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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret
Autoren: Georges Simenon
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ausgestellt, und da kam ich auf die Idee, eine kleine Selbstladepistole zu kaufen. Ich muß noch hinzufügen, daß ich sie nicht verzollt habe.«
    Maigret lächelte.
    »In welchem Zimmer befand sich der Revolver?«
    »In einer Schublade meines Schreibtischs. Da habe ich ihn jedenfalls zum letztenmal gesehen, vor einigen Monaten. Ich habe ihn nie gebraucht. Ich hatte ihn völlig vergessen, bis vorhin der Anruf kam.«
    »Was haben Sie Madame Brault gesagt?«
    »Daß ich ihr eine Antwort geben würde.«
    »Wann?«
    »Wahrscheinlich heute abend. Daraufhin habe ich Sie angerufen.«
    »Willst du hingehen, Lucas? Hast du die Adresse?«
    »Jawohl, Chef.«
    Lucas war heilfroh, der drückenden Atmosphäre zu entkommen. Denn obwohl die beiden Männer halblaut sprachen und sich nur über scheinbar banale Dinge unterhielten, spürte man eine dumpfe Spannung.
    »Werden Sie Ihren Mantel finden? Soll ich nicht lieber das Mädchen rufen?«
    »Ich finde ihn schon.«
    Nachdem sich die Tür wieder geschlossen hatte, blieben sie eine Zeitlang stumm. Maigret brach als erster das Schweigen.
    »Weiß Ihre Frau davon?«
    »Von dem Erpressungsversuch?«
    »Ja.«
    »Sie hat gehört, was ich am Telefon gesagt habe, weil ich im Eßzimmer gesprochen habe. Das übrige habe ich ihr dann erzählt.«
    »Und wie reagierte sie darauf?«
    »Sie riet mir nachzugeben.«
    »Haben Sie sich nicht gefragt, warum sie das tat?«
    »Sehen Sie, Monsieur Maigret, ob es nun meine Frau ist oder Lucile Decaux oder irgendeine andere, sie bilden sich alle ein, daß sie sich für mich aufopfern, und das verschafft ihnen ein intensives Gefühl der Befriedigung. Sie helfen mir und schützen mich sozusagen um die Wette.«
    Er sagte das ohne Ironie. Er sezierte ihre Seelen, ohne jeden Groll, mit derselben Teilnahmslosigkeit, mit der er eine Leiche seziert hätte.
    »Was, glauben Sie, war der Grund, weshalb meine Frau das Bedürfnis empfand, mit Ihnen zu sprechen? Weil sie sich in der Rolle der Frau gefiel, die die Ruhe und die Arbeit ihres Mannes schützt.«
    »Trifft das denn nicht zu?«
    Er sah Maigret an, antwortete aber nicht.
    »Ihre Gattin schien mir ein geradezu seltenes Verständnis für Sie zu bekunden, Herr Professor.«
    »Sie behauptet in der Tat, nicht eifersüchtig zu sein.«
    »Behauptet sie es nur?«
    »Das hängt davon ab, was Sie unter Eifersucht verstehen. Zweifellos macht es ihr nichts aus, wenn ich mit einer anderen schlafe.«
    »Hat es ihr auch bei Louise Filon nichts ausgemacht?«
    »Anfangs bestimmt nicht. Sie dürfen nicht vergessen, daß Germaine, die nur eine kleine Krankenschwester war, über Nacht Frau Professor wurde.«
    »Liebten Sie sie?«
    »Nein.«
    »Warum haben Sie sie dann geheiratet?«
    »Um jemand im Haus zu haben. Die Tage der alten Frau, die sich damals um mich kümmerte, waren gezählt.
    Ich bin nicht gern allein, Monsieur Maigret. Ich weiß nicht, ob Sie dieses Gefühl kennen …«
    »Vielleicht umgeben Sie sich auch besonders gern mit Menschen, die Ihnen alles verdanken …«
    Er widersprach nicht. Im Gegenteil, Maigrets Bemerkung schien ihm Freude zu bereiten.
    »In gewisser Weise stimmt das.«
    »Haben Sie deshalb ein Mädchen aus bescheidenen Verhältnissen gewählt?«
    »Die anderen widern mich an.«
    »Wußte sie, was sie erwartete, als sie Sie heiratete?«
    »Ganz genau.«
    »Und wann begann sie unangenehm zu werden?«
    »Unangenehm wurde sie nie. Sie haben sie ja gesehen. Sie ist eine perfekte Hausfrau und hält die Wohnung phantastisch in Ordnung. Noch nie hat sie darauf bestanden, daß ich abends mit ihr ausgehe oder Freunde zum Essen einlade.«
    »Wenn ich richtig verstehe, verbringt sie ihre Tage damit, auf Sie zu warten.«
    »So ungefähr. Es genügt ihr, meine Frau und eines Tages auch meine Witwe zu sein.«
    »Halten Sie sie für berechnend?«
    »Sagen wir, daß es ihr nicht unangenehm sein wird, über das Vermögen zu verfügen, das ich ihr hinterlasse. Ich möchte wetten, dass sie in diesem Augenblick an der Tür horcht. Sie war verwirrt, als ich Sie anrief. Es wäre ihr bestimmt lieber gewesen, wenn ich Sie in ihrem Beisein im Salon empfangen hätte.«
    Er hatte nicht leiser gesprochen, als er sagte, Germaine horche an der Tür, und Maigret hätte schwören können, daß er im Zimmer nebenan ein leises Geräusch hörte.
    »Wie sie behauptet, hat sie Sie erst auf den Gedanken gebracht, Louise Filon hier im Haus einzumieten.«
    »Das stimmt. Ich hatte gar nicht daran gedacht. Ich wußte auch gar nicht, daß eine
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