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MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)

MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)

Titel: MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
Autoren: Matthias Jösch
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erste.
    „Was war das denn?“, flüsterte Adrian.
    Sebastian antwortete nicht.
    Eine Frau kreischte. Nun sahen sie den zusammengesackten Mann zwei Reihen weiter. Seine Begleiterin blickte Hilfe suchend um sich, während der Mann sich auf seinem Stuhl in unnatürlichen Zuckungen wand. Etwas Silbernes glänzte an seinem Hals, und ein roter Fleck breitete sich auf dem Hemdkragen aus. Sebastian starrte auf die Stelle: „Blut …“
    Jetzt beugte sich die Frau über ihren Begleiter und hielt seinen Kopf. Das Zucken des Mannes und die Musik im Orchestergraben hörten gleichzeitig auf. Sebastian sah die fragenden Blicke der Menschen, viele standen auf, drehten sich ratlos um oder redeten mit den Sitznachbarn. Die meisten Zuschauer konnten nicht erkennen, was im Parkett passiert war. Einige setzten sich wieder und warteten, andere strebten zu den Ausgängen.
    Beim Anblick des Blutes schaute Adrian zu seinem Freund. Wenige Meter entfernt starrte die Frau ihn mit aufgerissenen Augen an. Die Leere ihres Blickes füllte sich mit Angst und maßloser Panik.
    Adrian suchte den Blick von Wallenschweder, doch der betrachtete regungslos das unwirkliche Szenario. Mittlerweile strömten große Teile des verwirrten Publikums zu den Ausgängen, als Adrian die Situation zusammenfasste: „Der Mann wurde ermordet!“

New York, vor einiger Zeit
    Im Souterrain der Kanega Bank in Manhattan befand sich der Lebensmittelpunkt von Yasuhiro Atakamo. Die grauen Räume im düsteren Zwielicht hatte er bei seiner Entsendung vor sechs Jahren ausgewählt, weil sie zu ihm passten. Yasuhiro Atakamo lebte ruhig und unauffällig.
    Die eigentliche Ursache für seine Zurückgezogenheit lag in seiner Vergangenheit. Atakamo hatte Dinge getan, die sein Arbeitgeber nicht wusste und die der auch nie erfahren durfte. Wären der Zentrale in Tokio Details aus jener Zeit bekannt geworden, dann hätte man ihn dorthin zurückgeschickt, wo er herkam: in die Gosse.
    Er wohnte in einem winzigen Appartement in der Nähe der Bank. Eigentlich war das ein überflüssiger Luxus, denn Yasuhiro Atakamo arbeitete mindestens 15 Stunden, meist zwischen sechs Uhr abends und neun Uhr morgens. Er war ein Nachtmensch und ließ tagsüber seine Mitarbeiter die Routineaufgaben erledigen, während er sich nachts den strategischen Fragen des IT-Bereichs widmete. Und den Dingen, von denen niemand wissen durfte.
    Als die Entscheidung der japanischen Geschäftsführung für eine Niederlassung in New York getroffen worden war, mietete man drei Etagen und die Kellerräume eines 20-stöckigen Gebäudes im Finance District von Manhattan. Bald folgten die Mitarbeiter. Die
    Inhaber von Schlüsselpositionen mussten Erfahrung im Mutterhaus vorweisen und das Vertrauen der vier Geschäftsführer genießen. Diese Voraussetzungen erfüllte Atakamo, und seine Bewerbung auf die Position des IT-Leiters und IT-Sicherheitschefs der neuen Niederlassung hatte Erfolg.
    Yasuhiro Atakamo nahm nach der Übersiedlung das Gebäude gründlich unter die Lupe und bezog schließlich Quartier im Keller mit seinen beiden Mitarbeitern: Hugh Cromer für den IT-Support und Mike Porter in der IT- und Netzwerktechnik. Einhundert Mitarbeiter repräsentierten seitdem das Kanega-Geschäft in den Vereinigten Staaten.
    Von seinen vierzig Lebensjahren war Yasuhiro Atakamo neun Jahre Bankangestellter gewesen. Vor Beginn seines offiziellen Lebenslaufs hatte er einen anderen Weg beschritten. Im Alter von zehn Jahren lief er von zu Hause weg und schlug sich in Tokio durch. Da er keine Ausbildung hatte, musste er sich mit Fälschungen behelfen. Fälschungen von Schulzeugnissen, des Universitätsdiploms, Arbeitszeugnissen, Sozialversicherungsnachweisen und sogar des Führerscheins. Seine Computerkenntnisse waren ihm damals bei der Erstellung eines arbeitgeberkompatiblen Avatars von großem Nutzen gewesen.
    Während des dreitägigen Einstellungstestmarathons bei der Kanega Bank hatte er die Prüfer mit überlegenem Können auf dem Gebiet „Netzwerk und IT-Sicherheit“ in Verlegenheit gebracht. Wegen dieser Leistungen verzichtete man auf weiteres Herumschnüffeln in seiner Vergangenheit und stellte ihn sofort ein. Das wirtschaftliche Überleben Atakamos in den zwanzig Jahren davor hatte allerdings auf wackligen Beinen gestanden. Seine ungeteilte Leidenschaft galt Computern, Software, Hardware und deren Vernetzung. Mit einem angeborenen Verständnis für diese Materie lernte er schnell, auch wenn er das notwendige Material stehlen
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