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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf
Autoren: Georges Simenon
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Glas Schaumwein beteiligen.
    Auch er schritt diesen Lichtern entgegen, auf das zu weiträumige und zu leere Café zu, wo ein Akkordeon wütete und ein paar Männer und Frauen vor ihren Gläsern Gott weiß was erwarteten.
    Er kannte sie. Er hatte so viele Jahre mit den kleinen Angelegenheiten dieser Menschen zu tun gehabt, daß er sie alle kannte – selbst Leute, die sich, wie Ernest Malik, stärker und gerissener vorkamen.
    Bei denen galt es, den schwierigen Augenblick durchzustehen, in dem man wider Willen von ihrem schönen Haus, ihrem Auto, ihrer Dienerschaft und ihren Umgangsformen beeindruckt war.
    Man mußte es hinbekommen, sie wie die anderen zu sehen, sie nackt vor sich zu sehen …
    Jetzt war es Ernest Malik, der Angst hatte, genauso wie ein kleiner Zuhälter aus der Rue de la Roquette, wenn er um zwei Uhr morgens nach einer Razzia in den Gefängniswagen klettert.
    Maigret sah nicht, daß die beiden Frauen in Bernadettes Zimmer eine leidenschaftlich erregte Szene spielten. Er sah Aimée nicht, die Frau von Charles Malik, wie sie mitten auf dem Teppich niederkniete und auf den Knien zu den Füßen ihrer Mutter rutschte.
    Das war nicht mehr wichtig. Jede Familie hat, wie die Engländer sagen, ihre »Leiche im Schrank«.
    Zwei schöne Häuser dort unten am Ufer des Flusses, an einer Biegung, die ihn breiter und lieblicher erscheinen läßt, zwei schöne Häuser, die sich harmonisch in das Grün zwischen den sanften Hügeln schmiegen, denen man seufzend aus den Abteilfenstern der Eisenbahn nachsieht.
    Was für glückliche Menschen mußten das sein!
    Und ein langes Leben, wie es dieser Campois hatte, der hart gearbeitet hatte, der nun verbraucht war und den man auf ein Abstellgleis schob.
    Und Bernadette Amorelle, die so viel lebhafte Energie verschwendet hatte.
    Er ging wütend weiter. Die Place des Vosges lag verlassen. Hinter den Fenstern seiner Wohnung war Licht. Er klingelte, brummte seinen Namen, als er an der Loge der Concierge vorbeikam. Seine Frau, die ihn am Schritt erkannte, machte ihm die Tür auf.
    »Psst! Er schläft. Er ist eben erst eingeschlafen.«
    Na und? Sollte er ihn nicht wecken, ihn an den Schultern packen und schütteln?
    ›Hallo, junger Mann, jetzt ist Schluß mit dem Theater!‹
    Damit man ein für allemal mit dieser Leiche im Schrank aufräumte, mit dieser widerlichen Geschichte, in der von Anfang bis Ende nur von dem dreckigen Geld die Rede war.
    Denn das war alles, was hinter diesen schönen Häusern mit ihren gepflegten Parks steckte: Geld!
    »Du scheinst schlechter Laune zu sein. Hast du zu Abend gegessen?«
    »Ja … Nein …«
    Er hatte tatsächlich nicht zu Abend gegessen, und so aß er, während Mimile am offenen Fenster Luft schnappte und Zigaretten rauchte. Als er zum Gästezimmer ging, in dem Georges-Henry schlief, protestierte Madame Maigret:
    »Du wirst ihn doch nicht wecken!«
    Er zuckte die Achseln. Ein paar Stunden früher oder später … Soll er schlafen! Ganz davon zu schweigen, daß er selbst müde war.
    Er wußte nicht, welches Drama sich in dieser Nacht abspielte. Er konnte nicht ahnen, daß Bernadette Amorelle ganz allein mitten in der Nacht das Haus verließ und daß ihre jüngere Tochter, Aimée, mit irren Augen vergeblich zu telefonieren versuchte, während Charles hinter ihr stand und wiederholte:
    »Aber was hast du denn? Was hat deine Mutter dir gesagt?«
    Maigret erwachte erst morgens um acht.
    »Er schläft immer noch«, verkündete ihm seine Frau.
    Er rasierte sich, zog sich an, frühstückte an einer Ecke des Tisches und stopfte seine erste Pfeife. Als er das Zimmer des jungen Mannes betrat, begann der sich zu rekeln.
    »Steh auf!« sagte er mit dieser ruhigen, ein wenig müden Stimme, die er hatte, wenn er einen Fall abschließen wollte.
    Er brauchte eine Weile, um zu begreifen, warum der Junge sich nicht zu erheben wagte. Er lag nackt unter der Decke und wollte sich so nicht zeigen.
    »Bleib liegen, wenn du willst. Du kannst dich gleich anziehen. Wie hast du erfahren, was dein Vater getan hat? Monita hat es dir gesagt, nicht wahr?«
    Georges-Henry starrte ihn voller Entsetzen an.
    »Du kannst es ruhig sagen, jetzt, da ich weiß …«
    »Was wissen Sie? Wer hat Ihnen was gesagt?«
    »Auch der alte Campois weiß es.«
    »Sind Sie sicher? Das ist unmöglich. Wenn der gewußt hätte …«
    »Daß dein Vater seinen Sohn getötet hat. Nur hat er ihn nicht mit einem Messerstich oder einer Revolverkugel getötet. Und diese Verbrechen …«
    »Was hat man
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