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Malory

Malory

Titel: Malory
Autoren: 08. Gefangener des Herzens
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zwei Piraten sich ihm näherten, ihn an den Armen packten und zur Reling schleiften. Sie rechnete fest damit, dass man ihn über Bord werfen würde. Doch der Mann blieb bei seiner Meinung und verfluchte die Piraten so lange, bis sie seinen Kopf so fest gegen die Reling knallten, dass er ohnmächtig wurde. Die Seeräuber brachen in brüllendes Gelächter aus. Gabrielle fand es kein bisschen lustig, einen Mann glauben zu lassen, dass er sterben würde und ihn dann doch nicht zu töten – diese Piraten offenbar schon.
    Der Amerikaner wurde auch tatsächlich noch ins Wasser geworfen, allerdings erst am nächsten Tag, als Land in Sicht kam. Es handelte sich zwar nur um eine unbewohnte Insel, doch immerhin war es fester Boden. Er würde am Ende wohl ohnehin sterben, aber er erhielt wenigstens eine Chance. Vielleicht gelang es ihm sogar, die Aufmerksamkeit eines vorbei-fahrenden Schiffes zu erregen und gerettet zu werden. Das war ein besseres Schicksal, als Gabrielle es ihm bei seiner Schimpftirade gegen die Piraten vorausgesagt hätte.
    Später am Tag erreichten sie eine andere Insel, die ebenfalls unbewohnt zu sein schien. Sie segelten in das kristallklare Wasser einer breiten Bucht. Fast genau in der Mitte befand sich eine weitere kleine Insel. Doch beim Näherkommen erkannte Gabrielle, dass es sich gar nicht um eine Insel handelte, sondern um ein schwimmendes Dickicht aus zumeist toten Bäumen und dicht wachsenden Pflanzen. Diese gediehen größtenteils auf Morast und anderen Überresten, die sich wiederum auf Holzbrettern – nicht auf Land – türmten. Fast wirkte das Ganze wie ein überfüllter Kai, doch es war ein undurchdringliches Gewirr, angelegt, um die auf der Rückseite ankernden Schiffe vor allem, was auf dem Ozean vorüberse-gelte, zu verbergen.
    Die Quarantäneflagge flatterte über den zwei Wracks, die gerade dort lagen, was anzeigte, dass es an Bord eine Krankheit gegeben hatte, die auch für den verwahrlosten Eindruck verantwortlich sein mochte.
    Die Piraten brauchten nicht lang, um ihr eigenes Schiff ebenso aussehen zu lassen, dann wasserten sie die kleinen Ruderboote, brachten die Gefangenen an Land – und hissten an ihrem Mast ebenfalls die Quarantäneflagge. Da begriff Gabrielle, dass alles nur eine List war, um andere Boote, die sich womöglich in die Bucht verirrten, davon abzuhalten, die ver-lassenen Schiffe näher zu untersuchen.
    »Wo gehen wir hin?«, fragte Gabrielle den Piraten, der ihr und Margery aus dem Ruderboot half. Doch offenbar hielt er es nicht für nötig, ihr zu antworten. Er stieß sie einfach vor sich her.
    Damit begann ihr Marsch inseleinwärts. Es wurde nicht gewartet, bis alle vom Schiff herunter waren, doch glücklicherweise befand auch Avery sich in der Gruppe, die bereits angelandet war. Zum ersten Mal seit ihrer Gefangennahme hatten sie Gelegenheit, miteinander zu sprechen.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte er, während er neben ihr herging.
    »Ja, alles in Ordnung«, versicherte sie ihm.
    »Niemand hat sie ... angefasst?«
    »Ehrlich, Avery, mir fehlt nicht das Geringste.«
    »Gott sei Dank. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Das können Sie sich nicht vorstellen.«
    Gabrielle schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. »Man will Lösegeld für mich haben. Kapitän Brillaird hat mir er-klärt, dass ich zu wertvoll bin, deshalb wird mir nichts geschehen.« Sie deutete auf die klaffende Wunde an Averys Stirn.
    »Wie geht es Ihrem Kopf? Ich habe gesehen, dass Sie gestern bewusstlos waren.«
    Vorsichtig betastete er seine Verletzung. »Ach, das ist bloß eine Schramme.«
    Doch sein Zusammenzucken verriet Gabrielle, dass sie ihm wehtun musste. »So wie ich den Kapitän verstanden habe, will er für Sie ebenfalls Lösegeld fordern.«
    »Davon weiß ich nichts«, antwortete Avery seufzend.
    »Meine Familie ist nicht wohlhabend.«
    »Nun, dann werde ich mit meinem Vater reden, wenn er mich holt«, sagte sie. »Ich bin sicher, dass es ihm irgendwie gelingen wird, Sie ebenfalls freizubekommen.«
    Dabei war sie sich nicht einmal sicher, ob Nathan überhaupt aufgespürt werden konnte. Was geschah mit ihr und Avery, falls die Piraten ihren Vater nicht fanden?
    »Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte Avery. Dann setzte er hastig hinzu: »Aber hören Sie auf mich, Gabrielle. Man mag Sie beruhigt haben, doch nach dem, was ich den Unterhaltun-gen der Piraten entnehmen konnte, glaube ich, dass da, wo wir hingehen, noch mehr vom gleichen Schlage sind. Um heil hier herauszukommen, wäre es
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