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Malory

Malory

Titel: Malory
Autoren: 08. Gefangener des Herzens
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es ihm zustand.
    Jedenfalls hatte er sie mit seiner Angst angesteckt, daher war sie in den Bauch des Schiffes gerannt. Die Lebensmittelfässer, von denen Avery gesprochen hatte, waren leicht zu finden und mittlerweile fast alle leer, denn sie näherten sich ihrem Ziel in der Karibik. In wenigen Tagen wären sie in den Hafen von St. George auf Grenada gesegelt, dem letzten bekannten Aufenthaltsort ihres Vaters, von dem aus sie die Suche nach ihm beginnen wollte.
    Obwohl sie nur schöne Erinnerungen an ihn hatte, kannte sie Nathan Brooks nicht besonders gut, doch nach dem Tod ihrer Mutter war er alles, was ihr geblieben war. Sie hatte nie daran gezweifelt, dass er sie liebte, auch wenn er nur selten längere Zeit bei ihr zu Hause gewohnt hatte. Einen Monat, vielleicht auch mehrere am Stück und in einem Jahr sogar einen ganzen Sommer – doch dann vergingen manchmal Jahre ohne einen Besuch von ihm. Nathan war Kapitän und Eigner eines Handelsschiffes und trieb einen sehr profitablen Handel mit den Westindischen Inseln. Er schickte Geld und extra-vagante Geschenke nach Hause, ließ sich selbst aber nur selten blicken.
    Er hatte versucht, seine Familie zu sich zu holen, aber Carla, Gabrielles Mutter, wollte nichts davon hören. Ihr ganzes Leben war England ihre Heimat gewesen. Zwar hatte sie keine Familienangehörigen mehr, doch alles, was sie schätzte, und all ihre Freunde waren dort. Zudem hatte sie Nathans Beschäftigung mit dem Seehandel nie gutgeheißen. Handel. Das Wort hatte sie stets mit Verachtung ausgesprochen. Auch wenn sie selbst keinen Titel führte, hatte sie so viele Adelige in ihrem Stammbaum, dass sie auf alle, die sich mit Handel be-fassten, hinabschaute, selbst auf ihren eigenen Mann.
    Es war ein Wunder, dass die beiden überhaupt geheiratet hatten. Wenn sie zusammen waren, vermittelten sie nämlich nicht den Eindruck, einander besonders zu mögen. Jedenfalls wollte Gabrielle ihrem Vater gegenüber niemals erwähnen, dass seine lange Abwesenheit Carla dazu verleitet hatte, eine
    . . ach, sie konnte sich nicht einmal dazu bringen, das Wort zu denken, geschweige denn, es zu sagen. So peinlich berührt war sie von ihren eigenen Vermutungen. Doch in den vergangenen Jahren war Albert Swift ein regelmäßiger Gast in ihrem zwei-stöckigen Landhaus am Rande von Brighton gewesen, und wenn er in der Stadt war, hatte Carla sich stets aufgeführt wie ein Schulmädchen.
    Als seine Besuche aufhörten und das Gerücht aufkam, er mache in London einer reichen Erbin den Hof, veränderte Gabrielles Mutter sich drastisch. Über Nacht wurde sie zu einer verbitterten Frau, die einem Mann nachtrauerte, der ihr gar nicht gehört hatte.
    Ob er Carla Versprechungen gemacht hatte, oder ob Carla die Absicht gehabt hatte, sich von ihrem Ehemann scheiden zu lassen, wusste niemand, doch als Albert seine Aufmerksamkeit einer anderen Frau zuwandte, schien Carlas Herz gebrochen zu sein. Sie verhielt sich ganz wie eine betrogene Frau, und als sie zu Beginn des Frühjahres krank wurde und ihr Zustand sich verschlimmerte, hatte sie sich keinerlei Mühe gegeben, wieder gesund zu werden. Sie hatte die Ratschläge des Arztes ignoriert und kaum noch etwas zu sich genommen.
    Den Verfall ihrer Mutter mit ansehen zu müssen, war für Gabrielle sehr bedrückend gewesen. Auch wenn sie Carlas Schmachten nach Albert und ihren Unwillen, mehr zur Rettung ihrer Ehe zu unternehmen, nicht guthieß, hatte sie ihre Mutter von Herzen lieb und tat alles Erdenkliche, um sie aufzuheitern. Sie schmückte das Zimmer ihrer Mutter mit Blu-men aus der ganzen Umgebung, las ihr laut vor und bestand sogar darauf, dass die Haushälterin Margery einen guten Teil des Tages an ihrem Bett verbrachte. Margery war eine echte Plaudertasche, und normalerweise war es recht lustig, ihr zu-zuhören. Sie war eine Frau in den besten Jahren mit leuchtend rotem Haar, lebhaften blauen Augen und einer Unmenge von Sommersprossen, eigensinnig, nicht auf den Mund gefallen und von Aristokraten alles andere als eingeschüchtert. Außerdem war sie sehr fürsorglich und sah Carla und Gabrielle als ihre Familie an.
    Gabrielle glaubte, ihre Mühen würden belohnt und der Le-benswille ihrer Mutter kehre zurück. Ihre Mutter hatte sogar wieder angefangen zu essen und aufgehört, von Albert zu sprechen. Daher war Gabrielle zutiefst verzweifelt, als sie dann mitten in der Nacht plötzlich entschlief. Gabrielles persönlicher Meinung nach war sie »vor Gram vergangen«, denn von der Krankheit
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