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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret
Autoren: Georges Simenon
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zurückzukehren.«
    »Um welche Zeit soll sich das Ihnen zufolge ereignet haben?«
    »Zwischen neun und elf Uhr natürlich.«
    »Und um wieviel Uhr war Pierre Eyraud bei Louise?«
    »Um dreiviertel zehn.«
    »Also hätte ich Louise nachher umbringen müssen?«
    Maigret nickte.
    »In Anbetracht der Fahrtdauer hätte ich also zwischen zehn und elf nicht im Krankenhaus sein können.«
    Maigret rechnete nach. Die Überlegung des Professors war logisch. Plötzlich war der Kommissar enttäuscht. Etwas verlief anders, als er es vorausgesehen hatte. Er wartete auf das, was noch kommen würde, und hörte kaum zu, was der andere ihm jetzt sagte.
    »Zufällig, um fünf nach zehn nämlich, Monsieur Maigret, ist einer meiner Kollegen, Dr. Lanvin, der im dritten Stock eine Konsultation gehabt hatte, zu mir heraufgekommen. Er hatte Zweifel bezüglich seiner Diagnose und bat mich, einen Augenblick mitzukommen. Ich ging in den dritten Stock hinunter. Weder meine Assistentin noch mein Personal konnten Ihnen das sagen, denn sie wußten nichts davon.
    Es handelt sich also nicht um die Aussage einer Frau, die mir unbedingt aus einer Klemme heraushelfen will, sondern um fünf oder sechs Personen, darunter auch um den Patienten, der mich nie zuvor gesehen hatte und der wahrscheinlich nicht einmal meinen Namen kennt.«
    »Ich habe keinen Augenblick daran gedacht, daß Sie Lulu ermordet hätten.«
    Er nannte sie absichtlich bei dem Namen, der dem Professor zu mißfallen schien. Auch er hatte jetzt das Verlangen, grausam zu sein.
    »Ich hatte nur erwartet, daß Sie die Person, die den Mord begangen hat, decken würden.«
    Der Hieb hatte gesessen. Eine leichte Röte stieg in Gouins Wangen, und er wandte den Blick von Maigret ab.
    An der Eingangstür wurde geläutet. Es war Lucas, der vom Dienstmädchen hereingeführt wurde. Er trug ein Päckchen in der Hand.
    »Keine Fingerabdrücke«, sagte er, während er die Waffe auspackte und sie Maigret reichte.
    Er sah abwechselnd von einem zum andern. Die Stille, die zwischen den beiden herrschte, überraschte ihn, und es überraschte ihn auch, daß er sie auf dem genau gleichen Platz und in derselben Haltung antraf, als hätte die Zeit stillgestanden, während er in der Stadt umhergelaufen war.
    »Ist das auch bestimmt Ihr Revolver, Monsieur Gouin?«
    Es war eine Zierwaffe mit vernickeltem Lauf und Perlmuttkolben. Wäre der Schuß nicht aus unmittelbarer Nähe abgefeuert worden, hätte er bestimmt keinen großen Schaden angerichtet.
    »Es fehlt eine Patrone im Magazin«, erklärte Lucas.
    »Ich habe Gastinne-Renette angerufen, der morgen die üblichen Tests vornehmen wird. Er ist aber schon jetzt überzeugt, daß es die Mordwaffe ist.«
    »Ich nehme an, Monsieur Gouin, daß Ihre Frau genau wie Ihre Assistentin Zugang zu Ihrer Schreibtisch-Schublade hatte. Oder war sie etwa abgeschlossen?«
    »Ich schließe nie etwas ab.«
    Auch das geschah aus einer Art Menschenverachtung. Er hatte nichts zu verbergen. Es kümmerte ihn wenig, ob jemand in seinen Papieren stöberte.
    »Waren Sie nicht überrascht, als Sie Montag abend Ihre Schwägerin bei sich zu Hause antrafen?«
    »Im allgemeinen weicht sie mir aus.«
    »Ich nehme an, sie haßt Sie?«
    »Das ist eben auch eine Art, sich das Leben interessant zu machen.«
    »Ihre Frau hat mir erklärt, ihre Schwester habe sie ganz zufällig aufgesucht, weil sie gerade in der Nähe war.«
    »Das ist möglich.«
    »Als ich dann Antoinette verhörte, sagte sie mir jedoch, daß ihre Schwester sie angerufen und zu sich gebeten hatte.«
    Gouin hörte aufmerksam zu, ohne daß man aus seinem Gesicht eine Gemütsbewegung herauslesen konnte. Er hatte sich in seinen Fauteuil zurückgelehnt, die Beine übereinandergeschlagen und die Finger aneinandergepreßt. Es fiel Maigret auf, wie lang diese Finger waren; und sie waren geschmeidig wie die eines Pianisten.
    »Setz dich, Lucas.«
    »Soll ich für den Inspektor ein Glas bringen lassen?«
    Lucas verneinte.
    »Da ist noch eine zweite Behauptung Ihrer Frau, die ich nachprüfen muß, und das kann ich nur mit Ihrer Hilfe tun.«
    Der Professor gab ihm zu verstehen, daß er auf die Frage wartete.
    »Sie hätten demnach vor einiger Zeit einen Herzanfall gehabt, als Sie sich gerade in Lulus Wohnung befanden.«
    »Das ist wahr. Ein bißchen übertrieben, aber wahr.«
    »Stimmt es auch, daß Ihre Geliebte in ihrer Panik Ihre Frau gerufen hat?«
    Gouin schien überrascht.
    »Wer hat Ihnen das erzählt?«
    »Das ist nebensächlich. Stimmt
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