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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf
Autoren: Georges Simenon
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im Dienst sind. Eine merkwürdige Geschichte, wie? Sie erwartet Sie. Sie weigert sich auszusagen, ehe sie nicht mit Ihnen gesprochen hat, um zu melden, daß sie ihren Schwiegersohn getötet hat.
    Sie werden sie gleich sehen. Sie ist so ruhig, als habe sie Marmelade eingekocht oder Wäsche in die Schränke geräumt.
    Übrigens hat sie die Nacht genutzt, um ihre Sachen zu packen. Als ich eintraf, stand ihr Koffer bereit …«
    »Wo sind die anderen?«
    »Der zweite Schwiegersohn ist mit seiner Frau im Salon. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Untersuchungsrichter sind dabei, sie zu vernehmen. Sie behaupten, nichts zu wissen und daß die Alte seit einiger Zeit merkwürdig war.«
    Maigret stampfte die Treppe hinauf und klopfte, was selten bei ihm vorkam, seine Pfeife aus und steckte sie in die Tasche, ehe er an die Tür pochte, die ein zweiter Polizist bewachte. Es war eine ganz einfache Geste, und dennoch glich sie einer Huldigung an Bernadette Amorelle.
    »Wer ist da?«
    »Kommissar Maigret.«
    »Er soll hereinkommen.«
    Man hatte sie mit ihrem Zimmermädchen allein gelassen, und beim Eintritt Maigrets saß sie vor einem hübschen kleinen Sekretär und schrieb einen Brief.
    »Der ist für meinen Notar«, sagte sie entschuldigend. »Lassen Sie uns allein, Mathilde.«
    Die Sonne flutete durch die drei Fenster in dieses Zimmer, in dem die alte Frau so viele Jahre verbracht hatte. Es lag ein vergnügtes Funkeln in ihrem Blick und sogar – weiß Gott, ob das der passende Moment dafür war – etwas Schelmisches.
    Sie war mit sich zufrieden. Sie war stolz auf das, was sie getan hatte. Sie zeigte sich ein wenig verschmitzt gegenüber diesem grobschlächtigen Kommissar, der sich nicht in der Lage gesehen hätte, der Sache ein Ende zu machen.
    »Es gab keine andere Lösung, nicht wahr?« sagte sie. »Nehmen Sie Platz. Sie wissen ja, ich verabscheue es, mit Leuten zu sprechen, die vor mir stehen bleiben.«
    Dann stand sie selbst auf, blinzelte ein bißchen, weil die Sonne sie blendete, und fuhr fort:
    »Gestern abend, als Aimée mir endlich alles gestand …«
    Er hatte das Pech, zusammenzuzucken. Kaum merklich. Ein leichtes Zucken, als der Name von Aimée fiel, der Frau von Charles Malik. Sie war ebenso scharfsinnig wie er, und sie begriff.
    »Ich hätte mir denken können, daß Sie das nicht wußten. Wo ist Georges-Henry?«
    »Zu Hause bei meiner Frau.«
    »In Ihrem Haus in Meung?«
    Sie lächelte bei dem Gedanken an Maigret, den sie für den Gärtner gehalten hatte, als sie ihn in seinem Garten aufsuchte und durch die kleine grüne Pforte eingetreten war.
    »In Paris, in meiner Wohnung an der Place des Vosges.«
    »Weiß er Bescheid?«
    »Ich habe ihn informiert, bevor ich kam.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Nichts, er ist ruhig.«
    »Armer Junge! Ich frage mich, wie er es geschafft hat, nicht zu reden. Finden Sie es nicht komisch, in meinem Alter ins Gefängnis zu gehen? Diese Herren sind übrigens sehr höflich. Zu Anfang wollten sie mir nicht glauben. Sie dachten, ich würde mich anklagen, um den wirklich Schuldigen zu retten. Es fehlte nicht viel, und sie hätten Beweise verlangt.
    Es ist alles ganz glatt gegangen. Ich weiß nicht genau, wie spät es war. Ich hatte meinen Revolver in der Handtasche. Ich bin hinübergegangen. Im ersten Stock brannte Licht. Ich habe geklingelt. Durch das Fenster hat Malik mich gefragt, was ich wolle … ›Mit dir sprechen‹, habe ich geantwortet.
    Ich bin sicher, daß er Angst hatte. Er bat mich, am anderen Tag wiederzukommen, behauptete, daß er sich nicht wohl fühle, daß er an einer Neuralgie leide.
    ›Wenn du nicht sofort runterkommst‹, habe ich ihm zugerufen, ›lasse ich dich festnehmen!‹
    Schließlich ist er heruntergekommen, in Schlafanzug und Morgenrock. Haben Sie ihn gesehen?«
    »Noch nicht.«
    »Ich habe darauf bestanden. ›Los, in dein Büro! Wo ist deine Frau?‹
    ›Im Bett, ich glaube, sie schläft.‹
    ›Um so besser.‹
    ›Sind Sie sicher, Mama, daß wir dieses Gespräch nicht auf morgen verschieben können?‹
    Und wissen Sie, was ich ihm geantwortet habe?
    ›Das bringt dich auch nicht weiter, vorwärts. Ein paar Stunden mehr oder weniger …‹
    Er versuchte zu begreifen. Er war kalt wie ein Hecht. Ich habe schon immer behauptet, daß er einem Hecht glich, aber man hat sich lustig über mich gemacht.
    Er hat die Tür zu seinem Arbeitszimmer geöffnet.
    ›Nehmen Sie Platz‹, hat er zu mir gesagt.
    ›Nicht nötig.‹
    Hat er geahnt, was ich tun
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