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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
Autoren: Georges Simenon
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Pagliatis. Drei Kundinnen waren im Laden, und Lucia hatte alle Hände voll zu tun.
    »Mein Mann ist hinten … Gehen Sie durch die kleine Tür dort …«
    Gino stellte gerade auf einer langen, bemehlten Marmorplatte Ravioli her.
    »Ach, der Kommissar! Ich habe mir schon gedacht, dass Sie kommen.«
    Er hatte eine volltönende Stimme und schien mit einem Lächeln im Gesicht auf die Welt gekommen zu sein.
    »Stimmt es, dass der arme Junge tot ist?«
    Die Zeitungsmeldung war noch nicht erschienen.
    »Wer hat es Ihnen gesagt?«
    »Ein Journalist, der vor zwei Minuten hier war … Er hat mich geknipst, mein Foto kommt in die Zeitung.«
    »Ich möchte, dass Sie mir noch einmal erzählen, was Sie mir gestern Abend erzählt haben, möglichst in allen Einzelheiten … Sie kamen von einem Besuch bei Ihrem Schwager und Ihrer Schwägerin zurück …«
    »Die ein Kind erwartet, ja. In der Rue de Charonne. Wir hatten nur einen Regenschirm dabei, weil sich Lucia immer bei mir unterhakt, wenn wir zu Fuß gehen. Sie wissen ja, wie es geregnet und gestürmt hat. Mehr als einmal dachte ich, dass mir der Wind den Schirm umdreht, und manchmal habe ich ihn wie einen Schild vor uns gehalten. Darum habe ich ihn auch nicht vorher gesehen.«
    »Wen?«
    »Den Mörder … Er muss doch in einem gewissen Abstand vor uns hergelaufen sein, aber ich habe nur daran gedacht, wie wir uns vor dem Regen schützen und den Pfützen ausweichen konnten … Vielleicht hat er auch unter einer Tür gestanden …«
    »Wann haben Sie ihn bemerkt?«
    »Er war schon am ›Chez Jules‹ vorbei, wo noch Licht brannte.«
    »Konnten Sie sehen, wie er angezogen war?«
    »Ich habe gestern Abend mit meiner Frau darüber gesprochen. Wir meinen beide, dass er einen hellen Regenmantel mit Gürtel angehabt hat … Sein Gang war sehr elastisch und schnell.«
    »Schien er dem jungen Mann in der Wildlederjacke zu folgen?«
    »Er ging schneller als der andere, wie wenn er ihn einholen oder überholen wollte.«
    »Wie weit waren Sie von den beiden entfernt?«
    »Hundert Meter vielleicht? Ich könnte es Ihnen an Ort und Stelle zeigen.«
    »Hat sich der Vordere nicht umgedreht?«
    »Nein. Der andere hat ihn aber eingeholt. Ich habe gesehen, wie er den Arm gehoben und zugestochen hat. Das Messer habe ich nicht sehen können … Er hat drei- oder viermal zugestochen, und der junge Mann in der Lederjacke ist vornüber auf den Gehsteig gefallen. Der Mörder hat dann einige Schritte Richtung Rue du Chemin Vert gemacht, dann ist er wieder zurückgekommen … Er hat uns sicher gesehen, denn wir waren kaum noch sechzig Meter entfernt … Trotzdem hat er sich hinuntergebeugt und noch zwei- oder dreimal zugestochen.«
    »Sind Sie ihm nicht gefolgt?«
    »Wissen Sie, ich bin etwas übergewichtig und habe ein Lungenemphysem. Mit dem Laufen ist das so eine Sache bei mir …«
    Er wurde verlegen und errötete.
    »Wir sind schneller gegangen, aber diesmal war er um die Straßenecke verschwunden.«
    »Haben Sie ein Auto anfahren gehört?«
    »Ich glaube nicht … Jedenfalls ist mir nichts aufgefallen.«
    Automatisch, ohne dass Maigret ihn dazu aufgefordert hatte, stenographierte Janvier mit.
    »Was haben Sie gemacht, als Sie dann bei dem Verletzten waren?«
    »Sie haben ihn so gesehen, wie ich ihn zurückgelassen habe. Seine Lederjacke war an mehreren Stellen zerrissen, und ich sah das Blut fließen. Ich habe sofort gedacht, dass er einen Arzt braucht, und bin zu Doktor Pardon gerannt. Vorher habe ich noch zu Lucia gesagt, sie solle bei ihm bleiben.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht … Wir konnten ihn doch nicht ganz allein lassen …«
    »Hat Ihre Frau nichts gesagt, als Sie zurückkamen?«
    »Es war natürlich niemand vorbeigekommen, das ist in solchen Fällen immer so …«
    »Hat der Verletzte etwas gesagt?«
    »Nein. Er hat schwer geatmet, und in seiner Brust hat es gegluckst. Lucia wird es Ihnen bestätigen. Jetzt ist nur die Zeit, wo sie immer am meisten zu tun hat.«
    »Fällt Ihnen noch irgendeine andere Einzelheit ein?«
    »Nein, nichts. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
    »Danke, Gino.«
    »Wie geht es Madame Maigret?«
    »Bestens, danke …«
    Nebenan führte ein Durchgang auf einen Hof hinaus, wo ein Schlosser in seiner verglasten Werkstatt schweißte. Überall hier im Viertel gab es solche Innenhöfe und Sackgassen. Und überall fand man hier kleine Handwerksbetriebe.
    Sie überquerten die Straße, gingen ein paar Schritte weiter, dann stieß Maigret die Tür zum ›Chez
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