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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf
Autoren: Georges Simenon
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Maigret betrachtete das Gesicht dieses alten Mannes, dessen Augen sich mit Tränen füllten.
    »Und dabei haben Sie immer gewußt«, fuhr er mit einer gewissen Bangigkeit fort, »daß es dieser Malik war, der Ihren Sohn getötet hat.
    Und Sie haben nichts gesagt!
    Und Sie haben ihm weiterhin die Hand gedrückt!
    Und Sie haben dieses Haus neben seinem gekauft!
    Und noch heute sind Sie bereit, ihm zu gehorchen!«
    »Was sollte ich sonst tun?«
    »Weil er sie an den Rand der Armut gebracht hat. Weil es ihm mit wer weiß welchen gescheiten Tricks gelungen ist, Sie um die meisten Ihrer Aktien zu erleichtern. Weil Sie nichts mehr zu sagen haben, nur noch ein Name in der Firma Amorelle und Campois sind. Weil …«
    Und er donnerte seine Faust auf das Schreibpult.
    »Aber zum Teufel, sind Sie sich denn nicht im klaren, daß Sie ein Feigling sind, daß Ihretwegen Monita wie Ihr Sohn gestorben ist und daß ein Junge, dieser Georges-Henry, ihrem Beispiel beinahe gefolgt wäre?«
    »Ich habe meine Tochter, meinen Enkel. Ich bin alt!«
    »Sie waren nicht alt, als Ihr Sohn sich das Leben genommen hat. Aber Sie hingen bereits an Ihrem Geld. Dabei waren Sie nicht einmal in der Lage, es gegen einen Malik wirklich zu verteidigen.«
    Es war jetzt fast dunkel in dem langen Raum, in dem keiner der beiden Männer daran dachte, das Licht anzumachen.
    Mit dumpfer Stimme fragte der Greis, und man spürte, daß ihm die schiere Angst im Nacken saß:
    »Was gedenken Sie zu tun?«
    »Und Sie?«
    Campois’ Schultern sackten zusammen.
    »Wollen Sie immer noch zu dieser Kreuzfahrt aufbrechen, zu der Sie keine Lust haben? Haben Sie denn nicht begriffen, daß man Sie in aller Eile abschieben wollte, wie man die Schwachen in dramatischen Augenblicken abschiebt? Wann ist diese Kreuzfahrt beschlossen worden?«
    »Malik ist gestern morgen zu mir gekommen. Ich wollte nicht, aber am Ende habe ich nachgeben müssen.«
    »Welchen Vorwand hat er gewählt?«
    »Daß Sie uns Schwierigkeiten hinsichtlich unserer Geschäftsverbindungen bereiten würden. Daß es besser wäre, wenn ich nicht da sei.«
    »Sie haben das geglaubt?«
    Der alte Mann antwortete nicht, erst nach einer Weile sagte er in müdem Ton:
    »Er ist heute schon dreimal hiergewesen. Er hat das ganze Haus umgekrempelt, um meine Abreise zu beschleunigen. Eine halbe Stunde vor Ihrer Ankunft hat er mich noch angerufen, um mich daran zu erinnern, daß es Zeit sei.«
    »Haben Sie tatsächlich die Absicht abzureisen?«
    »Ich glaube, es ist besser so, wenn man bedenkt, was vielleicht alles passiert. Aber ich kann ja auch in Le Havre bleiben. Das hängt von meinem Enkel ab. Er hat Monita sehr gemocht. Ich glaube, daß er in dieser Richtung Hoffnungen hegte. Ihr Tod hat ihn sehr getroffen.«
    Der Alte stand plötzlich auf und eilte zu dem altmodischen Wandtelefon. Es hatte geklingelt, rief ihn rücksichtslos zur Ordnung.
    »Hallo? Ja … Die Koffer sind gepackt … Ich fahre in fünf Minuten los … Ja … Ja … Nein … Nein … Das galt nicht mir … Sicherlich …«
    Er hängte ein und warf Maigret einen etwas beschämten Blick zu.
    »Das war er! Es ist besser, wenn ich aufbreche.«
    »Was hat er Sie gefragt?«
    »Ob mich niemand besucht habe. Er hat ein Taxi vorbeifahren sehen. Ich habe ihm gesagt …«
    »Ich habe es gehört …«
    »Kann ich gehen?«
    Wozu ihn zurückhalten? Er hatte früher hart gearbeitet. Er hatte sich aus eigenen Kräften emporgeschuftet und eine beneidenswerte Position errungen.
    Und aus Angst, sein Geld zu verlieren, aus Angst vor dem Elend, das er in seiner Kindheit kennengelernt hatte, hatte er immer gekuscht – und tat es noch heute, an seinem Lebensabend.
    »Eugénie! Sind die Koffer im Auto?«
    »Aber Sie haben nichts gegessen!«
    »Ich esse unterwegs. Wo ist Jean?«
    »Beim Wagen.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Kommissar. Verraten Sie nicht, daß Sie mich besucht haben. Wenn Sie dem schmalen Weg folgen und dann beim Steinkreuz links abbiegen, kommen Sie nach drei Kilometern auf die Hauptstraße. Da ist eine Eisenbahnüberführung.«
    Maigret schritt langsam durch den still daliegenden Garten, während das Dienstmädchen ihm wie ein Polizist folgte. Der Taxifahrer hatte sich am Wegrand ins Gras gesetzt und spielte mit Feldblumen. Bevor er ins Auto stieg, steckte er eine hinters Ohr wie Ganoven eine Zigarette.
    »Machen wir kehrt?«
    »Geradeaus«, brummte Maigret und zündete sich eine Pfeife an. »Dann nach links, wenn Sie ein Kreuz sehen.«
    Bald darauf hörten sie in der
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