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Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Titel: Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht
Autoren: Georges Simenon
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vergeblich suchte?
    Möglich war es. Sogar wahrscheinlich, da er von seinem Bruder eine Waffe verlangt hatte.
    Wenn Alfred Meurant ihm irgendetwas verraten hatte, dann bestimmt nicht aus Liebe zu seinem Bruder. Hatte er Angst? Hatte Gaston ihm gedroht? Mit irgendeiner Enthüllung? Oder dass er ihn eines Tages umbringen würde?
    Maigret ließ sich mit Toulon verbinden, hatte aber erst nach einer Weile Kommissar Blanc am Apparat.
    »Ich bin’s schon wieder! Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen so viel Arbeit mache. Es könnte sein, dass wir Alfred Meurant kurzfristig brauchen. Es ist nicht sicher, ob man ihn im erforderlichen Moment findet, denn es würde mich nicht wundern, wenn ihn plötzlich das Reisefieber packen würde. Bisher liegt nichts gegen ihn vor. Könnten Sie ihn nicht unter einem mehr oder weniger plausiblen Vorwand vorladen und für ein paar Stunden festhalten?«
    »Ich denke, das lässt sich machen. Diesen Leuten habe ich eigentlich immer Fragen zu stellen.«
    »Danke. Versuchen Sie herauszukriegen, ob er im Besitz einer automatischen Pistole ziemlich großen Kalibers gewesen ist oder ob die sich in seinem Zimmer befindet.«
    »Verstanden. Sonst nichts Neues?«
    »Noch nicht.«
    Maigret war drauf und dran zu sagen, dass es nicht mehr lange dauern würde. Er benachrichtigte seine Frau, dass er nicht zum Essen nach Hause kommen würde, und da er sein Büro nicht verlassen wollte, bestellte er sich Sandwiches in der ›Brasserie Dauphine‹.
    Er bedauerte immer noch, nicht selbst draußen zu sein und Gaston Meurant persönlich verfolgen zu können. Ungeduldig rauchte er eine Pfeife nach der anderen und blickte unverwandt auf das Telefon. Die Sonne strahlte, und die welkenden Blätter der Bäume verliehen den Quais an der Seine eine heitere Note.
    »Sind Sie’s, Chef? Ich muss mich beeilen. Ich bin an der Gare de l’Est. Er hat seinen Aktenkoffer bei der Gepäckaufbewahrung abgegeben und eben eine Fahrkarte nach Chelles gelöst.«
    »Im Département Seine-et-Marne?«
    »Ja. Der Zug fährt in wenigen Minuten ab. Ich muss schnell machen. Ich soll ihn doch weiterverfolgen?«
    »Klar!«
    »Keine besonderen Anweisungen?«
    Welchen Hintergedanken hatte Lapointe? Witterte er den Grund, warum Neveu an der Gare de Lyon gewesen war?
    Der Kommissar sagte missmutig:
    »Nichts Besonderes. Tu dein Bestes.«
    Er kannte Chelles, ungefähr zwanzig Kilometer von Paris, am Ufer des Kanals und der Marne. Er erinnerte sich an eine große Ätznatronfabrik, vor der man immer Schleppkähne sah, die beladen wurden, und als er einmal an einem Sonntagvormittag durch diese Gegend gekommen war, hatte er eine ganze Kanuflotte gesehen.
    Die Temperatur hatte sich in den letzten vierundzwanzig Stunden verändert, aber der für die Heizung in den Büros am Quai des Orfèvres zuständige Hausmeister hatte den Heizkessel nicht entsprechend reguliert, so dass eine stickige Hitze herrschte.
    Maigret stand am Fenster, aß ein Sandwich und schaute verloren auf die Seine hinaus. Ab und zu trank er einen Schluck Bier und warf einen Blick auf das Telefon.
    Der Zug, der an allen Bahnhöfen hielt, brauchte mindestens eine halbe Stunde, wenn nicht gar eine ganze, bis er Chelles erreichte.
    Der in der Rue Delambre postierte Inspektor rief als Erster an.
    »Immer das Gleiche, Chef. Sie ist eben herausgekommen, sie isst in demselben Restaurant, an demselben Tisch, so als ob es für sie schon zur Gewohnheit geworden wäre.«
    Allem Anschein nach zeigte sie weiterhin den Mut, jegliche Kontaktaufnahme mit ihrem Liebhaber zu vermeiden.
    Hatte er ihr bereits im Februar, noch vor dem Doppelmord in der Rue Manuel, Anweisungen gegeben, wie sie sich anschließend verhalten sollte? Hatte sie Angst vor ihm?
    Wer von den beiden hatte die Idee mit dem Anruf gehabt, der die Verhaftung Gaston Meurants zur Folge hatte?
    Am Anfang galt er nicht als tatverdächtig. Er hatte sich selbst spontan der Polizei gestellt und sich als Neffe von Léontine Faverges zu erkennen gegeben, von deren Tod er gerade aus der Zeitung erfahren hatte.
    Es gab keinerlei Grund, seine Wohnung zu durchsuchen.
    Doch dann wurde jemand ungeduldig und hatte es offenbar eilig, die Ermittlungen in eine bestimmte Richtung gelenkt zu sehen.
    Drei, vier Tage waren bis zu dem anonymen Telefonanruf verstrichen, der darüber informierte, dass in einem Schlafzimmerschrank am Boulevard de Charonne ein blutbefleckter blauer Anzug hing.
    Lapointe gab immer noch kein Lebenszeichen von sich. Stattdessen kam ein
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