Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
Menschen gab, und drückte dann auf die Aufnahmetaste.
    Er trug sein Gerät auf dem Bauch, und viele hielten es für einen Fotoapparat. In der Hand hielt er ein winziges Mikrophon versteckt …«
    Maigret hatte endlich einen ersten Anhaltspunkt.
    »Bekam er nie Ärger damit?«
    »Ein einziges Mal … Er war in einem Bistro in der Gegend der Place des Ternes … Zwei Männer waren an die Theke gelehnt, Antoine stand daneben und nahm heimlich auf …
    ›Sag mal, Kleiner‹, sprach ihn plötzlich einer der beiden Männer an.
    Dann nahm er ihm das Gerät weg und holte die Kassette heraus.
    ›Ich weiß nicht, was du da treibst, aber wenn ich dich noch mal hier herumlungern sehe, dann solltest du dieses Ding möglichst nicht dabeihaben.‹«
    Monsieur Batille trank einen Schluck und fuhr fort:
    »Glauben Sie, dass …«
    »Möglich ist alles … Wir können noch keinerlei Aussagen machen … Ging er oft auf Stimmenjagd?«
    »Zwei oder drei Abende in der Woche.«
    »Immer allein?«
    »Wie schon gesagt, er hatte keine Freunde … Er bezeichnete diese Aufnahmen als menschliche Zeugnisse …«
    »Hatte er schon viele?«
    »Vielleicht hundert, vielleicht auch mehr. Von Zeit zu Zeit hat er sie angehört und die weniger guten Aufnahmen gelöscht … Um wie viel Uhr, glauben Sie, können wir morgen …«
    »Ich sage im Krankenhaus Bescheid … Sicher erst nach acht Uhr …«
    »Kann ich den Leichnam hierher überführen lassen?«
    »Noch nicht …«
    Der Vater hatte begriffen. Sein Gesicht wurde noch fahler, als hätte er die Autopsie vor Augen.
    »Entschuldigen Sie mich, Herr Kommissar, aber ich …«
    Er hielt es nicht mehr aus. Er musste jetzt allein sein oder vielleicht zu seiner Frau gehen, vielleicht sich wortlos ausweinen oder losschreien.
    Wie im Selbstgespräch sagte er:
    »Ich weiß nicht, wann Minou zurückkommt …«
    »Wer ist …«
    »Seine Schwester. Sie ist erst achtzehn, aber sie ist völlig selbständig … Sie hatten sicher einen Mantel …«
    Das Dienstmädchen erschien, als sie zur Garderobe gingen. Sie half Maigret in den feuchten Mantel und reichte ihm seinen Hut.
    Er stieg die Treppe hinunter, trat durch die kleine Tür wieder hinaus und blieb eine ganze Weile auf dem Gehsteig stehen, wo er dem Regen zusah. Der Wind schien sich etwas gelegt zu haben, die Regenböen peitschten nicht mehr so heftig. Er hatte nicht gewagt zu fragen, ob er telefonieren dürfe, um ein Taxi zu bestellen.
    Mit eingezogenen Schultern ging er über den Pont Marie, bog in die enge Rue Saint-Paul ein und fand endlich, an der Metrostation Saint-Paul, ein freies Taxi.
    »Zum Boulevard Richard-Lenoir.«
    »In Ordnung, Chef.«
    Der Fahrer kannte ihn und beschwerte sich nicht wegen der kurzen Strecke. Als der Kommissar ausstieg und den Kopf hob, sah er Licht in den Fenstern seiner Wohnung. Kaum hatte er die letzte Treppenstufe erreicht, ging die Tür auf.
    »Hast du dich erkältet?«
    »Ich glaube nicht …«
    »Ich habe dir heißes Wasser für einen Grog gemacht … Setz dich … Komm, ich zieh dir die Schuhe aus.«
    Die Strümpfe konnte man auswringen. Sie holte ihm die Pantoffeln.
    »Pardon hat es uns erzählt, seiner Frau und mir. Wie haben die Eltern reagiert … Warum musstest denn du dort …«
    »Ich weiß es nicht …«
    Er hatte, ohne viel zu überlegen, den Fall übernommen. Weil der Mord fast vor seinen Augen geschehen war, weil er ihn an all die Jahre erinnerte, in denen er im nächtlichen Paris auf Streife gegangen war.
    »Sie konnten es zunächst gar nicht glauben … Wahrscheinlich brechen die beiden jetzt erst zusammen.«
    »Sind sie jung?«
    »Der Mann wird etwas über fünfundvierzig sein, aber meiner Ansicht nach noch keine fünfzig. Seine Frau ist vielleicht knapp vierzig und sehr hübsch. Kennst du die Parfums Mylène?«
    »Natürlich … Die kennt doch jeder …«
    »Sie sind die Besitzer.«
    »Das sind steinreiche Leute. Sie haben ein Schloss an der Loire, eine Jacht in Cannes und geben rauschende Feste.«
    »Woher weißt du das?«
    »Du vergisst, dass ich manchmal stundenlang auf dich warten muss und dann eben die Klatschspalten lese.«
    Sie gab Rum und Zucker in ein Glas, ließ den Löffel darin stehen, damit es nicht sprang, und goss kochendes Wasser auf.
    »Eine Scheibe Zitrone?«
    »Nein.«
    Alles war klein und eng um ihn herum. Er betrachtete die Wohnungseinrichtung, als wäre er von einer langen Reise zurückgekehrt.
    »Woran denkst du?«
    »Wie du richtig sagst, sind sie sehr reich. Sie leben in einer der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher