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Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Titel: Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht
Autoren: Georges Simenon
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hatte.
    Vielleicht würde sie noch jahrelang in ihrer Hütte am Flussufer weiterleben.
    »Janvier!«
    »Ja, Chef.«
    »Schnapp dir Lapointe, und fahr in die Rue Delambre.«
    »Soll ich Meurants Frau hierherholen?«
    »Ja.«
    »Sollte ich nicht lieber einen Haftbefehl dabeihaben?«
    Als Hauptkommissar der Kriminalpolizei war Maigret befugt, einen Vorführungsbefehl zu unterzeichnen, und er machte umgehend davon Gebrauch.
    »Und wenn sie mich nach dem Grund fragt?«
    »Dann antwortest du ihr einfach nicht.«
    »Soll ich ihr Handschellen anlegen?«
    »Nur, wenn es nicht zu umgehen ist.«
    Blanc rief wieder aus Toulon an.
    »Ich habe ihm eben ein paar interessante Fragen gestellt.«
    »Haben Sie ihm gesagt, dass Millard tot ist?«
    »Ja, natürlich.«
    »War er überrascht?«
    »Nein. Er hat sich nicht einmal bemüht, so zu tun als ob.«
    »Hat er ausgepackt?«
    »Mehr oder weniger. Das können Sie besser beurteilen. Er hat genau darauf geachtet, nichts auszusagen, was ihn belasten könnte. Er gibt zu, Millard zu kennen. Er ist ihm vor über sieben Jahren in Paris des Öfteren begegnet. Dann war Millard fünf Jahre hinter Gittern, und Alfred Meurant hat in dieser Zeit nichts von ihm gehört.
    Nach seiner Entlassung aus Fontevrault hat sich Millard erneut in Marseille und dann in Toulon herumgetrieben. Es ging ihm ziemlich dreckig, und er hat versucht, wieder Fuß zu fassen. Nach Meurants Worten hat er keine Einbrüche mehr geplant, sondern er wollte einen großen Coup landen, mit dem er finanziell ein für alle Mal ausgesorgt hätte.
    Er wollte sich neu einkleiden und anschließend nach Paris fahren.
    Er war nur ein paar Wochen an der Côte d’Azur. Meurant gibt zu, dass er ihm kleinere Summen Geld zugesteckt und ihn mit seinen Komplizen bekannt gemacht hat, die ihm ebenfalls geholfen haben.
    Was Meurants Beziehung zu seiner Schwägerin betrifft, so hat er die ganze Sache gar nicht ernst genommen. Angeblich hat er zu Millard bei dessen Abfahrt gesagt:
    ›Solltest du mal eine Frau brauchen, ich habe da noch eine kleine Schwägerin, die mit einem Vollidioten verheiratet ist und sich langweilt.‹
    Er schwört, dass sich sonst nichts weiter zwischen ihnen abgespielt hat. Er hat ihm die Adresse von Ginette gegeben und ihm gesagt, dass sie gerne regelmäßig in ein Tanzlokal in der Rue des Gravilliers geht.
    Wenn man dem Glauben schenkt, was er sagt, dann hat Pierre Millard nie wieder etwas von sich hören lassen, und auch Ginette hat sich nicht bei ihm gemeldet.«
    Das musste nicht unbedingt stimmen, aber möglich war es.
    »Was soll ich jetzt mit ihm machen?«
    »Nehmen Sie seine Aussage zu Protokoll, und lassen Sie ihn gehen. Behalten Sie ihn aber im Auge, denn er wird beim Prozess noch gebraucht.«
    Falls es überhaupt zu einem Prozess kommen würde. Erst einmal würde eine neue Untersuchung beginnen, sobald Lapointe und Janvier Ginette Meurant in Maigrets Büro gebracht hätten.
    Würde man ihr überhaupt nachweisen können, dass sie mit ihrem Liebhaber unter einer Decke gesteckt hatte?
    Nicolas Cajou, dann das Zimmermädchen und vielleicht noch weitere Personen würden Millards Leiche identifizieren.
    Daraufhin würde der Untersuchungsrichter eingeschaltet und ihre Akte gegebenenfalls der Anklagebehörde zugestellt werden.
    Während dieser ganzen Zeit würde Ginette wahrscheinlich in Untersuchungshaft sein.
    Und dann würde sie eines Tages selbst vor dem Schwurgericht stehen.
    Maigret würde abermals als Zeuge vorgeladen werden. Und die Geschworenen würden versuchen, etwas von dieser Geschichte zu begreifen, die sich in einer für sie vollkommen fremden und ungewohnten Welt abgespielt hatte.
    Vorher würde Maigret, weil der andere Fall weniger kompliziert war und die Geschworenen des Département Seine-et-Marne nicht so überlastet waren wie die in Paris, als Zeuge nach Melun geladen werden.
    Zusammen mit weiteren Zeugen würden sie ihn dort in einen Raum einschließen, in dem auch wieder alles so düster und gedämpft war wie in einer Sakristei und wo er warten müsste, bis er an die Reihe kam. Er würde auf die Tür starren und die gedämpften Stimmen aus dem Gerichtssaal hören.
    Er würde Gaston Meurant zwischen zwei Polizeibeamten sitzen sehen und schwören, die Wahrheit zu sagen, die volle Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
    Würde er wirklich die volle Wahrheit sagen? Hatte er nicht von einem gewissen Moment an, während in seinem Büro unaufhörlich das Telefon klingelte, durch das er praktisch alle Fäden
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