetterbedingungen am Hochzeitstag. Zwar hatten die Meteorologen gelegentliche Niederschläge, heftige Böen und vereinzelte Gewitter angekündigt; dass aber der Himmel beschließen würde, eine Generalprobe für den Jüngsten Tag anzusetzen, damit hatte keiner gerechnet. Kaum einem der Hochzeitsgäste ist es gelungen, die wenigen Meter über den Rathausplatz trockenen Fußes zurückzulegen. Selbst Schirme konnten den vom Wind in alle möglichen Richtungen gepeitschten Regen nur bedingt bändigen.
    Inzwischen sitzen alle mehr oder minder durchnässt und mehr oder minder genervt im Festsaal des Rathauses. Der Standesbeamte versucht, das draußen grollende Gewitter zu übertönen. Sein Vortrag handelt von Vertrauen, Liebe und Respekt. Eigentlich will er den künftigen Eheleuten Mut machen, in der aktuellen Lautstärke und mit dem Donner als Hintergrundmusik hören sich seine Ratschläge allerdings ziemlich apokalyptisch an.
    Die Jaworte von Günther und Iggy gehen später ebenfalls im krachenden Gewitter unter. Ich hoffe, dass niemand der anwesenden Gäste das als schlechtes Vorzeichen wertet. Insbesondere hoffe ich das auch vom extrem abergläubischen Bräutigam.
    Als wir nach der Zeremonie den Rathausplatz betreten, sehe ich gerade noch, dass die beiden von mir engagierten weißen Tauben erst mit Wucht gegen die Rathausfassade und dann hoch über die angrenzenden Häuser geweht werden, hinter denen sie auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Glücklicherweise hat diesen vorläufigen romantischen Höhepunkt praktisch niemand zur Kenntnis genommen, weil alle damit beschäftigt sind, sich vor Wind und Regen zu schützen.
    Rasch werden die bereitstehenden Pkw bestiegen, die uns ins Pan Tao bringen sollen. Die Brautjungfern, also Iggys Kolleginnen Sandra und Lin, dürfen, ebenso wie Günthers Eltern und Iggys Mutter, in der Stretchlimousine mitfahren. Das führt nun zu Diskussionen, weil auch Günthers Bruder nebst Frau sowie der Lebensgefährte von Iggys Mutter nebst Iggys Quasihalbschwester in der Limousine Platz nehmen möchten. Um des lieben Friedens willen rückt man zusammen, was nun den Fahrer auf den Plan ruft, da die Limousine nur für acht Personen zugelassen ist. Derweil sich die erst seit knapp zehn Minuten verwandten Familien in die Haare kriegen, suchen Schamski, Bronko und ich schon mal das Weite. Zum einen möchten wir uns vom ordnungsgemäßen Zustand des Jahrgangschampagners im Pan Tao überzeugen, zum anderen will ich es vermeiden, dem Taubenbesitzer in die Arme zu laufen. Der hatte mir vor der Zeremonie nämlich gesagt, wenn der Wind zu stark sei, kämen seine gefiederten Lieblinge nicht zum Einsatz, worauf ich ihm gedroht hatte, ihn dann vor den Kadi zu zerren. Ich könnte mir vorstellen, dass er deshalb vielleicht nicht gut auf mich zu sprechen ist.
    Als wir im Pan Tao eintreffen, ist Frau Hoffmann bereits dort. Ich habe keine Ahnung, wie sie das gemacht hat, denn ich hätte schwören können, sie eben noch bei Schlichtungsverhandlungen an der Stretchlimousine gesehen zu haben. Frau Hoffmann hat bereits die für den Abend engagierten Kellnerinnen ausführlich instruiert. Schamski, Bronko und ich werden von den jungen Damen mit Champagner versorgt.
    Ein paar Minuten später ist anhand eines Tumults vor dem Lokal unschwer zu erkennen, dass das frischvermählte Paar samt Anhang eingetroffen ist. Günthers Bruder Konrad und Gattin Sybille betreten zuerst das Pan Tao, es folgen Günthers Eltern, dann das sichtlich genervte Brautpaar, schließlich Iggys Mutter nebst Lebenspartner und Quasistieftochter. Rasch werden alle mit Champagner versorgt, damit sie beschäftigt sind und sich nicht wieder ankeifen. Ich bemerke, dass Iggys Kolleginnen Sandra und Lin fehlen, und vermute, dass diese aus diplomatischen Gründen auf einen anderen Wagen ausweichen mussten.
    Günthers älterer Bruder Konrad mokiert sich nochmal ausführlich über die seiner Ansicht nach doch mehr als unglückliche Wahl der Stretchlimousine. Ein Modell mit zwölf statt nur acht Plätzen hätte schließlich zu keinen logistischen Problemen geführt, schade, dass da niemand mitgedacht habe, so sein Resümee. Während Konrad mühe- und nahtlos den Übergang zu einem kleinen Vortrag über seine grundsoliden Wertvorstellungen und seine nicht hoch genug einzuschätzende gesellschaftliche Rolle als mittelständischer Versicherungsmakler findet, sehe ich, dass Schamski innerlich bereits warmläuft, um Konrad mit Schwung in die Parade zu
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