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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter
Autoren: Georges Simenon
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Jeder ging seiner Arbeit nach, ohne darauf zu achten, dass sich ein Sonnenstrahl durchs Dachfenster stahl. In einer Ecke stand eine Puppe mit beweglichen Gliedmaßen, die schon oft ihren Dienst getan hatte und die Maigret auch jetzt wieder benutzte.
    Moers, der inzwischen die Kleidungsstücke in den Papiersäcken ausgeklopft hatte, untersuchte jetzt den so erhaltenen Staub.
    Auch Maigret beschäftigte sich mit diesen Kleidungsstücken. Mit den behutsamen Bewegungen eines Schaufensterdekorateurs begann er der Puppe, die ungefähr die Größe des Toten hatte, Hemd und Unterhose anzuziehen.
    Er streifte ihr gerade die Jacke über, als Janvier eintrat; er war frisch und ausgeruht, denn er hatte in seinem Bett geschlafen und war erst am Morgen wieder aufgestanden.
    »Sie haben ihn also gekriegt, Chef.«
    Er sah zu Moers hin und zwinkerte ihm zu, was bedeutete, dass der Kommissar nicht zum Plaudern aufgelegt war.
    »Man hat uns gerade wieder einen gelben Wagen gemeldet. Lucas, der sich damit beschäftigt hat, behauptet, dass es nicht der ist, den wir suchen. Im Übrigen endet die Nummer mit einer 9 und nicht mit einer 8.«
    Maigret trat zurück, um sein Werk zu begutachten.
    »Fällt dir nichts auf?«, fragte er.
    »Augenblick mal … Nein, ich sehe nichts. Der Mann war etwas kleiner als die Puppe; das Sakko scheint mir zu kurz zu sein.«
    »Ist das alles?«
    »Der durch das Messer entstandene Riss ist nicht sehr groß …«
    »Weiter nichts?«
    »Er hat keine Weste getragen.«
    »Was mir auffällt, ist, dass das Sakko nicht aus demselben Stoff wie die Hose ist und auch nicht die gleiche Farbe hat.«
    »Das kann schließlich vorkommen.«
    »Einen Augenblick. Sieh dir mal die Hose genau an. Die ist so gut wie neu. Sie gehört zu einem Anzug. Das Sakko dagegen gehört zu einem anderen Anzug, der aber mindestens zwei Jahre alt ist.«
    »Sieht so aus, ja …«
    »Nach den Socken, dem Hemd und der Krawatte zu schließen, war der Mann aber ziemlich eitel. Ruf mal in den ›Caves du Beaujolais‹ und den anderen Lokalen an. Versuch herauszukriegen, ob er im Laufe des gestrigen Tages ein Sakko und eine Hose getragen hat, die nicht zueinanderpassten.«
    Janvier setzte sich in eine Ecke, und seine Stimme füllte den Raum mit einem Hintergrundgeräusch; er rief nacheinander die einzelnen Lokale an und wiederholte unermüdlich:
    »Hier ist die Kriminalpolizei. Der Inspektor, der gestern bei Ihnen war. Könnten Sie mir sagen, ob …«
    Leider hatte der Mann nirgends seinen Regenmantel ausgezogen. Vielleicht hatte er ihn ein wenig aufgemacht, aber niemand hatte auf die Farbe seiner Anzugjacke geachtet.
    »Was tust du, wenn du nach Hause kommst?«
    Janvier, der erst seit einem Jahr verheiratet war, antwortete mit einem vielsagenden Lächeln:
    »Ich küsse meine Frau.«
    »Und dann?«
    »Ich setze mich hin, und sie bringt mir meine Hausschuhe.«
    »Und dann?«
    Der Inspektor überlegte und schlug sich dann plötzlich an die Stirn:
    »Ich verstehe! Ich ziehe eine andere Jacke an.«
    »Hast du eine Hausjacke?«
    »Nein. Ich ziehe eine alte Jacke an, in der ich mich wohler fühle.«
    Diese Worte machten den Unbekannten plötzlich lebendiger, vertrauter. Man konnte sich vorstellen, wie er nach Hause kam und vielleicht, wie Janvier, seine Frau küsste. Jedenfalls zog er seine neue Jacke aus, um eine alte überzustreifen, bevor er sich zum Essen hinsetzte.
    »Was für einen Tag haben wir heute?«
    »Donnerstag.«
    »Also war gestern Mittwoch. Isst du eigentlich oft im Restaurant? In einem dieser billigen Restaurants, in denen unser Mann offensichtlich verkehrt hat?«
    Während Maigret sprach, legte er der Puppe den beigen Regenmantel um die Schultern. Am Tag zuvor, etwa um die gleiche Zeit oder nur wenig später, hatte diesen Regenmantel noch ein lebendiger Mensch getragen, der in die ›Caves du Beaujolais‹ ganz hier in der Nähe gegangen war. Man brauchte nur durch die Luke auf das gegenüberliegende Seineufer zu blicken, um das Café zu sehen.
    Und er hatte Maigret angerufen. Er hatte nicht irgendeinen Kommissar oder einen Inspektor verlangt oder, wie manche, die ihren Fall für besonders wichtig halten, den Leiter der Kriminalpolizei persönlich.
    Er hatte Maigret sprechen wollen.
    »Sie kennen mich nicht«, hatte er ihm gestanden.
    Aber dann hatte er hinzugefügt:
    »Sie haben Nine, meine Frau, gekannt.«
    Janvier fragte sich, worauf der Chef mit seiner Restaurant-Geschichte hinauswollte.
    »Isst du gern Stockfischpüree à la
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