Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Man nehme: dich und mich

Man nehme: dich und mich

Titel: Man nehme: dich und mich
Autoren: Jessica Bird
Vom Netzwerk:
hoch eingestellt hatte. Was für ein dummer, unnötiger Fehler …
    “Frankie?”
    Sie spürte, dass Joy und George sie hoffnungsvoll anstarrten, als könne sie mit einer Handbewegung ein perfekt gebratenes, saftiges Huhn herbeizaubern. Widerwillig hob sie den Kopf. “Ja, schon gut”, murmelte sie. “Lasst mich nachdenken.”
    Sie brauchten Ersatz für die Hähnchen. Hatten sie noch eins in der Kühlkammer? Nein, nur große Rinderstücke, die erst filetiert werden mussten. Und tiefgefroren? Zum Auftauen blieb keine Zeit. Reste. Was gab es an Resten? Ließ sich daraus etwas …
    Ein lautes Klopfen an der Hintertür unterbrach ihre Gedanken.
    Joy schaute sie fragend an.
    “Mach auf”, befahl sie ihrer Schwester. “George, du bringst den Littles noch mehr Brot.”
    Sie selbst ging in die Kühlkammer und durchsuchte hektisch die Regale, in der Hoffnung, Ersatz für die Hähnchen zu finden.
    Als Joy ein überraschtes “Hallo!” hören ließ, sah Frankie über die Schulter – und erstarrte.
    Ein Riese hatte die Küche betreten.
    Der Mann war mindestens so groß wie George, wenn auch nicht so breit. Ganz im Gegenteil: Wo George nur Masse war, schien der Fremde Muskeln zu haben – und auch sonst war er unglaublich attraktiv.
    Mit seiner abgetragenen schwarzen Lederjacke und dem fadenscheinigen Rucksack sah er aus wie ein Wanderarbeiter, doch er wirkte ziemlich selbstsicher.
    Sein dichtes schwarzes Haar trug er relativ lang, und sein etwas abgerissener Aufzug passte nicht so recht zu seinen geradezu aristokratischen Gesichtszügen, die man sonst eher bei Marmorskulpturen von Michelangelo sah. Das Faszinierendste aber waren seine Augen: groß und dunkel, umrahmt von langen Wimpern.
    Und der Blick aus diesen Augen ruhte auf ihrer Schwester.
    Joy war außerordentlich zierlich und schaute zu diesem Riesen auf wie ein staunendes Kind. Frankie konnte sich das strahlende Lächeln ihrer Schwester nur zu gut vorstellen, es war also kein Wunder, dass der Fremde wie vor den Kopf geschlagen dastand. Jeder Mann, der diese Bezeichnung verdiente, musste einfach hingerissen sein, wenn eine blonde, engelhafte Frau ihn so anhimmelte.
    Na wunderbar. Das hatte ihr gerade noch gefehlt: ein verirrter Tourist, der nach dem Weg fragte – oder, noch schlimmer, ein Wanderarbeiter, der einen Job suchte. Es war schon schlimm genug, Joy und George bei der Stange zu halten. Noch ein planloser “Helfer”, und sie würde sich die Kugel geben.
    “Guten Abend, Engelchen”, sagte der Fremde. Er wirkte etwas verwirrt, als hätte er noch nie ein Geschöpf wie Joy gesehen.
    “Also, eigentlich heiße ich Joy.” Frankie hörte an der Stimme ihrer Schwester, dass sie tatsächlich lächelte.
    Besser, sie ging dazwischen, bevor der Fremde noch mitten in der Küche dahinschmolz.
    “Können wir was für Sie tun?”, fragte sie scharf.
    Stirnrunzelnd wandte sich der Mann von Joy ab und Frankie zu. Als er sie ansah, traf sie der Blick aus diesen unglaublichen Augen unvorbereitet, und sie musste schlucken. Dieser Mann war weder langsam noch schwer von Begriff. Ganz im Gegenteil. Sie hatte das Gefühl, dass er sie scharfsichtig taxierte – und er ließ sich alle Zeit der Welt dabei.
    Peinlicherweise wurde sie rot – doch dann machte sie sich klar, dass sie irgendwie ein Abendessen auf den Tisch bringen, ihre wenig nützlichen Mitarbeiter motivieren und ihr Restaurant führen musste. Im Gegensatz zu ihrer kleinen Schwester konnte sie sich nicht den Luxus erlauben, tagelang einen Wildfremden anzustarren.
    Auch wenn der es wirklich wert war …
    “Nun?”, fragte sie kühl.
    “Ich bin etwa drei Kilometer von hier mit dem Wagen liegen geblieben und müsste mal telefonieren”, sagte er.
    Also war er nur auf der Durchreise. Sehr gut.
    “In meinem Büro ist ein Telefon. Ich zeig’s Ihnen.” Frankie schloss die Tür zur Kühlkammer hinter sich.
    “Danke.” Als er auf sie zukam, verzog er schmerzerfüllt das Gesicht, doch dann fiel sein Blick auf die verkohlten Hähnchen, und er lachte. “Ach je, arbeitet Ihr Koch in der Freizeit als Brandstifter? Oder ist es andersrum?”
    Wortlos von zehn rückwärts zählend fixierte Frankie seine Halsschlagader und stellte sich vor, was ein wohlgezielter Messerstich dort anrichten konnte. Dieser unverschämte Mensch wagte es, ihre kostbare Zeit mit dummen Witzen zu verschwenden!
    Mühsam beherrscht wollte sie ihn gerade ins Büro abdrängen, als die Tür zum Speisesaal aufflog und George mit noch immer vollem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher