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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben
Autoren: George Zebrowski
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Wünsche erfüllt werden. Er wäre dann in der Lage, Margot zu unterstützen, ihr die Welt und viel mehr zu zeigen. Er gestand sich selbst ein, daß ihm das gefallen würde, und er haßte sich dafür. Falls seine Arbeit in Physik und Wissenschaftsphilosophie zu keinem Ergebnis führen sollte, dann würde ihm keine Wahl bleiben, als zu versuchen, innerhalb der Gesellschaft etwas zu erreichen – und wenn er das nicht schaffen sollte, dachte er voller Bitterkeit, dann wäre das Kissen wieder da, um ihn ein letztes Mal aufzufangen.
    Was blieb ihm sonst? Er beneidete die Weltraumkolonisten. Sie hatten wirkliche Arbeit zu leisten. Auf Asterom erwarteten sie voller Vorfreude eine Gesellschaft, die frei von Planeten war. Irgendwo mußte es etwas geben, dem er seine ganze Persönlichkeit widmen könnte – eine Aufgabe, in der er seine Liebe von Erkenntnissen mit konkreten Bedürfnissen koordinieren konnte, mit Zielen und menschlichen Bedürfnissen, die in sein Leben soviel Liebe und Fürsorge erfüllte, wie er sie für Margot empfand.
    Seine Familie zog ihn stärker zu Boden als die Erde, und er fragte sich, ob er sich davon jemals für eine lange Zeit befreien konnte. Ich muß mich aufmachen. Ich bin zwanzig Jahre alt und wache gerade erst auf. Ich muß für immer in meine Welt entkommen. Er sah zu der Bulero Orbital-Fabrik hinauf, die das Haus überflog. In einer Höhe von dreihundert Meilen und mit einer Umlaufdauer von zwei Stunden war sie der hellste Stern am Himmel. Als er ihren bekannten, trägen Weg verfolgte, überfiel ihn plötzlich das Gefühl, daß es zu spät für ihn war, daß all die Kräfte, die zur Zerschmetterung seiner Hoffnungen notwendig waren, sich bereits in Bewegung gesetzt hatten und aus der fernen Vergangenheit auf ihn zukamen und daß er den Augenblick irgendwie verpaßt hatte, in dem er seine Probleme hätte lösen können.
    Er holte noch einmal tief Luft, ließ sein Gesicht zu einer Maske erstarren und ging hinein.
     
    Rauch, wogend, sich drehend, grau und schwarz. Proteusartig sich verändernde Gestalten, die durch seinen immer dichter werdenden Fluß fliehen. Rostbraune Massen, in einem verzerrten Innenraum festgehalten. Aufquellende dichte Gebilde kämpfen um einen Fluchtweg durch immer enger werdende Erdspalten. Kalt war es in dem Traum. Sie bemühte sich, ihre Augen zu öffnen …
    Ein Leuchten verbreitete sich durch die Wolke und enthüllte einen Augenblick lang die titanischen Schultern und Gliedmaßen eines Wesens, das um seine Geburt kämpft.
    Sie nahm Lichtblitze wahr … vermessene elektrische Aktivität in den untersten Schichten ihres Gehirns … Träume, von außen gesehen …
    Der mißgestaltete Finger eines Blitzes bohrte sich in den Boden. Der Himmel verdunkelte sich, und ein gigantischer Mond warf sein fahlweißes Licht durch eine krebsgeschwulstähnliche Öffnung in den Wolken, nur um von einer dunklen umrißartigen Gestalt verdeckt zu werden, die zu der Dämmerung hinglitt, wo die Sonne hinter dem Gewitter lauerte wie ein gefährliches Tier, das bereit ist, die Welt mit seiner versengenden Zunge zu erfassen.
    Der Regen flüsterte und fiel in einem Rauschen kristalliner kleiner Tropfen, die in ihrer Struktur noch das Sternenlicht festhielten. Die Spalten sogen die Flut in sich auf, und tote Gegenstände wurden an die Oberfläche geschwemmt. Hinter ihr erhob sich der Flügelschlag eines großen Vogels. Scharfe Krallen senkten sich in ihren Hals, und ein gezackter Schnabel neigte sich herab, um ihr Blut zu trinken …
    Das Universum stürzte zu einem zuckenden Punkt im Innern ihres Schädels zusammen.
    Ein Hammerschlag schmetterte auf Stein. Sie schrie auf …
    Bruchstücke des Traums echoten noch in ihr, als sie auf dem Steinbalkon stand. Der Himmel war mit gleißend hellen Sternen übersät, wie sie sie als Kind lieben gelernt hatte. Hier in New Mexico war sie dem baumwolldichten Dunst der Städte entkommen; die Wolken waren aufgebrochen und hatten die Sterne enthüllt – ein Universum entstand, eine neue unendliche Größe, der sie ihre Gedanken widmen konnte; sie war in fünfundzwanzig Jahren dieses Zufluchtsorts nicht müde geworden.
    Sie streckte ihre Hand durch die Kathedrale von Raum und Zeit zu jenen hoffnungslos weiten Kerzen-Brennöfen aus, wo alle materiellen Elemente immer wieder im Innern jener Generationen von Sonnen geschmiedet worden waren, wo fremde Sonnenräume sicherlich andere Menschheiten enthielten, wie anders sie auch sein mochten, und sie fragte sich,
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