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Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht

Titel: Maigret - 55 - Maigret vor dem Schwurgericht
Autoren: Georges Simenon
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die Möglichkeit besteht, dass er sich zwei- oder dreimal auf dem Hügel verläuft …«
    Maigret litt darunter, dass er nicht an Ort und Stelle sein konnte. Trotz der Schnelligkeit ihrer Übermittlung und deren Genauigkeit lieferten die Berichte, die er erhielt, nur Auskünfte aus zweiter Hand.
    Zwei- oder dreimal war er an diesem Tag versucht gewesen, in die Rue Delambre zu fahren und Kontakt mit Ginette Meurant aufzunehmen. Auch wenn es dafür keinen besonderen Grund gab, so hatte er doch den Eindruck, sie allmählich besser zu verstehen. Vielleicht würde er jetzt die genauen Fragen finden, auf die sie schließlich antworten würde.
    Noch war es zu früh. Wenn Meurant, ohne zu zögern, nach Toulon gefahren war, dann musste er seine Gründe haben.
    Im Verlauf der Ermittlung hatte die Polizei nichts aus dem Bruder herausbekommen, das bedeutete jedoch nicht, dass von ihm nichts zu erfahren war.
    Gaston Meurant war nicht bewaffnet, das wusste man immerhin schon, und was das Übrige betraf, so musste man eben warten.
    Maigret fuhr missmutig nach Hause. Seine Frau hütete sich, ihm Fragen zu stellen, und er zog sich seine Pantoffeln an, aß zu Abend, versenkte sich in die Lektüre der Zeitungen, stellte das Radio an, suchte einen Sender, wo nicht so viel geredet wurde, fand keinen und schaltete den Apparat mit einem Seufzer der Erleichterung wieder aus.
    Um zweiundzwanzig Uhr kam ein Anruf aus Toulon. Es war nicht Blanc, der gerade an einem Bankett teilnahm, sondern der junge Inspektor aus Brest, ein Mann namens Le Goënec, den der Kommissar des Überfallkommandos zur Pension Eucalyptus geschickt hatte.
    »Ich rufe vom Bahnhof an.«
    »Wo ist Gaston Meurant?«
    »Im Wartesaal. Er will in anderthalb Stunden den Nachtzug nehmen. Er hat seine Hotelrechnung bezahlt.«
    »War er in der Pension?«
    »Ja.«
    »Hat er seinen Bruder getroffen?«
    »Ja. Als er gegen sechs dort angekommen ist, spielten drei Männer und die Inhaberin in der Bar Karten. Es waren Kubik, Falconi und Alfred Meurant, alle drei waren recht aufgeräumt. Ich war schon vor ihm da und hatte gefragt, ob ich zu Abend essen und ein Zimmer haben könnte. Der Besitzer war aus der Küche gekommen, um mich zu begutachten, und hatte schließlich ja gesagt. Ich hatte einen Rucksack dabei und gab vor, ich würde per Anhalter an der Côte d’Azur entlangfahren und Arbeit suchen.«
    »Haben die Ihnen geglaubt?«
    »Ich weiß es nicht. Bis es Zeit zum Essen war, habe ich mich in eine Ecke gesetzt, Weißwein bestellt und gelesen. Ab und zu hat mal jemand zu mir herübergeschaut, aber sie waren anscheinend nicht misstrauisch. Gaston Meurant ist eine Viertelstunde nach mir eingetroffen. Draußen war es schon dunkel. Man sah, wie die Glastür zum Garten aufging, und dann stand er da am Eingang, schaute sich vorsichtig um und sah aus wie ein Uhu.«
    »Wie hat sich sein Bruder verhalten?«
    »Er hat den Ankömmling mit finsterem Blick angestarrt, ist aufgestanden, hat seine Karten auf den Tisch geworfen und ist auf ihn zugegangen.
    ›Was suchst du hier? Wer hat dir gesagt, wo ich bin?‹
    Die anderen haben so getan, als würden sie nicht zuhören.
    ›Ich muss mit dir reden‹, hat Gaston Meurant gesagt.
    Und dann hat er noch schnell hinzugefügt:
    ›Keine Angst. Ich will nichts von dir.‹
    ›Komm mit‹, hat sein Bruder im Befehlston zu ihm gesagt und ist auf die Treppe zugegangen, die zu den Gästezimmern führt.
    Ich konnte ihnen nicht direkt hinterhergehen. Die anderen haben keinen Ton gesagt, schienen besorgt und musterten mich plötzlich mit anderen Augen. Offensichtlich fingen sie an, einen Zusammenhang zwischen meinem und Meurants Eintreffen herzustellen. Na ja, ich habe jedenfalls weiter meinen Wein getrunken und gelesen.
    Die Bude ist zwar neu gestrichen, aber ziemlich alt und schlecht gebaut, und man hört jedes Geräusch.
    Die beiden Brüder haben sich in einem Zimmer im ersten Stock eingeschlossen, und Alfred Meurants Stimme war am Anfang laut und hart. Man konnte zwar kein Wort verstehen, aber es war offensichtlich, dass er wütend war.
    Dann hat der andere, der Pariser, geredet, mit einer viel gedämpfteren Stimme. Er redete ziemlich lange und ohne Unterbrechung, als würde er eine Geschichte erzählen, die er sich vorher zurechtgelegt hatte.
    Dann hat die Chefin ihren Mitspielern zugezwinkert und hat mir das Besteck gebracht, als würde sie mich ablenken wollen. Daraufhin haben die anderen einen Aperitif bestellt. Kubik ist zu Freddo in die Küche
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