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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf
Autoren: Georges Simenon
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Fontainebleau. Hinter Corbeil sage ich Ihnen Bescheid.«
    Er hatte kein Abendbrot, aber spät zu Mittag gegessen. Er ließ vor einem Tabakladen anhalten, um sich ein Päckchen Tabak und Streichhölzer zu kaufen.
    Der Abend war mild, das Schiebedach des Taxis war offen. Er hatte sich neben den Fahrer gesetzt, vielleicht mit dem Gedanken, eine Unterhaltung anzuknüpfen. Aber er kriegte kaum den Mund auf.
    »Jetzt nach links.«
    »Sie wollen nach Orsenne?«
    »Sie kennen es?«
    »Vor Jahren habe ich öfter Gäste zum ›Ange‹ gefahren.«
    »Wir wollen noch weiter. Folgen Sie dem Leinpfad. Es ist nicht diese Villa, sondern die nächste. Immer geradeaus.«
    Dann mußten sie rechts in den Weg einbiegen, der zum Haus der Campois führte, das man von außen nicht sehen konnte, da es von Mauern umgeben war, und statt eines Gittertors gab es eine hellgrün gestrichene Holztür.
    »Warten Sie bitte auf mich!«
    »Ich habe Zeit. Ich kam vom Essen, als Sie mich herbeiwinkten.«
    Er zog an der Klingelschnur, und man hörte im Garten ein angenehmes Läuten, das an die Glocke eines Pfarrhauses erinnerte. Zwei alte Ecksteine flankierten das Portal, und in einen der Torflügel war eine kleine Pforte eingelassen.
    »Da macht anscheinend keiner auf«, meinte der Chauffeur.
    Es war noch nicht spät, erst kurz nach acht. Maigret klingelte erneut, und diesmal hörte man Schritte auf dem Kies, die näher kamen; ein altes Dienstmädchen mit blauer Schürze drehte den schweren Schlüssel im Schloß, öffnete das Törchen einen Spaltbreit und warf Maigret einen argwöhnischen Blick zu.
    »Was wünschen Sie?«
    Er erblickte einen verwilderten Garten voller anspruchsloser Blumen, verborgener Winkel und allerlei Unkraut, was an den Garten eines Pfarrers erinnerte.
    »Ich möchte Monsieur Campois sprechen.«
    »Der ist nicht da.«
    Schon wollte sie die Tür wieder schließen, doch er hatte den Fuß vorgestreckt, um sie daran zu hindern.
    »Können Sie mir sagen, wo ich ihn möglicherweise finde?«
    Wußte sie, wer er war, hatte sie ihn in Orsenne herumstreifen sehen?
    »Sie werden ihn bestimmt nicht finden. Monsieur Campois ist auf Reisen.«
    »Für länger?«
    »Für mindestens sechs Wochen.«
    »Verzeihen Sie, wenn ich hartnäckig bin, aber es handelt sich um eine sehr wichtige Angelegenheit. Könnte ich ihm wenigstens schreiben?«
    »Sie können ihm schreiben, wenn es Ihnen Spaß macht, aber ich fürchte, daß er Ihre Briefe vor seiner Rückkehr nicht erhalten wird. Monsieur Campois nimmt an einer Kreuzfahrt an Bord der ›Stella Polaris‹ in Norwegen teil.«
    Genau in diesem Augenblick vernahm Maigret im Garten hinter dem Haus das Geräusch eines Motors, den man in Gang zu setzen versuchte, der jedoch stotterte.
    »Ist er bestimmt schon abgereist?«
    »Wenn ich es Ihnen doch sage …«
    »Und sein Enkel?«
    »Monsieur Jean hat er mitgenommen.«
    Nicht ohne Mühe stieß Maigret die Tür auf, denn das Dienstmädchen drückte kräftig dagegen.
    »Was fällt Ihnen ein? Sind das vielleicht Manieren?«
    »Ich habe den Verdacht, daß Monsieur Campois noch nicht weg ist.«
    »Das ist seine Sache. Er will niemanden sehen.«
    »Mich wird er aber trotzdem empfangen.«
    »Wollen Sie bitte gehen, Sie Grobian!«
    Er schob sie beiseite, sie verschloß vorsorglich die Tür hinter ihm, er durchquerte den Garten und entdeckte ein einfaches rosa Haus mit Kletterrosen, die üppig bis zu den Fenstern mit grünen Läden emporrankten.
    Als er den Kopf hob, erblickte er ein offenes Fenster und darin einen Mann, der ihm mit einer Art Entsetzen entgegensah.
    Es war Monsieur Campois, der Gesellschafter des verstorbenen Amorelle.
     
    In der großen Diele, in der es kühl war und wo es nach reifenden Früchten duftete, standen Koffer. Das alte Dienstmädchen trat zu ihm.
    »Wenn Monsieur Sie gebeten hat einzutreten …«, brummte sie.
    Widerwillig öffnete sie die Tür zu einem Salon. Er glich einem Sprechzimmer, wo in einer Ecke neben einem Fenster mit halbgeschlossenen Läden eines dieser alten schwarzen Schreibpulte stand, die an frühere Handelshäuser erinnerten, mit grünen Aktenordnern und Angestellten, die auf hohen Schemeln hockten, ein Sitzkissen unter dem Hintern und einen Blendschirm auf der Stirn.
    »Sie brauchen nur zu warten. So wird er schon sein Schiff verpassen.«
    Die Wände waren mit verblichenen Tapeten bedeckt, und darauf hoben sich Fotografien in schwarzen oder vergoldeten Rahmen ab. Da hing das unvermeidliche Hochzeitsfoto, ein bereits
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