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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
Autoren: Georges Simenon
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Sicherheit nicht.«
    »Eine Liebesgeschichte also?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Ausgeraubt wurde er aber nicht?«
    »Nein …«
    »Was denn?«
    »Nichts denn, meine Herren. Die Ermittlungen haben gerade erst begonnen, und sobald Ergebnisse vorliegen, werde ich Sie darüber unterrichten …«
    »Haben Sie das Mädchen gesehen?«
    »Welches Mädchen?«
    »Minou … Die Batille-Tochter … Scheint eine Berühmtheit zu sein in gewissen extravaganten Kreisen …«
    »Nein, ich habe sie nicht gesehen.«
    »Sie hat einen eigenartigen Bekanntenkreis …«
    »Da sind Sie besser informiert als ich, aber sie ist ohnehin nicht Gegenstand unserer Ermittlungen …«
    »Man kann nie wissen, nicht wahr?«
    Er schob sie beiseite, öffnete die Tür zu seinem Büro und zog sie hinter sich zu. Er nahm sich die Zeit, am Fenster stehend eine Pfeife zu stopfen, dann öffnete er die Tür zum Büro der Inspektoren. Sie waren noch nicht vollzählig. Einige telefonierten, andere tippten ihren Bericht.
    »Hast du zu tun, Janvier?«
    »Noch zehn Zeilen, dann hab ich’s, Chef.«
    »Komm dann rüber …«
    Inzwischen telefonierte er mit dem Gerichtsmediziner, dem Nachfolger seines alten Freundes Doktor Paul.
    »Sie bekommen ihn am späten Vormittag … Es eilt, ja. Nicht dass ich mir von der Autopsie viel verspreche, aber die Eltern drängen … Verunstalten Sie ihn so wenig wie möglich … Ja … Genau … Ich sehe, Sie verstehen mich … Was in Paris Rang und Namen hat, wird am Sarg vorbeiziehen … Ich habe schon die Zeitungsleute auf dem Gang stehen …«
    Als Erstes musste er in die Rue Popincourt fahren. Gino Pagliati war gestern keine Zeit zum ausführlichen Erzählen geblieben, und seine Frau hatte den Mund praktisch nicht aufgemacht. Dann waren da noch der Mann namens Jules und die drei anderen Kartenspieler. Schließlich erinnerte sich Maigret an die Gestalt der alten Frau, die er an einem Fenster bemerkt hatte.
    »Worum geht’s, Chef?«, fragte Janvier, als er hereinkam.
    »Gibt es ein freies Auto im Hof?«
    »Ich hoffe es.«
    »Fahr mich in die Rue Popincourt. Ecke Rue du Chemin Vert. Ich sage dir dann, wo genau du halten sollst.«
    Seine Frau hatte recht, er merkte es jetzt, als er im Hof auf das Auto wartete: Es herrschte eine Kälte wie im Dezember.

2
    Maigret fiel auf, dass Janvier sich wunderte über das Gewicht, das dem Fall beigemessen wurde. Messerstechereien waren schließlich jede Nacht irgendwo in Paris zu vermelden, vor allem in den einfachen Wohngebieten. Unter normalen Umständen hätten die Zeitungen der Tragödie in der Rue Popincourt allenfalls ein paar Zeilen unter der Rubrik »Vermischte Meldungen« gewidmet.
     
    Student erstochen
     
    Der Student Antoine B. (21) wurde am Dienstagabend gegen 22.30 Uhr in der Rue Popincourt das Opfer eines Überfalls. Der Unbekannte, der in offenbar räuberischer Absicht mehrmals mit dem Messer auf ihn einstach, wurde von einem sich nähernden älteren Ehepaar daran gehindert, den jungen Mann auszurauben. Antoine B. erlag seinen Verletzungen kurz nach der Einlieferung ins Krankenhaus Saint-Antoine.
     
    Doch dieser Antoine B. hieß Batille und wohnte am Quai d’Anjou. Sein Vater war ein bekannter Mann und Mitglied der feinen Pariser Gesellschaft, und jedes Kind kannte die Parfums Mylène.
    Das kleine schwarze Auto der Kriminalpolizei hatte die Place de la République hinter sich gelassen und fuhr nun durch Maigrets Viertel, ein Gewirr von engen, bevölkerten Straßen zwischen dem Boulevard Voltaire und dem Boulevard Richard-Lenoir.
    Durch diese kleinen Straßen gingen Madame Maigret und er immer, wenn sie von der Einladung bei den Pardons zurückkamen, und in der Rue du Chemin Vert machte Madame Maigret oft ihre Einkäufe.
    Bei Gino, wie alle ihn nannten, kaufte sie nicht nur ihre Nudeln, sondern auch die Mortadella, den Mailänder Schinken und, in großen goldfarbenen Blechkanistern, das Olivenöl. Die Läden waren lang, schmal und schlecht beleuchtet. Heute brannten wegen des düsteren Himmels fast überall die Lampen, deren künstliches Licht den Gesichtern etwas Wächsernes verlieh.
    Viele alte Frauen. Auch viele ältere Männer, die allein unterwegs waren und einen Einkaufskorb trugen. Resignierte Gesichter. Hie und da blieb einer stehen und fuhr sich mit der Hand an die Brust, bis die kleine Attacke vorüber war.
    Frauen aller Nationalitäten, ein kleines Kind auf dem Arm und einen Buben oder ein Mädchen am Rockzipfel.
    »Halt hier an, und komm mit …«
    Er begann mit den
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