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Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Titel: Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht
Autoren: Georges Simenon
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Anruf aus Toulon.
    »Alfred Meurant ist im Büro meiner Inspektoren. Man stellt ihm ein paar nebensächliche Fragen und wird ihn bis auf neue Anweisungen festhalten. Ein Vorwand wird sich schon finden lassen. Sein Zimmer ist durchsucht worden, aber es wurde keine Waffe entdeckt. Meine Leute sind sich sicher, dass er normalerweise eine Pistole bei sich trägt, was ihm bereits zwei Strafen eingebracht hat.«
    »Hat er noch weitere erhalten?«
    »Nie etwas Ernsthaftes, bis auf die Strafverfolgungen wegen Kuppelei. Er ist zu gerissen.«
    »Danke. Bis später. Ich lege auf, weil ich jeden Augenblick einen wichtigen Anruf erwarte.«
    Er ging in das Büro nebenan, in das Janvier soeben zurückgekommen war.
    »Du hältst dich am besten zum Aufbruch bereit. Und sorge dafür, dass im Hof ein Dienstwagen verfügbar ist.«
    Er begann sich zu ärgern, dass er Lapointe nicht alles gesagt hatte.
    Er erinnerte sich an einen Film, der in Malaysia spielte. Es ging um einen Eingeborenen, der plötzlich zum Amokläufer wurde, das heißt von einer Sekunde zur anderen von einer wilden Wut gepackt worden war und mit weit aufgerissenen Augen und einem Dolch, einem sogenannten Kris, in der Hand losrannte und alle tötete, die ihm in den Weg kamen.
    Gaston Meurant war weder Malaie noch Amokläufer. Aber jagte er nicht seit mehr als vierundzwanzig Stunden einer fixen Idee nach, und war er nicht fähig, alles aus dem Weg zu räumen, was sich im entgegenstellte?
    Endlich das Telefon. Maigret stürzte zum Apparat.
    »Bist du es, Lapointe?«
    »Ja, Chef.«
    »Bist du in Chelles?«
    »Noch weiter. Ich weiß nicht einmal genau, wo ich bin. Zwischen dem Kanal und der Marne, etwa zwei Kilometer von Chelles entfernt. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, denn wir haben einen komplizierten Weg zurückgelegt.«
    »Schien Meurant die Strecke zu kennen?«
    »Er hat niemanden gefragt. Offenbar hatte er eine genaue Wegbeschreibung. Er ist ab und zu stehen geblieben, um sich zu überzeugen, ob es die richtige Kreuzung war, und dann ist er auf einen Feldweg abgebogen, der zum Fluss führt. An der Stelle, wo dieser Weg auf den ehemaligen Treidelpfad stößt, der kaum noch zu erkennen ist, steht ein Gasthof, von dem aus ich anrufe. Die Wirtin hat mir gesagt, dass das Restaurant im Winter zuhat und sie dann auch keine Zimmer vermietet. Der Wirt ist der Fährmann. Meurant ist einfach an dem Haus vorbeigelaufen.
    Zweihundert Meter flussaufwärts steht eine baufällige Hütte, wo Gänse und Enten frei herumlaufen.«
    »Ist Meurant da hingegangen?«
    »Er war nicht drin. Er hat eine alte Frau angesprochen, die auf den Fluss gezeigt hat.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Er lehnt mit dem Rücken an einem Baum am Flussufer. Die alte Frau ist über achtzig. Sie wird ›Die Gänsemutter‹ genannt. Die Wirtin behauptet, sie sei halb verrückt. Sie heißt Joséphine Millard. Ihr Mann ist schon lange tot. Seitdem trägt sie immer dasselbe schwarze Kleid, und hier in der Gegend wird behauptet, dass sie es nicht einmal zum Schlafen auszieht. Wenn sie irgendetwas braucht, geht sie samstags auf den Markt und verkauft eine Gans oder eine Ente.«
    »Hat sie Kinder?«
    »Das liegt schon so weit zurück, dass die Wirtin sich nicht mehr daran erinnert. Sie sagt, das war vor ihrer Zeit.«
    »Ist das alles?«
    »Nein. Ein Mann lebt bei ihr.«
    »Die ganze Zeit?«
    »Seit ein paar Monaten, ja. Davor ist er immer mal wieder für ein paar Tage verschwunden.«
    »Was macht er?«
    »Nichts. Er hackt Holz. Er liest. Er angelt. Er hat ein altes Boot repariert. Im Moment ist er beim Angeln. Ich habe von weitem gesehen, dass er an der Flussbiegung in seinem Kahn sitzt. Er hat ihn an Pflöcken festgemacht.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Das konnte ich nicht erkennen. Nach dem, was die Wirtin sagt, ist er untersetzt, hat braunes Haar und eine behaarte Brust.«
    »Klein?«
    »Ja.«
    Kurzes Schweigen. Dann fragte Lapointe zögernd und gleichsam verlegen:
    »Kommen Sie, Chef?«
    Lapointe hatte keine Angst. Aber vielleicht spürte er, dass er eine zu große Verantwortung auf sich nehmen würde und sie ihn überforderte.
    »Mit dem Auto sind Sie in einer knappen halben Stunde hier.«
    »Ich komme.«
    »Was soll ich in der Zwischenzeit machen?«
    Maigret dachte kurz über etwas nach, gab den Gedanken dann aber wieder auf und sagte nur:
    »Nichts.«
    »Soll ich in dem Gasthaus bleiben?«
    »Kannst du Meurant von dort aus beobachten?«
    »Ja.«
    »Dann bleib da.«
    Er ging ins Nebenzimmer und gab Janvier, der
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