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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita
Autoren: Claudio M. Mancini
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Bankdirektor oder ein Konzernmanager? Schon Lenin sagte: Wer nicht träumt, kann auch nicht Neues schaffen.«
    »Und? Verkaufen sich Ihre Bücher gut?«
    Knapp, schnörkellos und zielsicher hatte sie ihn mit einer einzigen Frage ausgehebelt. Cardone fühlte Ärger in sich hochkommen. »Leider nein.« Sein »Nein« klang unwirsch. Ihre Frage hatte ihn fühlen lassen, wie verwundbar er war, zumal er davon überzeugt war, dass außer seinem Freund Carlo niemand seine wahren Fähigkeiten schätzte. »Wenn man sich der Literatur verschrieben hat, landet man zwangsläufig in einem Haifischbecken. Talent, Phantasie, Kreativität und auch lebendige Leidenschaft, all das reicht alleine nicht aus, um Erfolg zu haben.«
    Rosanna zog überrascht die linke Augenbraue nach oben und kräuselte wieder ihre Nase. »Nicht?«
    »Es ist hilfreich, wenn der Verlag dem Publikum versichern kann, der Künstler sei von einer lesbischen Mutter aufgezogen worden und leide deshalb seit Jahren an Bulimie, während seine Schwester auf den Strich geht und der Vater wegen pädophiler Neigungen im Knast sitzt. Nur in diesem Zusammenspiel kann man in der Literaturszene groß herauskommen. Richtige Renner werden Bücher allerdings erst, wenn man zweiundzwanzig Jahre jung ist, weiblich, sexy und dann seine Memoiren schreibt. Es gibt zu viele Banausen, die gute Literatur nicht zu schätzen wissen.«
    Rosanna legte ihren Kopf leicht schräg und sah ihn forschend an. »Zahlen Sie mir jetzt das mit ihren bejammernswerten Schuhen heim? Sie klingen verbittert, mein Lieber.«
    »Ich bin nicht verbittert«, korrigierte er sie. »Ich sage die Wahrheit.«
    Ihr warmer Blick lag auf ihm und schien ihn versöhnen zu wollen. »Immerhin können Sie sich als Dichter und Denker in dem Gefühl sonnen, zur geistigen Elite zu gehören, auch wenn Sie keine Bankkredite bekommen. Aber das könnten Sie ändern, nicht wahr?« Rosanna zog ihren Rocksaum zurecht, der nach oben gerutscht war und ihren Oberschenkel enthüllt hatte. »Im Prinzip haben sie die Wahl, entweder Bücher zu verfassen, die den Zeitgeist treffen, um damit ihr Auskommen zu sichern, oder mit knurrendem Magen Hochanspruchsvolles zu veröffentlichen, das ohnehin die wenigsten Menschen lesen wollen. Im letzten Fall aber sollten Sie sich dazu entschließen, eine reiche Frau zu heiraten! Das wäre für Sie die ideale Lösung.«
    Cardone verschlug es die Sprache. »Bringen Sie mir noch einen Cappuccino, bitte«, rief er der vorbeieilenden Bedienung zu und versuchte, seine Verstimmung hinunterzuschlucken und seine Gedanken zu ordnen. Ihrer Spitzzüngigkeit war kaum etwas entgegenzusetzen. »Leute, die schreiben«, sagte er, »sind unheilbar. Haben Sie das gewusst?«
    Sie lachte schallend und schüttelte ungläubig den Kopf.
    Cardone blickte Rosanna fest in die Augen. »Oder trauen Sie mir zu, dass ich mich an den welken Busen einer nicht unvermögenden Muse werfe?«
    »Ach, kommen Sie! Wollen Sie aus ihrem Herzen eine Mördergrube machen? Hunger macht saure Bohnen süß.«
    »Damit würde ich mich selbst verraten«, antwortete er empört.
    »Ich wollte Sie doch nur ein wenig hochnehmen.« Rosanna legte ihre Hand versöhnlich auf seinen Arm und bedachte ihn mit einem tröstenden Blick. »Das Leben ist ungerecht, mein armer Poet! Auch für Verräter.«
    »Nicht nur das Leben, auch die Rezensenten sind es. Aber weshalb rege ich mich überhaupt auf? Schließlich hat jeder Schriftsteller das Recht, sich sein Werk von kompetenten Leuten erklären zu lassen.«
    »Womit kann ich Sie wieder versöhnen?«, Rosanna lachte, und in seinen Ohren klang es, als bedauere sie ihn.
    »Das Letzte, was ich bei Ihnen hervorrufen wollte, ist Mitleid«, entgegnete Cardone grob und entzog ihr brüsk seinen Arm. Aber schon im gleichen Moment bedauerte er seine grobe Zurückweisung.
    »Was haben Sie anderes erwartet? Alles, was Sie sagten, klang irgendwie enttäuscht, so als wollten Sie sich über die Welt beschweren. Sie sind ein kleiner Zyniker, Roberto, ein verletzter Individualist.«
    »Ich dachte, Sie mögen mich? Immerhin haben Sie meine Einladung angenommen.«
    »
Dio mio
, Roberto!« Auf Rosannas Stirn hatten sich zwei Falten eingegraben. »Ich sehe Ihnen an, dass ich Ihnen gefalle. Sie finden mich reizvoll und begehrenswert, und Sie tun alles, um mich zu beeindrucken. Aber ganz sicher bin ich nicht die Einzige in Bologna, die Ihnen gefällt. Ein Mann wie Sie findet im Handumdrehen eine gutaussehende Frau. Verstehen Sie mich richtig,
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